5 Farben Blau
gelangen«, erklärt er knapp. »Ich muss Ihnen ohnehin noch ein paar Unterlagen geben. Morgen früh findet eine Vorstandssitzung statt und ich möchte, dass Sie daran teilnehmen.«
Ich weiß nicht, was mich mehr irritiert, seine plötzliche Förmlichkeit oder der harte Ton in seiner Stimme. Schnell schließe ich die Wohnungstür hinter uns, denn ich sehe den Fahrstuhl wieder heraufkommen und ich möchte vermeiden, dass Matt sieht, wie ich in Rhy sʼ Wohnung verschwinde. Warum mir das so wichtig ist, weiß ich nicht genau, aber ich möchte nicht, dass Matt sich ein falsches Bild von mir macht. Mir ist es von großer Wichtigkeit, dass er in mir lediglich die Angestellte von Rhys Cunningham sieht und nicht eine seiner potentiellen Geliebten.
»Ich hole schnell die Unterlagen«, sagt Rhys und verschwindet hinter der Tür, die zu seinem Arbeitszimmer führt.
Ich gehe weiter ins Wohnzimmer, das ich mir nun in aller Ruhe ansehen kann. Das Licht ist gedimmt und man hat einen wundervollen Blick auf den Central Park, der mir zu Füßen liegt. Noch viel mehr als die wunderschöne Aussicht interessieren mich die Skulpturen, die überall verteilt im Raum stehen. Eine Figur aus blauem Marmor fällt mir besonders ins Auge. Sie stellt in groben Zügen einen Frauentorso dar. Üppige Hüften und Oberschenkel, die Arme in die Luft gestreckt. Es ist eindeutig ein Frauenkörper.
»Sie ist aus Carrara Marmor .«
Ich habe nicht gehört, dass Rhys hinter mich getreten ist, so vertieft bin ich in die Betrachtung der Figur.
»Sie ist wunderschön. Ich dachte bisher immer Carrara Marmor wäre weiß.«
»Nein, es gibt ihn in vielen Farben. Der Graphitanteil färbt den Stein blau .«
»Sind diese Skulpturen alle von einem Künstler ?«, frage ich und sehe mich in der Wohnung um. Ich entdecke fast zwanzig dieser Gebilde sein.
»Ja.«
»Sie mögen seine Arbeiten. Hat er einen bekannten Namen?«
»Nein, es ist eher der symbolische Wert, der mir an den Arbeiten gefällt .«
Hm, welche Symbolik sich wohl dahinter verbergen mag?
Rhys hält eine Kladde in den Händen, die wie ein Schutzschild zwischen uns steht.
»Sind das die Unterlagen ?«, frage ich und atme tief aus. Ich muss mich dringend auf etwas anderes konzentrieren, als auf die körperliche Präsenz dieses Mannes.
»Ja, es geht um die Stiftung für bildende Künste, deren Ausstellung wir heute Abend besucht haben. Morgen findet die jährliche Vorstandssitzung statt. Hat Susan Ihnen das Organigramm gegeben?«
Ich nicke. »Ja, Sie hat mir die Unterlagen bereits ausgehändigt .«
»Auch die Kreditkarte?«
»Ja, auch die, aber ich glaube nicht, dass ich sie oft benutzen werde.«
Er schaut mich verständnislos an. »Warum nicht?«, fragt er und geht hinüber, um den CD-Player zu starten. Leise Musik erklingt.
»Nun, ich wüsste nicht, welche Betriebsausgaben ich tätigen müsste und ich bin es gewohnt, für meine Kleidung selbst zu bezahlen. Es gibt mir kein gutes Gefühl, wenn das ein anderer tut.«
»Sie meinen, wenn ich Ihre Kleidung bezahle ?« Er nimmt mir die Mappe aus der Hand und legt sie zur Seite. Dann berührt er mein Gesicht mit beiden Händen. »Sie arbeiten ab jetzt für mich, da ist es nur logisch, dass ich auch Ihre Arbeitskleidung bezahle, genau wie Matts Anzüge oder seine Krawatten.« Seine Daumen streicheln meine Schläfen und er beugt sich über mich. Im ersten Moment denke ich, dass er mich wieder küssen wird, doch er kommt mir nur unheimlich nah. »Sie wollen Alex schützen, nicht wahr? Sie haben Angst, wenn Sie sich auf mich einlassen, dass er vollkommen ausflippen wird.«
Ich nicke, weil ein großer Kloß in meinem Hals sitzt und mein Herz so laut pocht, dass ich Angst habe, er könnte es hören. Aber ich kann nicht so einfach gehen, automatisch hebe ich die Hand und streiche über seine Wange, die übersät ist mit Bartstoppeln, was sich höllisch sexy anfühlt.
»Haben Sie auch nur die geringste Ahnung, was Sie für eine Wirkung auf mich haben, Jazman Darling?« Als er meinen Namen ausspricht, fühlt es sich wie eine Liebkosung an und warme Schauer laufen über meinen Rücken. Er bemerkt es und zieht mich in seine Arme. Langsam beginnt er, sich zum Takt der Musik mit mir im Kreis zu drehen. »Wir waren mit unserem Tanz noch nicht fertig.«
Das langsame Jazzstück wirkt beruhigend und erregend zugleich. Meine Arme wandern von allein zu seinen Schultern und legen sich um seinen Nacken. Ich fühle die Stärke, die in diesem Körper steckt. Er nimmt
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