Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
lautete auf den Namen Peter Lomonow, Kaufmann aus Orenburg und war von der dortigen Behörde ausgestellt und außerdem von dem Gouverneur kontrasigniert. Es konnte also keinen Zweifel geben. Dennoch begann der Kosak das Signalement mit der vor ihm stehenden Person zu vergleichen.
    „Hier steht ‚zwei Vorderzähne fehlen‘, und du hast keine Zahnlücke“, sagte er. „Wie stimmt das?“
    Der angebliche Kaufmann, der wirklich kein anderer als der ehemalige Derwisch Osman war, riß dem Kosaken den Paß aus der Hand und antwortete:
    „Weil ich sie mir habe einsetzen lassen. Sie sind natürlich falsch. Übrigens bist du nicht der Kreishauptmann und hast den Paß nicht zu beurteilen. Ich bin mit dir fertig und frage dich nur, ob der Isprawnik zu sprechen ist.“
    „Er ist da drin. Geh hinein!“
    Das Vorzimmer hatte drei Türen. Eine, durch die der Kaufmann gekommen war, eine, durch die er jetzt eintrat, und eine dritte, die direkt in das Freie führte.
    „Und er ist es dennoch! Er ist es!“ sagte der Kosak für sich hin. „Was will er hier? Wo hat er sich während dieser Jahre befunden, und warum verleugnet er sich?“
    Er hatte keine Zeit, weiter über diesen Gegenstand nachzudenken, denn die eben erwähnte dritte Tür wurde geöffnet, und es traten drei Personen ein, die eine Beschreibung verdienen.
    Voran kam ein kleiner, dicker Kerl mit schief geschlitzten Augen, hervortretenden Backenknochen und einer riesigen Bärenmütze auf dem Kopf. Er war vollständig in Pelz gekleidet, über den Rock hatte er einen schweren Sarras geschnallt, und in der rechten Hand hielt er eine gewaltige Reitpeitsche. Diese Peitsche aber schien bei ihm nicht sehr gefährlich zu sein, denn sein kleines Näschen guckte außerordentlich naiv in die Welt, und um seinen breiten Mund lag ein Lächeln, das gar nicht gutmütiger hätte sein können.
    Hinter ihm trat eine Frau ein, die ganz genauso gekleidet war wie er. Auch sie hatte eine Peitsche in der Hand. Nur die Bärenmütze fehlte. Sie trug das schlichte Haar in zwei dünnen Zöpfen über den Rücken hinab, in den Ohren zwei große goldene Ringe, und über der Brust eine schwere silberne Kette. Ihr Gesicht war womöglich noch gutmütiger als dasjenige ihres Mannes. Auch war sie noch dicker als er, so daß sie sich nur mit Mühe zur Türöffnung hereinzwängen konnte.
    Hinter diesen beiden kam oder vielmehr leuchtete und glänzte, blitzte und flimmerte es herein, so rein, so zart, so schön und herrlich wie die Morgenröte, wenn sie mit Gold und Purpur jungfräuliches Weiß eines Gletschers bestrahlt.
    Ein Mädchen war es, hoch und stolz gewachsen, wie es unmöglich unter den eingeborenen Völkern und Stämmen Sibiriens ein weibliches Wesen geben konnte.
    Diese wunderbar schöne, schlanke und doch volle Gestalt trug eine ganz eigenartige Kleidung. Die kleinen Füßchen steckten in langen, feingearbeiteten Schnürstiefelchen aus rotgegerbtem Leder von Bauch des Elentieres. Man konnte sie sehen, weil das Röckchen nur wenige Zoll über die Knie herabreichte. Dieses Röckchen aber bestand aus dem kostbarsten Zobel, jener seltenen und darum so teuren Art, die man Silberzobel nennt.
    Über diesem Röckchen umschloß ein Mieder von demselben Pelzwerk die feine Taille. Die langen Ärmel dieses Mieders waren auf orientalische Art nach den Händen zu immer weiter gehalten und bis oben in die Nähe der Achsel aufgeschnitten. Goldene Spangen hielten den Ausschnitt so weit zusammen, daß der weiße, herrlich gerundete Arm wie Schnee aus dem glänzenden Dunkel des Pelzwerkes hervorleuchtete.
    Um den nackten, schlanken Hals flimmerte ein Schmuck von viereckigen Goldplatten. Das schwarze, lange, schwere Haar war mit ebensolchen Goldplatten und silbernen Ketten durchflochten, sonst aber unbedeckt. Dafür aber lagen um die hohe, schön gewölbte Stirn mehrere Lagen von Goldmünzen, die von silbernen Kugeln zusammengehalten wurden, auf deren jeder ein Diamant funkelte.
    Doch über das alles blickte man gern hinweg, um das Gesicht zu schauen, ein Gesicht, wie die schaffende Natur es dem Menschenkind nur einmal verleiht.
    Der Schmuck, den dieses entzückende Wesen trug, ließ auf einen außerordentlichen Reichtum schließen.
    Aber nun vor allen Dingen die Frage: War dieses Mädchen mit den beiden dicken Leuten verwandt? Jeder hätte sofort mit einem schnellen „Unmöglich“ geantwortet, und doch –
    Der kleine Mann wälzte sich lächelnd auf den Kosaken zu und sagte:
    „Hast du hier die Wache, mein

Weitere Kostenlose Bücher