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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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er ihn liegen ließe!“ dachte er.
    Sein Blick hing begierig an dem Instrument. Dabei bemerkte er, daß an dem Kasten des Tisches auch ein kleiner Schlüssel von derselben Größe steckte. Ein Gedanke durchzuckte ihn. Wenn der Schlüssel liegenblieb, so konnte man die Schlösser der Fesseln öffnen. Aber das durfte nicht gleich geschehen, sondern erst dann, wenn ein Weg zur Flucht sich öffnete. Darum mußte man es so einrichten, daß man den Schlüssel bis dahin doch in den Händen hatte. Ein vorzeitiges Öffnen der eisernen Schellen hätte alles verderben können, jedenfalls wurden die Fesseln untersucht. Wie es aber angefangen, den Schlüssel behalten zu können? Das konnte nur mit Hilfe des anderen Schlüssels möglich gemacht werden.
    Jetzt erhob Langendorff sich aus seiner gebückten Stellung. Bill verfolgte seine Bewegungen mit glühenden Blicken; er vermochte vor Spannung kaum zu atmen, da, er holte tief, tief Atem, Langendorff ging an dem Tisch vorüber und zur Tür hinaus, die er hinter sich verschloß.
    Es war mit größter Bestimmtheit zu erwarten, daß er sich auf den Schlüssel besinnen und schleunigst zurückkehren werde, ihn zu holen.
    Bill trat zu dem Tisch, zog den Kastenschlüssel aus dem Schloß, legte ihn hin und nahm statt seiner den wirklichen Schlüssel an sich. Er steckte ihn in den Mund und kauerte sich dann in die Ecke nieder.
    Richtig! Kaum einige Sekunden später erschallten draußen eilige Schritte. Die Tür wurde aufgeschlossen, Langendorff kam herein und nahm den Schlüssel an sich, natürlich den falschen, den Tischkastenschlüssel.
    Als sich dann hinter ihm die Tür wieder schloß, war es Bill zumute, als ob er sich bereits mit einem Fuß in Freiheit befände.
    Nun war es still in dem dunklen Raum. Nur zuweilen ließ sich das schmerzhafte Stöhnen oder ein unbewußter Ausruf des Fiebernden hören. Die Alte hatte in der Ecke gesessen, in die von der Tür aus kein Licht zu dringen vermochte; darum war sie nicht zu sehen gewesen. Juanitos Gestalt aber war trotz der schlechten Beleuchtung von Bill gesehen worden. Diesem wurde bei dem Stöhnen ganz bang zumute. Er fragte laut:
    „Wer ist hier?“
    Da antwortete die Stimme der Alten:
    „Wir sind zwei.“
    „Ah, noch jemand. Wer seid ihr?“
    „Sagt mir zuvor, wer Ihr seid, ob ein Feind von Señor Roulin.“
    Die Fragerin war eingesperrt, mußte also eine Freundin Roulins sein, darum antwortete Bill:
    „Ich bin sein bester Freund und Genosse.“
    „So müßt Ihr auch mich kennen.“
    „Ich sehe Euch aber ja gar nicht. Eurer Stimme nach müßt ihr eine ältere Dame sein.“
    „Ja; ich bin Señora Arabella.“
    „Kenne ich nicht.“
    „Man nennt mich abgekürzt Señora Bella.“
    „Es gibt viele Damen, die Bella heißen, und ich bin leider nicht allwissend.“
    „Ich führe den Haushalt Señor Roulins.“
    „Ach so! Wer ist denn der Mann, der so stöhnt?“
    „Das ist Juanito.“
    „Ah, dieser! Was ist mit ihm? Ist er krank?“
    „Der Indianer hat ihn skalpiert.“
    „Sapperment! Wo denn?“
    „Auf dem Kopf natürlich. Wo denn sonst?“
    „Das weiß ich. Ich meine aber, an welchem Ort er überfallen wurde.“
    „Überfallen wurden wir von den beiden Schurken, die als Freunde kamen, uns aber als Feinde behandelten. Sie haben alle unsere Gefangenen befreit.“
    „Wie ist das zugegangen?“
    Sie erzählte ihm soviel, wie sie für geraten hielt, und fragte ihn dann, wie er in Steinbachs Hände gefallen sei. Er antwortete:
    „Roulin schickte mich hierher, um seine Ankunft zu melden, da wurde ich überfallen.“
    „Dem Himmel sei Dank! Er kommt! Aber wann?“
    „Heute abend.“
    „So wird er uns befreien.“
    „Das bildet euch nur ja nicht ein. Draußen vor dem Haus halten vierhundert Apachen und Maricopas, die ihn empfangen werden. Er selbst wird also gefangengenommen.“
    „Mein Gott! Wie werden wir frei?“
    „Das weiß ich auch nicht.“
    „Es ist schrecklich! Ich glaube, diese Menschen werden uns töten!“
    „Ich bin sehr überzeugt davon.“
    „Laßt uns zur Madonna beten, daß sie uns einen Erlöser sendet.“
    „Treibt keinen Spott! Die Madonna wird sich nicht um unsere Befreiung kümmern! Wir haben so viel auf dem Gewissen, daß sie, ganz im Gegenteil, Gott bitten muß, uns mit ewiger Verdammnis zu bestrafen.“
    „Ihr seid ein sonderbarer Tröster.“
    „Ich will damit nur sagen, daß wir weder von Menschen noch von Engeln Hilfe zu erwarten haben. Wir können uns nur auf den Teufel und auf uns selbst

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