5 Freunde 16 - Fünf Freunde auf dem Leuchtturm
den Fels hinein auftat. »Durch dieses Tor gelangt man zu den Höhlen. Habt ihr Taschenlampen bei euch?«
»Ja, jeder von uns hat eine«, entgegnete Julius und klopfte gegen seine Tasche. »Kostet es Eintrittsgeld?«
»Nein. Die Leute geben Ebenezer nach der Führung gewöhnlich ein Trinkgeld - drei Groschen oder so - oder Jacob, wenn er hier ist«, erklärte ihnen Jeremias. »Doch das regle ich mit Ebenezer. Verschwendet euer Geld nicht an diesen Schurken.«
Das Felsenloch öffnete sich in die erste Höhle, eine Höhle von beträchtlichen Ausmaßen. Hier und dort schaukelte eine Laterne von der Decke herab, doch sie verbreiteten nur ein schwaches Licht.
»Setzt die Füße jetzt vorsichtig«, warnte Jeremias. »Der Grund ist stellenweise sehr schlüpfrig. Hier entlang — durch diesen alten Torbogen!«
Schritt für Schritt drangen die Kinder nun in die kalte, feuchte Dunkelheit ein, wobei sie die Pfützen mieden, die das Meer zurückgelassen hatte. Dann bog Jeremias plötzlich um eine Ecke herum und setzte den Weg in einer völlig anderen Richtung fort. Es ging nun abwärts, immer weiter abwärts.
»Gehen wir jetzt nicht zum Meer hin?« fragte Julius überrascht. »Dehnen sich die Höhlen denn unter dem Meeresgrund aus? Nicht landeinwärts in das Felsenmassiv hinein?«
»Deine Beobachtung ist richtig«, nickte Jeremias. »Der Meeresgrund besteht hier aus Fels - und der Weg, den wir eingeschlagen haben, führt durch einen Tunnel unter diesen Felsen hindurch zu den Höhlen. Seht ihr die Felsendecke über unseren Köpfen? Wenn ihr genau hinhört, könnt ihr darüber das Meer rauschen und donnern hören. Die Decke ist der Meeresgrund.«
Dieser Gedanke war ziemlich beunruhigend. Anne musterte die Felsen über ihrem Kopf ängstlich und argwöhnisch und ließ das Licht ihrer Taschenlampe dar- überhuschen.
Waren etwa einige Risse darin, durch die salziges Meerwasser sickerte? Doch nein - nur etwas Feuchtigkeit glänzte auf ihnen - das war alles.
»Ist es noch weit bis zur Räuberhöhle?« erkundigte sich Georg. »Schelm, hör auf zu kreischen! Du brauchst dich vor nichts zu fürchten.«
Schelm konnte an der Wanderung durch Kälte und Dunkelheit keinerlei Gefallen finden und hatte begonnen, schrill und ängstlich zu kreischen, was schließlich in lautes Angstgeschrei überging.
»Schelm, hör auf!« bat nun auch Anne. »Du machst mich rasend. Huh - horcht einmal, wie das Echo des Affengeschreis rings widerhallt! Man könnte glauben, es seien hundert Affen. Und das Echo von unseren Stimmen!«
Als nun sein eigenes Schreien und Kreischen den ganzen Tunnel füllte, verlor Schelm den letzten Rest seiner Ruhe.
Er weinte wie ein kleines Kind und klammerte sich schutz- und hilfesuchend an Brummer.
»Wahrscheinlich glaubt er, es wimmelt um ihn herum von schreienden Affen«, sagte Anne, der die kleine erschreckte Kreatur leid tat. »Es ist doch nur das Echo, Schelm.«
»Er wird sich bald daran gewöhnt haben«, meinte Brummer und drückte den Affen an sich.
»Achtet mal auf das Echo an dieser Biegung«, sagte Jeremias, während er den kleinen Affen streichelte, und stieß einen lauten Schrei aus.
Zehnmal schlug sein Ruf in unverminderter Stärke von den Wänden zurück und wanderte in alle Richtungen die Gänge auf und ab. Das brachte alle aus der Ruhe, und Schelm machte vor Angst einen Luftsprung, landete auf dem Boden und raste heulend davon. Mit steil erhobenem Schwanz ging die wilde Jagd den Tunnel entlang, bis er hinter einer Biegung den Blicken der Kinder entschwand.
Brummer stand starr vor Schreck.
»Schelm! Komm zurück!« schrie er. »Du gehst verloren!« »gehst verloren - verloren - loren - loren!« schallte das Echo zurück.
»Hab keine Angst um deinen Affen«, tröstete ihn Jeremias. »Ich habe schon viele, viele Affen besessen, und nie ist einer verlorengegangen.«
»Ich bleibe hier unten, bis ich Schelm wieder bei mir habe«, schwor Brummer mit recht zittriger Stimme.
Der Tunnel mündete in eine Höhle. Auch diese war, wenn auch spärlich, von Laternen erhellt. Schon am Eingang schlug ihnen Stimmengemurmel entgegen. Es kam von drei anderen neugierigen Höhlenbesuchern. Bei ihnen stand ein großer stämmiger Kerl mit kohlschwarzem Haar, tiefliegenden dunklen Augen und einem mürrisch verzogenen Mund - Jacob so ähnlich, daß Julius sofort wußte, daß er Ebenezer, den Bruder, vor sich hatte.
Kaum hatte Ebenezer den alten Jeremias entdeckt, als er ein zorniges Geschrei anstimmte.
»Hinaus mit dir!
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