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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Günther:
    „Sind die Gefangenen noch in demselben Raum eingesperrt?“
    „Ja. Sie haben sich vollständig ruhig verhalten.“
    Er deutete auf Bill Newton. In diesem Augenblick aber sah er Adler aus einer Tür des Hofes kommen. Er mußte ein vorschnelles Zusammentreffen desselben mit Hermann von Adlerhorst, der doch Adlers Bruder war, verhüten, zog den Schlüssel, der die Handschellen öffnete, aus der Tasche, gab ihn an Günther und sagte: „Hier, übernimm du es. Ich muß zu Adler. Nimm Bill den Lasso ab und lege ihm Arm- und Beinschellen an. Aber sorgfältig.“
    Dann eilte er Adler entgegen und bat ihn, in die Stube, aus der er gekommen war, zurückzutreten. Adler tat es, und dann führte Steinbach Hermann von Adlerhorst zu ihm.
    Es stand kaum zu erwarten, daß diese beiden sich gleich im ersten Augenblick wiedererkennen würden; dennoch mußte man bei diesem Wiedersehen vorsichtig sein, weil Adler so sehr geschwächt war und auch seine Mutter erst vorbereitet werden mußte.
    „Wohin führen Sie mich?“ fragte Hermann.
    „Ich will Ihnen eine Person zeigen, für die Sie sich interessieren werden.“
    „Wer ist es?“
    „Versuchen Sie, es selbst zu erraten, nachdem Sie ihn gesehen haben.“
    „Es ist also ein Herr?“
    „Ja. Bitte, warten Sie!“
    Steinbach ließ Hermann vor der Tür stehen und trat erst selbst in die Stube.
    „Wie beruhigend, daß Sie wiedergekehrt sind!“ meinte Adler. „Wir hatten Sorge um Sie. Warum schicken Sie mich hierher zurück?“
    „Zunächst, um Sie zu fragen, ob Sie sich stärker fühlen, als Sie gestern waren.“
    „Bedeutend. Wir alle haben gegessen, gegessen und immer wieder gegessen. Der kleine Weinvorrat, der vorhanden ist, wird rasch aufgezehrt sein, wenn wir so fortmachen.“
    „Das ist sehr recht!“
    „Es ist unglaublich, was ein Mensch, der lange gehungert und gearbeitet hat, verzehren kann. Wir wollten vorsichtig sein –“
    „Das ist schön“, lächelte Steinbach.
    „Aber es ging wirklich nicht. Wenn wir glaubten, satt zu sein, so erwachte beim Anblicke der Speisen der Hunger von neuem und noch stärker, als er vorher gewesen war. Ich fühle mich stark genug, mit einem Löwen zu kämpfen.“
    „Auch seelisch?“
    „Ja. Sie bringen eine böse Nachricht?“
    „Im Gegenteil eine sehr gute.“
    „Dann schnell her damit. An der Freude sterbe ich nun nicht noch.“
    „Oh, auch die Freude kann gefährlich werden!“
    „Mir nun nicht! Die größte Freude meines Lebens, das größte Entzücken war es gestern abend, mich frei und erlöst zu sehen. Es hat mich nicht getötet. Nun bin ich geharnischt gegen alles andere.“
    „Wollen es versuchen. Aber halten Sie sich tapfer!“
    Steinbach öffnete die Tür.
    „Bitte, kommen Sie herein!“
    Hermann von Adlerhorst trat ein.
    Martins Auge fiel auf ihn, und in demselben Augenblick schrie er auf:
    „Hermann! Ist's möglich!“
    Er streckte die Arme aus, doch hielt ihm die freudige Überraschung oder vielmehr der freudige Schreck die Füße fest. Er hatte in der langjährigen Zeit des Lebens sein Aussehen verändert; darum wurde er von dem Bruder nicht erkannt. Aber sein Ausruf, seine Stimme ließen diesen ahnen, wen er vor sich habe. Hermann trat einen Schritt näher und fragte in staunendem Jubel: „Welch eine Stimme! Martin, wärst du es?!“
    „Ja, ich bin es.“
    „Herr, mein Gott! Du hier!“
    Sie stürzten sich in die Arme und hielten sich fest umschlungen. Dann ließen sie sich los, traten voneinander zurück, fielen sich, nachdem sie einander angeblickt hatten, wieder in die Arme, um sich innig zu küssen.
    So ging es eine Weile fort, bis sie endlich wieder Worte fanden.
    „Welch ein Tag! Welch eine Wonne!“ rief Hermann. „Du hier, du! Wer hätte so etwas ahnen, auch nur träumen können!“
    „Und ich von dir! Freilich erfuhr ich bereits gestern abend, daß du in Amerika seist.“
    „Von wem?“
    „Von Steinbach.“
    „Ah, von ihm!“
    „Du kamst mit ihm. Du mußt also mit ihm gesprochen haben. Hat er dir nicht gesagt, daß du mich hier finden würdest?“
    „Nein.“
    „So hat er dich überraschen wollen.“
    „Gewiß. Mich und den Lord.“
    „Welchen Lord?“
    „Eaglenest, unsern englischen Cousin.“
    „Ja, ja! Er ist ja auch hier, wie Steinbach sagte. Du befindest dich bei ihm, in seiner Gesellschaft?“
    „Ja, ich reise mit ihm. Er ist mit hier. Soll ich ihn denn holen?“
    „Sofort, sogleich!“
    „Nicht später? Wir beide haben uns ja kaum nur zwei Augenblicke gehabt! Wir

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