56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
Mutter neben ihr sitzen. Sonst war niemand zu sehen.
„Pst. Keinen Laut der Überraschung!“ warnte er leise.
Nun erst stieß er die Tür vollends auf und trat ein. Margots bleiche Wangen röteten sich, und ihre bisher matten Augen blitzten auf vor Freude.
„Hugo!“
Bei diesem Wort streckte sie ihm beide Arme entgegen. Er trat heran zu ihr, und da schlang sie die Arme um seinen Nacken und zog ihn zu sich nieder, so daß seine Wange an ihre Brust zu liegen kam.
„Mein Gott, was wagen Sie!“ sagte ihre Mutter im Flüsterton. „Es steht ein Posten vor der Tür.“
„Tritt er ein?“ fragte er.
„Er hat es noch nicht getan; aber er kann es in jedem Augenblick versuchen.“
„Das wollen wir ihm unmöglich machen.“
Er befreite sich leise aus der Umschlingung der Geliebten, glitt nach der Tür hin und schob den Innenriegel vor.
„Wenn man es merkt, daß wir verriegelt haben, wird man doppelt mißtrauisch sein“, bemerkte die Mutter.
„Das schadet nichts“, antwortet er. „Bevor Sie öffnen, bin ich längst wieder verschwunden.“
„Wohin, mein Hugo?“ fragte Margot.
„Hinauf auf das Dach.“
„Bist du dort sicher?“
„Vollständig. Der brave Florian wacht über mich. Aber sage mir, mein Leben, wie du dich befindest.“
„Ich war sehr matt; jetzt aber bin ich wieder sehr stark“, antwortete sie mit einem glückseligen Lächeln in dem schönen Gesicht.
„Hast du Schmerzen?“
„Die Wunde fühle ich nicht; doch um dich habe ich Wehe.“
„Um mich? Warum?“
„Daß du um meinetwillen solche Beleidigungen und Kränkungen zu erdulden hast. Du warst so stark, so gut und kühn, und zum Dank dafür trachtet man dir nach dem Leben.“
Er nahm ihr Köpfchen an seine Brust, blickte ihr tief in die Augen und sagte im innigsten Ton:
„Ein Wort, ein Blick von dir macht das alles wieder gut.“
„Hast du mich wirklich so lieb?“
„Ja, unendlich!“
„Und ich dich ebenso. Darum ist mir so bange um dich, mein Hugo. Wenn man dich ergreift, so bist du verloren.“
„Habe keine Angst! Man wird mich nicht ergreifen.“
„Ich hoffe es; denn du wirst dich hier verbergen, bis der Weg frei ist.“
„Leider ist mir dies unmöglich, meine Margot.“
„Warum?“
„Weil ich diese Nacht wieder fort muß.“
„Mein Gott, wie gefährlich! Hugo, ich lasse dich nicht fort.“
Sie umschlang ihn fester als bisher mit ihren Armen.
„Und dennoch wirst du mich sofort fortlassen, wenn ich dir sage, daß die Pflicht mich dazu zwingt.“
„Diese böse Pflicht, von welcher ihr Männer doch immer redet. Ist es denn wirklich eure Pflicht, euch aus einer Gefahr in die andere zu stürzen?“
„Zuweilen, ja. Der Mensch ist zu keiner Stunde seines Lebens sicher, und ein Offizier darf dies mit noch größerer Berechtigung von sich sagen. Übrigens gilt es, unserem Freund einen hochwichtigen Dienst zu erweisen.“
„Welchem Freunde?“
„Dem Marschall.“
„Ah, unserem Vater Blücher! Seinetwegen mußt du fort?“
„Ja. Er hat mich ausgesandt, um so viel wie möglich über die Absichten unserer Feinde zu erfahren. Jetzt muß ich schleunigst zu ihm zurück.“
„Hast du etwas erfahren?“
„Ja.“
„Wichtiges?“
„Höchst Wichtiges. Ich habe die sämtlichen Pläne Napoleons belauscht.“
„Mein Gott, welch ein Glück für dich! Ja, dann ist es wahr, daß du zu dem Marschall mußt. Aber mit welcher Gefahr ist das verbunden!“
Und ihr Köpfchen innig an ihn schmiegend, fügte sie hinzu:
„Ich wollte sehr, daß ich sie mit dir teilen könnte.“
Da strich er ihr mit der Hand zärtlich über das reiche Haar und antwortete:
„Wenn dir dieser Wunsch in Erfüllung ginge, mein Leben?“
Sie hob schnell die Augen zu ihm empor und fragte:
„Wie meinst du das, Hugo?“
„Ich meine, ob du, wenn du gesund wärst, den Mut hättest, mich zu begleiten?“
„Oh, den habe ich, ich könnte an deiner Seite den Donner der Schlachten ruhig ertragen. Glaubst du mir das?“
„Ich glaube es, denn du hast es ja bereits bewiesen.“
„Ich bewiesen? Wann und wo?“
„In Paris. Da bist du mir schützend nachgefolgt, als ich überfallen werden sollte. War das nicht mutig?“
„Oh, das war kein Mut, das war nur der Stimme des Herzens gefolgt.“
„Das beweist eben, daß du ein mutiges Herz hast. Also du würdest auch heute die Gefahr mit mir teilen?“
„Oh, wie gern.“
„Aber du bist krank. Du bist zu schwach.“
„Wenn es notwendig wäre, würde ich schon stark dazu
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