50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
der Stadt, und zwar in einer stockarabischen Gegend, wo ich gar kein anderes Wort als nur Arabisch höre. Ich habe mir sagen lassen, daß man auf diese Weise am allerleichtesten eine fremde Sprache erlernt.“ – – –
Während Steinbach, Wallert und Normann ihre Vorbereitungen für die nächste Zukunft trafen, lehnte Hilal auf dem Deck an der Reling und blickte hinab in die Wasser des ewigen Flusses. Sie kamen weither, aus dem unerforschten, geheimnisvollen Süden und gingen weiter, um in der ebenso geheimnisvollen Unendlichkeit des Meeres zu verschwinden. Welche Gedanken hatte der Jüngling, als sein Blick an den nächtlich glitzernden Wellen hing? Gar keine. Es ist eigentümlich und doch so wahr, daß der Mensch in den glücklichsten Augenblicken seines Lebens gar keine Gedanken hat. Er befindet sich in einem traumartigen Zustand, währenddessen er zu keinem bewußten Denken kommt. Er hat das Gefühl seines Glücks, weiter nichts, und das ist ja genug, mehr als genug. Es ist das der erste Buchstabe des Alphabets der großen Seligkeit, die auch nicht im Denken, sondern nur im Gefühl besteht, im Anschauen Gottes.
Da hörte der einsame Träumer leise Schritte in seiner Nähe. Er wandte sich um. Hiluja war auf das Deck gekommen. Es war sternenhell geworden, und im Schimmer des Firmaments gewannen ihre schönen Züge eine Art überirdischen Ausdruck, den Hilal noch nie an einem Weib bemerkt hatte. Sie tat, als ob sie an ihm vorüber wolle.
„Hiluja!“ sagte er da leise und zagend.
„Riefst du mich?“ fragte sie stehenbleibend.
„Ich wollte nicht, aber ehe ich es mir versah, hatte ich deinen Namen gesagt. Verzeihe mir!“
„Und ich sah dich, wollte dich aber nicht stören. Du warst so tief in Gedanken.“
„Meine Gedanken waren bei dir. Ich weiß, daß ich auch dieses dir nicht sagen sollte. Du mußt mir abermals verzeihen.“
„Wie hätte ich dir etwas zu verzeihen? Du bist ja mein Retter. Du bist für mich in Todesgefahr gegangen.“
„Oh, es war gar nicht gefährlich!“
„Das sagst du, weil du die Gefahr liebst. Ich aber habe um dich gebangt. Noch weiß ich nicht, wie es dir da draußen am See ergangen ist. Als ich dich jetzt erblickte, glaubte ich, du könntest es mir erzählen.“
„Sehr gern.“
„Wirst du mir zürnen, daß ich dir die Effendis hinausgesandt habe?“
„Zürnen? Ich habe dir vielmehr dafür zu danken. Hättest du es nicht getan, so lebte ich nicht mehr, denn man hatte die Absicht, mich meuchlings zu ermorden.“
Hilal stattete nunmehr Hiluja einen ausführlichen Bericht ab. Die Szene, als der Lord aus dem Grab gekommen war, gab auch ihr unendlichen Spaß, doch wurde sie schnell wieder ernst bei dem Gedanken an die große Gefahr, in der Hilal geschwebt hatte.
Von da kamen sie auf die Reise zu sprechen, die morgen begonnen werden solle, und nun erzählte auch Hiluja von ihren Erlebnissen, von ihrer Heimat, von ihrer Gefangenschaft und der Errettung aus derselben. Sodann erkundigte sie sich:
„So kennst du also meine Schwester, die Königin der Wüste, ganz genau?“
„So genau, als ob sie meine Schwester wäre. Ich war einer der ersten unseres Stammes, der sie sah und kennenlernte. Ich gehörte zu denen, die ihr entgegenritten, um sie dann in die Arme des Scheiks zu geleiten. Mein Bruder war der Anführer dieser Schar.“
„Sie ging nicht gern von der Heimat fort. Sie hatte den Scheik noch nie gesehen; sie wußte nicht, ob sie ihn würde lieben können. Er war bereits alt, dreimal so alt wie sie. Er war aber berühmt, und mein Vater war berühmt, und die Freundschaft der Stämme sollte begründet und gefestigt werden dadurch, daß der Scheik der Sallah die Tochter der Beni Abbas zum Weib nahm.“
„Hast du viel Botschaft von ihr erhalten?“
„Nur selten. Dann lud sie mich ein, sie zu besuchen. Ich machte mich daher unter dem Schutz von dreißig unserer Krieger zu ihr auf. Sie sind alle von den Tuaregs ermordet worden.“
„Ich werde ihren Tod rächen!“
„Du?“ fragte Hiluja verwundert. „Es waren doch nicht Verwandte von dir!“
„Nein; aber sie waren deine Beschützer. Wer sie tötet, der ist mein Todfeind.“
„Du bist ein Held!“
„Und du ein Engel, vom Himmel herabgestiegen, um verehrt und angebetet zu werden.“
„Ich hätte so gern gewußt, ob meine Schwester an der Seite des Scheiks glücklich geworden ist.“
„Hat sie es dich nicht wissen lassen?“
„Sie hat keinem Boten ein Wort darüber anvertraut. Sie ist viel, viel zu
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