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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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haben uns so viel, so sehr viel zu erzählen.“
    „Soviel, daß wir in Monaten nicht fertig werden. Darum wollen wir lieber jetzt noch nicht beginnen. Ich bin gefangen gewesen, habe jahrelang kein Menschenangesicht gesehen. Jetzt ist ein Freund da, gar ein Verwandter. Warum soll ich ihn nicht sofort begrüßen?“
    „Wie du willst. Du sollst ihn sofort sehen.“
    Hermann öffnete die Tür, um hinauszueilen. Da erblickte er den Lord, der über den Hof kam und schon von weitem meldete:
    „Was mir nur dieser Steinbach zumutet!“
    „Ist es denn etwas gar so Schlimmes?“
    „Eigentlich nicht schlimm, aber doch sehr sonderbar.“
    „Nun, was denn?“
    „Ich soll dich fragen, von welchem Dichter die Worte sind:
    ‚Geteiltes Leid ist halbes Leid,
Geteilte Freud ist doppelt Freud.‘“
    „Das hat er anders gemeint. Soeben habe ich eine ganz außerordentliche Freude erlebt. Er schickt dich zu mir, damit ich diese Freude mit dir teilen soll, lieber Vetter.“
    „Nun, so schneide sie auseinander und gib mit meine Hälfte!“
    „Sogleich! Komm herein!“
    Hermann führte den Lord in die Stube, zeigte auf Martin und sagte:
    „Hier steht die Freude, von der ich spreche, verkörpert, Cousin.“
    Der Lord betrachtete Martin und sagte dann:
    „O weh!“
    „Warum o weh?“
    „Den können wir ja nicht zerschneiden.“
    „Nein, aber haben dürfen wir ihn alle beide.“
    „Weißt du denn, ob ich ihn haben will?“
    „Ich hoffe es zuversichtlich.“
    „Na, wer ist er denn?“
    „Rate einmal!“
    Martins bleiches, eingesunkenes Gesicht blickte dem Lord freudig lächelnd entgegen. Dieser legte den Kopf leise auf die Seite und sagte:
    „Hm! Kenne ihn nicht. Scheint kein übler Kerl zu sein, muß aber vorher tüchtig herausgefüttert werden.“
    „Er hat hier unendlich viel gelitten. Er war einer der Gefangenen, die hier im Quecksilberbergwerke arbeiten mußten.“
    „Das ist freilich schlimm! Quecksilber soll man weder essen noch trinken. Es soll etwas schwer verdaulich sein. Wie heißt der Sir?“
    „Das eben sollst du erraten!“
    „Unsinn! Wer kann unter den vielen Millionen Namen, die es gibt, den richtigen finden!“
    „Nun, er heißt Adler.“
    „Wie? Was? Adler? Also der, den Steinbach so lange Zeit gesucht hat?“
    „Ja.“
    „Verteufelt, verteufelt! Das freut mich ungeheuer, ungeheuer! Willkommen, Master Adler. Hoffe, daß wir gute Freunde sein werden!“
    Der Lord streckte Martin die Hand entgegen. Dieser schlug ein und sagte:
    „Das sind wir bereits.“
    „Bereits? So? Schön! Ist mir lieb.“
    „Wir sind sogar Verwandte!“
    „Verwandte? Hm! Doch nicht!“
    „Doch! Ich heiße nicht nur Adler, sondern in früheren Jahren fügte ich meinem Namen noch eine Silbe bei, die soviel wie ‚Nest‘ bedeutet.“
    „Doch nicht etwa ‚Adlerhorst‘?“
    „Ja, genauso heiße ich.“
    Da riß der Lord nach seiner bekannten Weise vor Erstaunen den Mund auf, daß man ihm beinahe bis in den Schlund hinabsehen konnte, fuchtelte einige Male mit den langen Armen in der Luft herum und sagte sodann:
    „Ich platze vor Freude auseinander!“
    „Es scheint wirklich so“, lachte Hermann. „Wenigstens schnappst du ganz bedeutend nach Luft.“
    „Oh, nicht nur nach Luft, sondern nach allem möglichen, besonders nach dem Verständnis dafür, daß ein Adlerhorst hierherkommen und sich so aushungern lassen kann.“
    „Auch du, ein Adlerhorst, bist ja hier.“
    „Nun freilich, ja.“
    „Und gar so sehr wohlgenährt siehst du auch nicht aus.“
    „Mach keine dummen Witze in dieser ernsten Angelegenheit! Also wirklich ein Adlerhorst! Aber mit welchem Vornahmen?“
    „Ich heiße Martin.“
    „Schön! So weiß ich wenigstens, wie ich dich zu nennen habe. Alles andere später; jetzt hast du mich vor allen Dingen regelrecht zu umarmen, damit ich es auch fühle und nicht nur sehe, daß du da bist!“
    „Mit dem allergrößten Vergnügen!“
    Martin folgte der Aufforderung, die in so eigenartiger Weise an ihn gerichtet war. Dann meinte der Lord:
    „Und nun erzähle, wie du eigentlich hierher hast kommen können!“
    „Davon später. Ebenso könnte ich euch vor allen Dingen fragen, wie ihr beide nach dem Tal des Todes gekommen seid; aber jetzt gibt es etwas viel Wichtigeres. Hat Steinbach euch gesagt, wen ihr hier finden würdet?“
    „Ja.“
    „Nun, wen?“
    „Arme Menschen, die mit Gewalt und List in den Berg gebracht und dort angeschmiedet worden sind.“
    „Hat er Namen genannt?“
    „Nein; nur den einen –

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