5 Tage Liebe (German Edition)
sitze ich am Rand eines unglaublich großen Beckens und trage einen Neoprenanzug, der nur die unvorteilhaften Regionen meines Körpers betont und es damit nicht schafft, auf die Rangliste meiner Lieblingsoutfits zu kommen.
Maya sitzt neben Fabian, ich auf der anderen Seite. Unsere Beine baumeln im klaren Wasser, wie man es in diesem unglaublich großen Becken erwartet. Allerdings ist es salzig, was Fabian sofort mit Begeisterung festgestellt hat. Er trägt eine Schwimmweste über seinem Wetsuit. Er wirkt sehr nervös und spielt mit seinen Fingern, während er zu den beiden Delfinen schaut, die langsam und mühelos ihre Kreise ziehen. In Englisch und gebrochenem Deutsch wurde uns genau erklärt, was passieren würde, aber Fabian schien auch so zu verstehen. Er ist aufgeregt, aber nicht nervös. Ganz anders als ich. Ich schwitze unter diesem Wetsuit und meine Handflächen sind glitschig.
Der erste Delfin kommt zu uns geschwommen. Er strahlt eine Ruhe aus, die sich überraschenderweise sofort auf Fabian überträgt, und auch ich kann mich dem nicht gänzlich entziehen.
„Los Fabian, ganz langsam.“
Eine der Betreuerinnen hilft ihm dabei, langsam ins Wasser zu gleiten, aber er weigert sich, Mayas Hand loszulassen, so dass sie ihm ins Nass folgen muss. Ich bin froh, nur Statist in dieser Situation zu sein.
Was dann kommt, ist schwer zu beschreiben. Er streichelt den Delfin, der ihn mit der Nase anstupst und kleine Kreise um ihn zieht. Mit jeder Berührung scheinen die beiden ein stilles Abkommen einzugehen. Fabians Gesicht ist nach wenigen Minuten entspannt. Maya, die nicht von seiner Seite weicht, flüstert ihm immer wieder aufmunternde Worte ins Ohr, und so traut sich Fabian immer mehr. Wieder lerne ich Maya von einer neuen Seite kennen. Sie wirkt unendlich fürsorglich und bedacht, sie spricht ruhig. Ich sehe, wie sehr die beiden einander brauchen. Maya ist weit weg von Lucy, weit weg von all den Dingen, die sie durchgemacht hat, um Fabian endlich hierher zu bringen.
Und ich sehe Fabian, der Mayas Hand fest umschlossen hält. Ich muss lächeln, als ich sehe, wie Fabian entspannter wird, sich schließlich traut und die Rückenflosse des Delfins zaghaft umschließt. Es sind nur wenige Meter, aber er lässt sich tatsächlich durchs Wasser ziehen, lacht dabei laut auf und scheint in genau diesem Moment loszulassen. Vergessen sind all die Zwänge, die seine Krankheit mit sich bringt. Vergessen ist die Welt, in die er sich zurückzieht, weil er sich nur dort wohlfühlt.
Maya sieht sofort zu mir, als brauche sie einen Zeugen für all das, und ich nicke ihr lächelnd zu. Einen Moment bin ich mir wegen des Wassers nicht sicher; es sind Tränen in ihren Augen, aber diesmal sind es fröhliche Tränen, und ich darf dabei sein. Fabian lässt den Delfin los und ergreift sofort wieder Mayas Hand, aber das Lächeln verschwindet nicht aus seinem Gesicht. Er lacht so laut und befreit, es ist verrückt, aber ich muss mitlachen. Er sieht zu mir und winkt mir zu. Oder winkt er mich zu sich? Ich weiß nicht, aber als Maya deutlich macht, ich soll zu ihnen ins Wasser kommen, überwinde ich meine Angst vor den Tieren, die mir so groß und clever erscheinen. Ich taufe meinen Wetsuit auf den Namen „Hosenscheißer“, während ich zu ihnen schwimme. Ich bin kein besonders guter Schwimmer und meine Bewegungen erinnern vermutlich eher an einen ertrinkenden Hund, aber immerhin erreiche ich die beiden heil und am Stück. Maya will nach meiner Schulter greifen, aber Fabian ist schneller, nimmt ihre Hand in seine und hält sie fest. Es ist eine fast nebensächliche Bewegung, aber so wie er zwischen uns schwimmt, halb getragen von der Schwimmweste, da erscheint mir Maya so unendlich weit weg, obwohl sie nicht mal eine Armlänge entfernt ist.
Fabian strahlt mich an.
„Hast du gesehen? Ich bin mit ihm geschwommen!“
Ich schlucke die alberne Eifersucht herunter, nicke und schenke ihm mein ehrlichstes Lächeln, zu dem ich gerade in der Lage bin.
„Das war toll!“
Aber seine Aufmerksamkeit ist schon wieder bei Maya, die er sofort umarmt und fest an sich drückt. Sie hat die Augen geschlossen und hält ihn ebenso fest. Ich treibe irgendwo neben ihnen im Wasser wie ein Stück Treibholz. Weder mit besonders viel Grazie, noch von besonderer Bedeutung.
Den Rest der Therapiestunde beobachte ich wieder vom Beckenrand aus. Ich verstehe nicht alles, was da passiert, aber auch ich bemerke die Veränderung an Fabian. Wie er sich für wenige
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