56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
sein.“
„Wirklich?“
„Gewiß.“
„Nun, so will ich dir sagen, daß es vielleicht notwendig sein wird.“
„Was Sie sagen“, fiel da die Mutter ein. „Sie meinen, daß wir veranlaßt sein könnten, Jeannette zu verlassen?“
„Leider, meine liebe Mama.“
„Aus welchem Grund? Ah, ich vermute ihn.“
Sie begleitete diese Worte mit einem halb und halb mißbilligenden Blick.
„Ich bin überzeugt, daß Sie sich irren“, sagte er.
„Ich errate sicher das richtige.“
„Versuchen wir es einmal.“
„Sie sind ein wenig eifersüchtig, mein lieber Herr von Königsau.“
„Nicht im mindestens.“
„O doch! Und Sie denken, der Titel eines Kaisers sei wohl imstande, ein Mädchenherz zu verwirren.“
„Dieses Mädchenherz müßte nicht so stark sein wie das Herz meiner Margot, für welches es geradezu beleidigend sein würde, wenn ich Eifersucht fühlen wollte.“
„Ich danke dir, Hugo“, sagte Margot. „Der Grund ist also ein anderer?“
„Ja, es droht dir von Seiten des Kaisers eine große Gefahr!“
„Also doch eine Art von Eifersucht!“ lächelte Frau Richemonte.
„O nein. Es ist gegen Margot ein Plan im Werk, den zu belauschen ich so glücklich war. Daß Kapitän Richemonte hier Etappenkommandant geworden ist, wissen Sie vielleicht, Mama.“
„Ja. Er hat es uns selbst gesagt.“
„In dieser seiner Eigenschaft ist er mit ungewöhnlicher Macht ausgerüstet. Man hat ihm zu gehorchen, ohne ihn zunächst zur Verantwortung ziehen zu können. Und außerdem hat ihm der Kaiser den Befehl erteilt, Sie hier gefangen zu halten.“
„Doch, weil man Sie hier vermutet?“
„Nein, sondern weil man Margot mit dem Baron Reillac vermählen will.“
Margot fuhr rasch empor.
„Mit diesem Menschen?“ fragte sie.
„Ja.“
„Wer will mich zwingen?“
„Dein Bruder, und zwar im Auftrag des Kaisers.“
„Kein Kaiser hat die Macht dazu.“
„O doch, liebe Margot. Ich habe gesehen und gehört, daß Napoleon deinem Bruder eine schriftliche Vollmacht überreicht hat. Es stehen ihm alle Behörden zur Verfügung, um dich auf irgendeine Weise zu dieser Vermählung zu zwingen.“
„Mein Gott! Ist das wirklich wahr?“ fragt die Mutter.
„Ja, leider“, antwortete er. „Morgen wird der Kapitän nach Sedan reiten, um Reillac zu benachrichtigen.“
„Aber zu welchem Zweck soll ich die Frau dieses Mannes werden?“ fragte Margot.
„Ich muß dir sagen, liebe Margot, daß Reillac als dein Mann den strengen Befehl erhalten würde, dich nicht eher anzurühren, als bis der Kaiser es ihm erlaubt.“
Margot erglühte.
„Schütze mich, Hugo!“ bat sie.
„Ich bin bereit dazu, meine Margot. Doch kann ich dir nur dann Schutz gewähren, wenn du Jeannette mit mir zugleich verläßt.“
„Noch diese Nacht, Hugo?“
„Ja.“
„Ich gehe mit.“
Frau Richemonte war ganz blaß geworden.
„Das ist doch noch zu prüfen“, sagte sie. „Ich setze nicht den mindesten Zweifel in die Wahrheit dessen, was Sie sagen, lieber Sohn; Sie haben alles selbst gehört?“
„Alles!“
„Nun gut. Aber gibt es wirklich kein anderes Mittel, als diese Flucht?“
„Ich weiß keins.“
„Wenn wir nun an die Großmut des Kaisers appellieren?“
„Wie großmütig er ist, hat er an mir bewiesen, Mama.“
„Das ist allerdings wahr. Aber ist die Flucht denn möglich?“
„Ich denke, ja.“
„Wir sind ja gefangen; wir werden bewacht.“
„Diese Wohnung hat noch einen anderen Ausgang.“
„Auch ich soll mich an der Flucht beteiligen?“
„Ich bitte Sie darum.“
„Wohin werden Sie uns bringen? Zu Blücher?“
„Das ist für jetzt unmöglich. Der Kaiser hat heute Marschorder erteilt, und morgen sind alle Militärkolonnen in Bewegung. Wir würden nicht so weit durchkommen. Florian hat mir einen braven Mann empfohlen, bei dem Sie ganz sicher sein würden. Er wird uns selbst begleiten.“
„Wohin?“
„Nach Gedinne.“
„Da ist nach Givet zu; also müssen wir durch Sedan, gerade durch die Franzosen hindurch. Ist das nicht zu gefährlich?“
„Nein. Ich reise als französischer Major.“
„Und wir?“
„Als meine Diener.“
Frau Richemonte blickte ihm erstaunt, ja betroffen in das Angesicht.
„Als – Ihre Diener?“ fragte sie.
„Ja.“
„Sie scherzen.“
„Es ist im Gegenteil mein völliger Ernst. Männerkleidung müssen Sie anlegen, weil bereits morgen früh, sobald man Ihre Flucht bemerkt, überall nach zwei Damen geforscht werden wird.“
„Welch ein Fall.“
„Welch
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