56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
ein Abenteuer!“ sagte Margot. „Ich als dein Diener.“
„Aber wie reisen wir?“ fragte ihre Mutter. „Zu Wagen?“
„Nein, das wäre zu auffällig und zu beschwerlich. Wir werden reiten.“
„In Männerkleidung?“
„Ja.“
Es wurde Königsau schwer, Frau Richemonte zur Annahme seines Plans zu bewegen. Margot hingegen freute sich förmlich darauf.
„Wann geht es fort?“ fragte sie.
„Florian wird uns benachrichtigen. Aber sage, ob du nicht zu schwach zu einem solchen Ritt sein wirst?“
„Ich fühle mich stark genug dazu.“
„Gott wolle es, daß du dich nicht täuschst.“
„Weiß meine Cousine bereits davon?“ fragte Frau Richemonte.
„Nein. Sie und niemand darf etwas wissen, damit keine Verantwortlichkeit auf jemand fällt.“
Soweit war das Gespräch gekommen, als die Tür, durch welche Königsau eingetreten war, leise geöffnet wurde. Florian trat ein, einen mächtigen Pack Kleidungsstücke mit sich schleppend.
„Das ist alles, was wir brauchen“, flüsterte er.
„Mein Majorsanzug?“ fragte der Lieutenant.
„Ja. Und hier zwei andere Anzüge für die Damen.“
„Werden sie passen?“ fragte Margot.
„Hm, das ist sehr fraglich. Ich habe sie im Finstern gestohlen, und dabei ist es nicht gut möglich, genau Maß zu nehmen.“
„Gestohlen?“ fragte Frau Richemonte erschrocken.
„Ja, Madame.“
„Aber, warum denn stehlen?“
„Weil auf andere Weise das Nötige nicht zu bekommen wäre.“
„Aber da sind wir ja straffällig?“
„Machen Sie sich da keine große Sorge, liebe Mama“, bat Königsau. „Wir fliehen, um der Gefangenschaft und noch anderem zu entgehen; da darf man es mit den Nebensachen nicht so streng nehmen. Aber hier sehe ich doch auch Frauenkleider.“
„Ja“, antwortete Florian. „Ich habe für jede der Damen einen Anzug mitgebracht, wie er von den wohlhabenden Mädchen und Frauen dieser Gegend getragen wird.“
„Auch gestohlen?“
„Nein. Ein solches Raubgenie bin ich denn doch nicht ganz. Ich habe mir diese Sachen nur ein wenig geborgt.“
„Von wem?“
„Von der Wirtschafterin.“
„So ist sie in den Plan eingeweiht worden?“
„O nein. Ich habe ihr gesagt, daß es sich um einen kleinen Hochzeitsscherz handele, und da ich sonst nicht sehr spaßhaft bin, so hat sie es geglaubt.“
„Aber wozu Frauenkleidung, Florian?“
„Das ist doch sehr einfach. Am Tag müssen die Damen in ihrer Verkleidung einem jeden auffallen, der Augen hat. Die Militärsachen sind nur da, um durch Sedan zu kommen, dann werden wir weiter sehen. Übrigens dürfen die Damen nur in Frauenkleidung in Gedinne anlangen. Jetzt will ich gehen, um zu sehen, auf welche Weise wir am leichtesten zu den nötigen Pferden kommen.“
„Halten Sie es für möglich, daß Kapitän Richemonte nochmals hierher kommt, um zu revidieren?“ fragte Frau Richemonte.
„Ich halte es sogar für sehr wahrscheinlich.“
„Aber dann wird er vielleicht diese Kleider bemerken.“
„Nein. Ich werde den Herrn von Königsau bitten, sie mit auf das Dach zu nehmen, um dort auf mich zu warten. Ich habe die Sachen jetzt nur gebracht, damit Sie sich dieselben einmal betrachten können.“
Er ging. Auch Königsau kehrte nach einiger Zeit auf das Dach zurück. Er hatte die Kleider mitgenommen und wartete nun auf die Rückkehr des braven Kutschers, welcher es so gut verstanden hatte, ihn vorher über seine Pfiffigkeit zu täuschen. –
Es war fast gegen Mitternacht, als ein einzelner Reiter vor dem Tor hielt. Es war sehr finster geworden.
„Wer da?“ fragte die dort postierte Schildwache.
„Armeelieferant de Reillac“, lautete die Antwort.
„Kann passieren.“
Der Baron ritt in den Hof ein und stieg da vom Pferd. Als er sein Tier an eine Zaunlatte angebunden hatte, begab er sich nach dem Wachtlokal, welches sehr leicht dadurch zu erkennen war, daß es erleuchtet war. Als er dort eintrat, fuhr er erstaunt einen Schritt zurück.
„Sie hier, Kapitän?“ fragte er.
Wirklich befand sich Kapitän Richemonte augenblicklich bei dem Wachthabenden. Er hatte sich fest vorgenommen, diese Nacht nicht zu schlafen, sondern ohne Unterlaß um den Meierhof zu patrouillieren. Es war doch möglich, daß Königsau, falls er sich hier befand, ihm dabei in die Hände lief.
„Und Sie hier, Baron?“ gegenfragte Richemonte.
„Allerdings. Ich erfuhr, daß der Kaiser hier abgestiegen sei und ritt hierher, um für morgen eine Audienz zu erbitten.“
„In Lieferungssachen?“ fragte Richemonte
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