55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
Exzellenz sicher unrecht!“
„Meinen Sie? Können Sie mir Beweise bringen?“
„Ja. Es ist eine alte Erfahrung, daß es Damen gibt, welche für bejahrte Herren schwärmen können. Ich kenne einige meiner Freundinnen, deren Ideal nicht ein Jüngling, sondern ein gereifter Mann ist.“
Blücher nickte mit seinem schönen, ehrwürdigen Greisenhaupt und sagte:
„Ja, ich habe einmal mit einem Professor darüber gesprochen, der ein sehr berühmter Psychologe war. Ich glaube, dieses Wort bedeutet Menschenkenner oder Seelengrübler. Dieser Mann sagte, daß besonders unter jungen Damen, unter den sogenannten Backfischen, viele seien, welche am liebsten einen Mann mit grauen Haaren haben möchten. Später aber ändert sich diese Gesinnung und sie gehen doch in die Falle, welche ihnen ein junger, schmucker Jäger gestellt hat. Unsereiner muß sich also jetzt begnügen, für einen anderen Kastanien aus dem Feuer zu holen, wie zum Beispiel ich für den Lieutenant da.“
„So bin ich also die Kastanie?“ lachte Margot.
„Ja, und zwar eine Kastanie zum Anbeißen. Ich würde – ich möchte – hm, Donnerwetter, ich wollte, ich dürfte auch einmal anbeißen!“
„Exzellenz sehen aber gar nicht so bissig aus!“
„Meinen Sie?“ lachte er fröhlich. „Nun, da irren Sie sich sehr, und das werde ich Ihnen sogleich beweisen. Ein jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert, sagen wir Deutschen. Ich habe mich nun ganz fürchterlich abgemüht, um euch zusammenzubringen; belohnt muß ich also werden. Und was denkt ihr wohl, was ich verlangen werde?“
Margot errötete. Sie ahnte, was nun kommen werde.
„Na“, fuhr er fort, „das Mädchen wird ja rot wie Zinnober! Es denkt sich also schon, wonach ich Appetit habe. Wird meine Bitte gewährt sein, Mademoiselle?“
„Exzellenz haben sie ja noch gar nicht ausgesprochen“, antwortete die Gefragte, noch tiefer glühend.
„Gut, so will es sagen; einen Kuß fordere ich als Belohnung.“
Da zog ein lustiges, schelmisches Lächeln über ihr Gesicht, und sie antwortete:
„Einen Kuß? Von wem? Von meinem Bräutigam?“
„Von dem da? Fällt mir gar nicht ein! Was habe ich mit seinem Schnurrbart zu schaffen! Nein, von Ihnen selbst, Mademoiselle. Ich bin allerdings kein Lieutenant, der Ihnen das Köpfchen verdreht, aber so einen konventionellen, großväterlichen Kuß wird Ihr schönes Mäulchen doch vielleicht fertigbringen. Nicht?“
„Vielleicht“, antwortete sie. „Aber da möchten wir denn doch diesen Lieutenant erst vorher um Erlaubnis bitten!“
„Den?“ fragte er in komischem Stolze. „Warum den? Fällt mir gar nicht ein! Ich habe Paris und Frankreich erobert, ohne einen Lieutenant um Erlaubnis zu fragen. Soll ich mich wegen zweier Lippen an ihn wenden, die doch auch zu meiner Eroberung gehören? Nein. Immer vorwärts, sage ich, und so auch hier. Geben Sie getrost Ihr liebes Mäulchen her! Ich werde es nicht ganz abbeißen, sondern ihm einen Teil davon übriglassen.“
Er erhob sich vom Sofa und trat auf das Mädchen zu. Dieses erglühte zwar bis in den Nacken hinab, aber es kam ihm doch zwei Schritte entgegen.
„Exzellenz“, sagte Margot, „ein Kuß von Ihnen ist die höchste Ehre, welche einer Dame werden kann. In diesem Sinne wage ich es, Ihrem Befehl zu gehorchen.“
„Papperlapapp, ich meine das anders. Aber, na, nur erst her mit dem Ehrenschmatz, dann wird sich das übrige finden.“
Er schritt mit der Courtoisie eines Höflings aus der Zeit Ludwig des Vierzehnten auf sie zu und küßte sie leise und höflich auf die Wange, dann aber sagt er:
„So, das war der Feldmarschall. Nun aber kommt der gute Gebhard Leberecht Blücher dran, der einmal sehen will, ob er nur um seinetwillen und nicht um des Marschalls willen einen herzhaften Kuß erhält. Was meinen Sie, Margotchen?“
„Oh, er ist so lieb und gut, daß er zwei erhalten soll, anstatt einen!“
Dies sagend, legte sie zutraulich, als ob er ihr Vater sei, die Arme um seinen Hals, drückte sich mit ungeheuchelter Zärtlichkeit an ihn und küßte ihn ein-, zwei-, dreimal so herzhaft, wie er es gewünscht hatte, auf die Lippen.
„Alle Wetter“, sagte er, „das war eine Delikatesse, wie sie unsereiner jetzt so oft nicht mehr findet!“
Seine Augen glänzten feucht vor Rührung. Er hielt sie noch bei dem Händchen fest und fragte:
„Kam das wirklich aus dem Herzen, du kleine, süße Hexe?“
„Ja, Exzellenz“, beteuerte sie.
„Nun, dann habe Dank, meine Tochter! Du hast mir altem Kerl
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