55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
Margot ihr Bewußtsein wiedererhalten.
Sie blickte umher und fand sich in einem ihr fremden Zimmer. Sie wußte nicht, wie sie hierhergekommen war, und wollte mit der Hand nach der Stirn greifen, wie man zuweilen tut, wenn man etwas überlegen will. Da merkte sie, daß sie gefesselt war, ja, daß man ihr sogar den Mund verbunden hatte. Und nun kam es plötzlich klar und hell über sie, wie sie hierhergekommen war. Es fiel ihr ein, daß eine Ordonnanz sie abgeholt hatte. Sie erinnerte sich des Duftes, welchen sie eingeatmet hatte, und nun wurde sie von der Gewißheit durchschauert, daß sie das Opfer eines Betruges geworden sei.
Sie ließ ihre Augen im Zimmer herumschweifen; es war kein Mensch vorhanden. Wo befand sie sich? Es wurde ihr vor Angst siedend heiß im Inneren.
Da hörte sie ein Geräusch hinter sich. Sie konnte den Kopf nicht bewegen, aber dies war auch nicht nötig, denn der Betreffende trat gleich darauf vor sie hin.
Es war ihr Bruder.
Er verschränkte die Arme ineinander und blickte sie an. Sie schloß die Augen, um das Spiel seiner Mienen nicht ansehen zu müssen. Nach einer Weile stieß er ein kurzes, höhnisches Lachen aus und sagte:
„Das hat man davon, wenn man sich zur Geliebten eines Deutschen herabwürdigt!“
Sie konnte ihm nicht antworten. Er hatte große Lust, mit ihr zu spielen, wie die Katze mit der Maus, darum trat er näher und schob ihr das Tuch ein wenig vom Mund fort.
„Welch eine Luft! Nicht wahr? Nur meine Nähe verpestet sie.“
Sie hielt noch immer die Augen geschlossen. Sie wollte, bevor sie sich in ihrem Verhalten bestimmte, erst erfahren, welche Absicht er mit ihr habe.
„Wie schade, hier bei mir sein zu müssen, während du glaubtest, bei Blücher und deinem Soldaten speisen zu können.“ Und höhnisch fügte er hinzu: „Welcher rühmt sich denn eigentlich des Glücks, dich zu besitzen? Der Alte oder der Junge?“
Auch jetzt noch schwieg sie. Das ärgerte ihn, und darum sagte er:
„Doch das ist ja gleich. Du wirst von jetzt an das Eigentum eines anderen sein.“
Das half, denn sie öffnete jetzt die Augen und fragte:
„Wessen?“
„Das weißt du nicht?“
„Nein.“
„Nun, des Barons!“
„Ah! Er hat mich rauben lassen, und du hast ihm geholfen?“
„So ist es!“
„Mein Gott, ein Bruder!“
„Mein Gott, eine Schwester!“ höhnte er.
„Weiß Mama, wo ich bin?“
Die Angst um die Mutter gab ihr diese Frage ein. Er lachte laut auf und antwortete:
„Sie? Es wissen? Hältst du uns für wahnsinnig?“
„Sie wird es erfahren.“
„Gewiß, das wollen wir ja.“
„Wann?“
„Sobald es dir beliebt.“
„Ich verstehe dich nicht.“
„Du wirst mich sofort verstehen. Paß auf.“
In diesem Augenblick neigte sich der Baron über die Lehne des Stuhls herüber und küßte sie auf den Mund. Sie hatte nicht gewußt, daß er hinter ihr gestanden hatte. Sie stieß einen lauten Hilferuf aus, da aber sagte ihr Bruder schnell:
„Halt! Keinen Laut! Sobald du rufst, bekommst du einen Knebel in den Mund; das wird deine Lage keineswegs angenehmer machen.“
„Wer berührte mich jetzt?“ fragte sie, zitternd vor Abscheu.
„Ich.“
Bei diesen Worten trat der Baron hervor, so daß sie ihn deutlich sehen konnte.
„Unverschämter!“ zürnte sie.
„Zanken Sie immerhin!“ lachte er. „Sie befinden sich in meiner Hand. Ich werde Sie jedenfalls zu zähmen wissen.“
„Nie, niemals!“
„Ah, Sie glauben es nicht?“ fragte er. „Nun, so hören Sie, was Ihrer wartet. Ich liebe Sie, und Sie stoßen mich von sich. Ich habe sie gebeten und Ihnen gedroht, alles umsonst. Nun greife ich zu dem letzten, aber unfehlbaren Mittel: Sie werden heute die Meine werden, heute, noch diesen Abend. Sie werden es so lange sein, bis es mir gefällt, Sie zu entlassen; Sie werden dann in Ehren keinem anderen gehören können und mich kniefällig bitten, die Schande von Ihnen zu nehmen, indem ich Sie zur Baronin Reillac mache. Und das werde ich dann vielleicht tun, vielleicht auch nicht.“
„Teufel.“
„Ja, ich bin ein Teufel, und Sie sind ein Engel; es wird eine interessante Verbindung.“
„Nie, niemals!“ rief sie.
„Pah, Sie können nicht widerstehen!“ lachte er.
„Gott wird mich schützen.“
„Glauben Sie das nicht. Gott hat mehr zu tun, als sich um die kleine Margot zu kümmern. Sie werden heute noch mein.“
„Ich werde sterben“, hauchte sie.
„Es stirbt sich nicht so leicht und schnell. Meine Zärtlichkeiten werden Ihnen bald
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