5 1/2 Wochen
ich quasi im Vorbeigehen den Trockner anschmeißen. Ich muss meine Energie ja schließlich gut einteilen. Es kommt aber anders aus. Das Ding ist bereits damit beschäftigt für andere Leute zu waschen. So ein Mist! Ich lege die Klamotten in eine Ecke und quäle mich die Treppe wieder rauf. Ungefähr eine Stunde später stehe ich erneut in der Küche. Das Waschprogramm ist beendet, aber die fremde Wäsche liegt noch drin. Was weiß ich wem die gehört und wann er oder sie erscheint! Beherzt nehme ich sie einfach raus und lege sie vorsichtig auf die Arbeitsplatte. Endlich hab ich’s geschafft und schaue glücklich und zufrieden auf die rotierende Trommel, die jetzt auch den tiefsten Dreck aus unserer Wäsche rausholen darf.
Es macht mich richtig glücklich, dass Ruddi sich im ganzen Haus, auf allen drei Etagen, frei bewegen kann. Er läuft mir fröhlich die ganze Zeit hinterher. An der Bar treffe ich, wie verabredet auf Hermann. Er freut sich sehr, uns beide endlich zu sehen. Aufgedreht erzählt er mir, dass er bis vor ein paar Minuten in der Herberge gegenüber in der Sonne gesessen und ein paar Bierchen getrunken habe. Er hat meine Lieblingspilger Achim, Oliver und Sabrina dort getroffen. Außerdem hat er sich mit zwei, bisher uns unbekannten Pilgerinnen unterhalten und verabredet. Sie heißen Ina und Edit. Er ist total begeistert von den beiden Mädels und wahrscheinlich kommen sie beide nachher rüber zum Essen.
Ich frage Tom, den jungen Herbergsvater, ob es hier ein Geschäft gibt. Zu meiner Freude bejaht er das, während mein Hund an ihm hochspringt und Erdnüsse aus seiner Hand frisst. „Immer geradeaus bis fast zur Nationalstraße. Das Geschäft befindet sich auf der linken Straßenseite, es ist nicht unbedingt als solches zu erkennen. Nur ein ganz kleines Schild weist daraufhin. Wenn die Tür zu ist klingelst Du einfach. Das machen alle so, das geht in Ordnung. Willst Du Ruddi hier lassen? Ich passe gerne auf ihn auf.“ Ich glaube, ich träume das nur. Das ist ja wie zuhause, als sei ich zu Besuch bei einem sehr guten Freund. So möchte ich das ab jetzt immer antreffen. Mein treuer Vierbeiner läuft aber lieber mit mir. Der denkt sich bestimmt: „Sicher ist sicher. Nicht, dass die mir abhaut. Außerdem muss ich in dieser Straße mal nach dem rechten schnüffeln.“
Vorher gehen wir beide aber nochmal nach der Waschmaschine gucken. Vielleicht ist die ja bereits fertig. Am Treppenabsatz flüstere ich meinem Körper beschwichtigende Formeln zu und erreiche stöhnend die erste Etage. Meine Mühe war allerdings umsonst. Die Maschine wäscht besonders gründlich - die hat bestimmt einen Pilger- Schmutz-Sensor. Die fremden Handtücher, die ich auf die Arbeitsplatte gelegt hatte, befinden sich nun im Trockner. Ich hoffe nur, dass der gleichzeitig mit seiner „Vorarbeiterin“ fertig ist. Die können sich ja abstimmen, wo sie doch nebeneinander stehen. Ich spreche beiden gut zu und steige so elegant wie möglich wieder nach unten.
Als ich mit Ruddi die Straße entlang gehe kriege ich einen Lachanfall vom feinsten. Plötzlich wird aus dem verschlafenen Nest ein Kirmesplatz. Jeder scheint hier einen Hund im Garten zu haben. Sobald wir an deren Grundstück vorbeikommen, springt der jeweilige Hund wie wild am Gartenzaun hin und her, rauf und runter und bellt, was das Zeug hält. Obwohl meiner ganz lässig unterwegs ist, mischt er im Vorbeigehen das ganze Dorf auf. Ich möchte gerne wissen, was die meinem Ruddi so alles erzählen. Es scheinen aber keine Beleidigungen zu sein, denn er schenkt ihnen nur wenig Beachtung. Vielleicht bellen die aber auch Hunde-Spanisch, dann kann er gar nicht mitreden.
Bis zu dem Lädchen laufen wir ungefähr einen halben Kilometer. Immer mehr Leute erscheinen an den Fenstern oder in ihren Gärten, um nachzusehen, warum die Hunde bellen. Ich winke, lache ihnen zu rufe ein „Hola“ in das Gebell und die meisten erwidern diesen Gruß.
Es ist genauso wie Tom gesagt hat: Den Laden hätte ich ohne die genaue Beschreibung wirklich übersehen. Es ist ein altes Haus mit einer ganz normalen Haustür. Es gibt kein Schaufenster. Ein kleines Plakat wirbt für Eis - das ist der einzige Hinweis darauf, dass man hier etwas kaufen kann. Ich betätige die Klingel und nach kurzer Zeit öffnet mir ein alter Señor auf „Schluppen“. Er wirft einen gütigen Blick auf meinen Hund, der brav vor seiner Tür „Sitz“ gemacht hat. Ich hoffe, er bleibt auch sitzen. Ich kann ihn hier nirgendwo festbinden.
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