51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie
an eine andere Stelle.“
„Oh, das würde auffallen, Miß!“
„Dieses Auffallen ist lange nicht so schlimm, wie das Umfallen, Sir!“
„Umfallen?“
„Ja, wenn Euch eine Kugel trifft, so fallt Ihr doch um.“
„Ach! Das hat nichts zu bedeuten!“
„Nichts? Mein Gott! Dann seid Ihr ja tot!“
Almy war bleich geworden, während er in einem leichten, unbesorgten Ton gesprochen hatte. Jetzt aber wurde sein Gesicht auch ernst. Er antwortete, auf jedes Wort einen besonderen Nachdruck legend:
„Der Tote ist glücklich!“
„Wie? Habt Ihr Euer Leben so wenig lieb?“
„Für wen hätte es denn einen Wert?“
„Für Euch doch!“
„Pshaw!“ Adler machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand und fügte dann hinzu:
„Das Leben ist für den Menschen nur dann von Wert, wenn es auch für andere wertvoll ist.“
„Ich kann Euch gar nicht recht geben. Sir!“
„Nun, es ist mit dem Leben genauso wie mit dem Reichtum. Bin ich etwa reich, wenn ich eine Million oder einige Millionen besitze?“
„Ganz gewiß.“
„Ich setze aber nun den Fall, diese Millionen hätten für andere keinen Wert. Ich will annehmen, ich besäße drei Millionen in Papieren einer Aktiengesellschaft, die vollständig bankrott gemacht hat, so daß kein Gläubiger einen Penny bekommt. Wäre ich in diesem Fall reich?“
„Ganz und gar nicht, sondern im Gegenteil sehr arm und bedauernswert.“
„Nun seht, so ist es auch mit dem Leben. Mein Leben hat für mich ganz genau denselben Wert, den es für andere hat. Ist es anderen sehr gleichgültig, ob ich lebe oder sterbe, nun, so kann ich eben ruhig sterben, da mir das Leben doch keine Genugtuung bringt.“
„Ich vermag nicht, Euch in Euren Anschauungen und Erklärungen zu folgen. Ich kann aber nicht glauben, daß Ihr denkt, Euer Leben habe für andere keinen Wert.“
„Für wen sollte es Wert besitzen?“
„Nun, für Pa zum Beispiel.“
„Weil ich sein Beamter bin? Oh, wenn mich die Bushwhackers niederschießen sollten, so bekommt er recht bald einen anderen Aufseher. Das weiß er genau.“
„Aber keinen solchen! Er schätzt und achtet Euch nicht wie einen Angestellten, sondern wie einen Freund!“
„Vielleicht!“
Adler zuckte die Achsel, und es legte sich ein Zug tiefer Wehmut über sein schönes Gesicht.
„Vielleicht? Nein, ganz gewiß!“ beeilte sich Almy zu sagen. „Und außer ihm gibt es auch noch Leute, die gar nicht wünschen, daß Euch eine Kugel treffen möge“.
„Wer mag das sein? Etwa die gute My?“
„Sir!“
„Oder gar Ty?“ lächelte er.
„Wollt Ihr in dieser ernsten Angelegenheit Scherz treiben oder gar trivial werden, Sir? Dann würde ich Euch sehr zürnen!“
„Um Gottes willen, nur das nicht!“ sagte er rasch. „Aber ich weiß doch keine Person, der es ganz besonders unlieb wäre, wenn ich auf irgendeine Weise von hier fortginge.“
„Nicht? Nun, Pa habe ich Euch genannt; da will ich wenigstens auch von mir noch sprechen.“
„Von Euch?“
Sein Blick senkte sich fragend in ihr Auge.
„Ja“, antwortete sie. „Ich würde sehr traurig sein, wenn Euch ein Leid geschähe.“
„Wirklich, Miß?“
„Ja, gewiß.“
„Mit dieser Versicherung macht Ihr mir eine Freude, wie ich sie mir gar nicht größer denken kann. Habt Dank, tausend Dank!“
Er streckte seine Hand aus, und sie reichte ihm von der Veranda aus die ihrige entgegen, die er warm an seine Lippen drückte und für einen Moment fest in der seinen behielt.
„Denkt einmal an diesen Augenblick, Miß, wenn ich nicht mehr bei Euch sein werde –“
Sie fiel sichtlich erschrocken ein:
„Ihr wollt doch nicht etwa fort?“
„Nein; aber die Zukunft steht ja doch nur in Gottes Hand. Niemand weiß, was der nächste Augenblick zu bringen vermag. Wenn ich einmal nicht mehr in Eurer Nähe bin, und Eure Gedanken weilen für einen Augenblick bei mir, so seid dann überzeugt, daß mein Leben nur Euch gehört, und daß es nicht mehr vorhanden ist, weil es mir nicht vergönnt war, für Euch zu leben. Jetzt aber muß ich zu Monsieur Wilkins. Er wartet auf mich.“
Dann gab er ihr Händchen frei und entfernte sich rasch. Sie aber legte, als er um die Ecke verschwunden war, die Hände auf das Herz und hob wie betend die Augen empor. Der Lauscher hörte deutlich den lauten, tiefen und schweren Seufzer, der ihren Lippen entfloh, und die darauffolgenden Worte:
„Mein Gott! Sein Leben ist nicht mehr vorhanden, weil er nicht für mich leben durfte! So soll ich dann denken! Das
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