51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie
ihnen. – – –
Es hatte während des ganzen Tages eine drückende, entnervende Schwüle geherrscht, und nicht der mindeste Lufthauch war zu verspüren gewesen. Es war, als ob die Atmosphäre sich in ein vollständig unbewegbares Glutmeer verwandelt habe.
Auch jetzt noch herrschte diese Hitze. Die Reiter hatten ein Gefühl, als ob sie auf ihren Tieren gebraten würden. Die Luft, die man einatmete, schien die Lunge auszudörren.
Unter diesen Umständen dachte keiner daran, eine Unterhaltung anzuknüpfen.
Es ließ sich nichts als das Geräusch des Sandes hören, der von den Hufen der Kamele nach hinten geworfen wurde.
Nicht die gleiche Stille aber herrschte im Innern der wortkargen Reiter. Ein jeder dachte an Rache und daran, wie dieselbe auszuführen sei.
So ging es vorwärts, so schnell die trefflichen Tiere es vermochten, in fast größerer Schnelligkeit als derjenigen eines Eilzuges. Man glaubt gar nicht, was ein Eilkamel zu leisten vermag. Es kommt nicht selten vor, daß ein solches Tier an einem Tag weit über fünfzig deutsche Meilen zurücklegt, und das in tiefem Sand, in brennender Sonnenglut, ohne Wasser oder Nahrung zu sich zu nehmen.
Selbst als die Sonne den westlichen Horizont berührte, stiegen die Reiter nicht ab, um, wie gewöhnlich, im Sand kniend, ihr frommes Abendgebet zu verrichten. Sie beteten im Dahinjagen die erste Sure des Korans und fügten als Schluß das Glaubensbekenntnis hinzu: „Allah il Allah, Mohammed Rassuhl Allah, Gott ist Gott, und Mohammed ist sein Prophet!“
Dann wurde es schnell Nacht. Die glänzenden Sterne des südlichen Himmels stiegen auf. Man fühlte nun wenigstens die direkten Strahlen der Sonne nicht mehr. Das gab eine Erleichterung, und darum wurden zwischen den Reitern jetzt endlich einige Worte gewechselt.
Tarik und Hilal, die beiden Söhne des Blitzes, ritten nebeneinander und flüsterten sich ihre grimmigen Bemerkungen zu. Normann war etwas zurückgeblieben. Er war weder ein Eingeborener, noch besaß er die robuste, riesenkräftige Natur Steinbachs. Ihn strengte der Ritt außerordentlich an.
So befand sich also Steinbach an der Spitze des Zuges und der Inder neben ihm. Beide hatten während des Ritts kein Wort gewechselt, obgleich der Deutsche darauf brannte, von Gökala zu hören. Jetzt aber begann der Inder selbst:
„Du bist so still, Effendi. Warum schweigst du so unausgesetzt?“
„Ich denke, das Sprechen strengt dich an?“
„Mich? Wegen der Hitze? O Herr, ich habe so oft in der glühenden Sonne gebraten und bin so wenig von den Beni Suef geschont worden, daß mir die Hitze gar nichts mehr anhaben kann. Dazu läuft dieses herrliche Kamel so prächtig, daß es ist, als ob man in einer Ottomane säße. Ich befinde mich sehr wohl und bin bereit, alle deine Fragen zu beantworten.“
„Warum soll ich fragen! Erzähle!“
„Du mußt wissen, daß Nubrida, dessen Herrscher Gökalas Vater war, hoch im Norden Indiens liegt, da, wo die Riesen des Himalaja hoch in den Himmel ragen. Dort berühren sich die Interessen der Engländer und der Russen. Dort kämpfen sie still und heimlich gegeneinander wie die zwei Klingen einer Schere, die nicht sich selbst vernichten, sondern alles, was zwischen sie gerät. Jedes dieser beiden Völker sendet seine Beauftragten, die nichts anderes sind als Spione. Wehe dem, der in ihre Hände gerät. Auch zu Banda, dem Maharadscha von Nubrida, kamen Engländer und Russen. Sie wollten ihn glücklich machen, aber jeder auf eine andere Weise. Er wollte ihr Glück nicht, denn er war bereits glücklich. Er war reich wie kein zweiter. Zwar war ihm die heißgeliebte Gemahlin gestorben, die eine Deutsche gewesen war, aber sie hatte ihm eine Tochter hinterlassen, ihr Ebenbild an Schönheit, Reinheit, Geist und Herzensgüte. Diese Tochter hatte die Augen des Himmels und wurde deshalb Semawa genannt – Himmelsblau.“
„Du hast sie persönlich gekannt?“
„Ja. Ich war ja Diener im Palast ihres Vaters.“
„Also warst du dem Maharadscha ergeben?“
„Früher, ja. Aber einstmals bestrafte er mich unschuldigerweise sehr hart, und wenn ich auch nicht auf Rache sann, so war doch die Liebe und Ergebenheit verschwunden. Ich nahm mir vor, einen neuen Herrn zu suchen. Wer da sucht, der findet. Ich hatte bald einen anderen Herrn.“
„Wohl den Russen?“
„Ja. Doch wußte damals kein Mensch, daß er ein Russe sei. Er war vor nicht gar langer Zeit nach Nubrida gekommen, um seine Gesundheit in der dortigen reinen Luft zu
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