5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)
regelmäßig Zeit für meine Freunde freihalten, statt ständig Zwölf-Stunden-Schichten zu arbeiten und später dann alles wieder auf einen Schlag aufholen zu wollen. So sehr ich meine Arbeit liebte und so viel ich manchmal auch zu lachen hatte mit meinen Patienten und ihren Familien, ich lebte dabei doch in einer ziemlich ernsten Welt. Mit sterbenden Menschen zusammen zu sein und die Trauer ihrer Verwandten zu erleben war so belastend, dass ich daneben ein bisschen Leichtigkeit in mein Leben bringen musste, und das konnten nur meine Freunde. Meinem Leben fehlte die Freude, und das konnte ich mir erst jetzt wirklich eingestehen.
» Sie haben recht, Harry « , gab ich zu. Er lächelte und breitete die Arme aus, um mich an sich zu ziehen. Ich beugte mich über das Bett und drückte ihn lächelnd.
» Es geht nicht nur darum, mit Ihren Freunden in Kontakt zu bleiben, meine Liebe. Wichtig ist vielmehr, dass Sie sich selbst das Geschenk ihrer Gesellschaft machen. Das verstehen Sie doch, oder? « , fragte er, mit Worten ebenso sehr wie mit Blicken.
Ich nickte überzeugt und antwortete: » Ja, Harry, das verstehe ich. « Als ich ihn später ein wenig allein ließ, damit er sich ausruhen konnte, freute ich mich, dass er mir das so klargemacht hatte und dass wir so aufrichtig miteinander reden konnten.
Harry war ein sanfter Tod vergönnt. Er starb ein paar Nächte später im Schlaf. Seine Tochter, die mich anrief, um es mir mitzuteilen, bedankte sich aufrichtig bei mir. Ich erwiderte, Harry hätte auch eine Menge für mich getan. Es war mir ein Vergnügen gewesen, seine Bekanntschaft zu machen.
» Halten Sie sich Zeit für Ihre Freunde frei « , höre ich ihn heute noch sagen. Die Worte dieses lieben alten Mannes mit den buschigen Augenbrauen, dem roten Gesicht und dem breiten Lächeln leben in mir weiter.
Versäumnis Nummer 5 :
Ich wünschte, ich hätte mir mehr Freude gegönnt.
Als Managerin eines Weltkonzerns war Rosemary ihrer Zeit voraus. Sie hatte Karriere gemacht, lange bevor Frauen in diese Art von Führungsposition gelangten. Vorher hatte sie jedoch mit den damaligen gesellschaftlichen Erwartungen konform gelebt. Sie hatte jung geheiratet und war in ihrer Ehe körperlichen und seelischen Misshandlungen ausgesetzt. Als sie eines Tages fast gestorben wäre, weil ihr Mann sie besonders brutal geschlagen hatte, wurde es Zeit, auszubrechen.
Obwohl sie einen sehr guten Grund hatte, diese Ehe zu beenden, war eine Scheidung damals ein Skandal. Um in ihrer Heimatstadt dem Ruf ihrer Familie nicht zu schaden, zog Rosemary in die Stadt und fing von vorne an.
Das Leben hatte ihr Herz und ihr Denken verhärtet. Ihr Selbstwertgefühl und die Wertschätzung ihrer Familie holte sie sich jetzt durch ihren Erfolg in einer männerdominierten Welt. Noch einmal eine Partnerschaft einzugehen kam ihr überhaupt nicht in den Sinn. Stattdessen kletterte Rosemary zielstrebig die Karriereleiter hoch, mit einem hohen IQ und viel harter Arbeit, bis sie die erste Frau in ihrem Bundesstaat war, die einen so hohen Managerposten innehatte.
Rosemary war daran gewöhnt, den Leuten zu sagen, was sie zu tun hatten, und sie genoss die Macht, die ihre einschüchternde Art ihr verlieh. Dieses Benehmen schlug sich dann auch in der Art nieder, wie sie ihre Pflegerinnen behandelte. Und so entließ sie eine nach der anderen, weil sie nie zufrieden war. Bis ich kam. Sie mochte mich, weil ich früher im Bankwesen beschäftigt gewesen war, was in ihren Augen bedeutete, dass ich schon mal nicht ganz dumm sein konnte. Diese Art zu denken fand bei mir natürlich wenig Beifall, aber ich hatte so oder so nichts mehr zu beweisen, also dachte ich mir, soll sie mich doch einschätzen, wie sie möchte. Hauptsache, sie war glücklich damit. Immerhin war sie über achtzig und lag im Sterben. Rosemary forderte mich bald als ihre Hauptpflegerin an.
Am Morgen war es immer besonders übel, dann kommandierte sie einen herum und war schrecklich giftig. Da ich inzwischen ganz gut wusste, wer ich war, ließ ich mir das bis zu einem gewissen Grad gefallen, wusste aber auch, wo die Grenzen waren. Als sie eines Tages besonders böse und beleidigend wurde, stellte ich Rosemary ein Ultimatum. Entweder sie ist freundlicher zu mir, oder ich bin weg. Daraufhin fing sie an zu schreien, dann sollte ich doch gehen, raus mit mir. Da saß sie auf ihrer Bettkante und steigerte sich in immer noch mehr Gemeinheiten hinein.
Ich setzte mich einfach neben sie. » Gehen Sie doch! Raus! «
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