58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien
sagte dann:
„Es scheint nur eine Ohnmacht zu sein. Lassen Sie uns allein, Messieurs. Ihre Hilfe wird auch anderweitig gebraucht.“
„Das ist wahr. Kommen Sie!“ sagte Fritz.
Sie eilten der Schreckensstelle zu. Es war ein Anblick des Grauens. Die Lokomotive hatte sich tief in die Erde gewühlt. Sie zischte, dampfte und ächzte noch jetzt wie ein sterbender Drache, der seine Wut gefesselt fühlt. Die Körperteile des Heizers und Maschinisten lagen in der Nähe, fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
Auch in und bei den Waggons sah es fürchterlich aus. Die Geretteten und nur leicht Verwundeten hatten sich unter den Trümmern mühsam hervorgearbeitet; die übrigen aber waren noch von den Lasten gebannt, die auf ihnen lagen. Die Geretteten und die Leichtverletzten begannen nun die Nachforschung nach den Armen, welche weniger glücklich gewesen waren. Fritz arbeitete mit dem Amerikaner allen voran.
Da blickte er zufällig auf. Von weiter vorn kamen drei Männer gerannt, einer in der Uniform eines Bahnwärters, die beiden anderen in Zivil.
„Monsieur“, raunte er dem Amerikaner zu, „jedenfalls sind das die beiden.“
„Ja, sie müssen es sein. Wir nehmen sie fest.“
„Aber auf frischer Tat.“
„Wieso? Die Tat ist vorüber und wird ihnen wohl kaum bewiesen werden können, wenn Sie sie nicht genau zu rekognoszieren vermögen.“
„Ihre Gesichtszüge habe ich nicht gesehen; aber dennoch werden wir sie überführen.“
„Auf welche Weise?“
„Haben Sie den Mut, den Toten zu spielen?“
„Das wäre nicht schwer; aber der Messerstich, der Griff an die Gurgel.“
„Pah! Ich werde sie scharf überwachen.“
„Gut! Dann habe ich Ihren Plan verstanden und bin bereit, ihn mit auszuführen.“
„Nehmen Sie vorher die Wertpapiere aus der Brieftasche.“
„Das ist nicht nötig. Diese teuflischen Schufte haben sich getäuscht. Meine Papiere haben nur in meinen eigenen Händen Wert. Selbst wenn ihnen der Coup gelungen wäre, hätten sie keine Centime erhalten.“
„Dann also rasch! Sie sind vorn bei der Lokomotive, Sie aber, Monsieur, dürfen von ihnen vorher nicht bemerkt werden.“
„Wohin aber?“
„Hier ist dieses Coupé erster Klasse. Es ist ziemlich demoliert. Ich bedecke den Körper mit den Trümmern; so bemerkt man nicht, daß Sie unverletzt sind. Durch das Lampenloch von oben beobachte ich die Kerls. Tut einer etwas nur im geringsten bedrohliches für Sie, so schieße ich ihn mit dem Revolver über den Haufen. Also hinein!“
Der Amerikaner kroch in das arg beschädigte Coupé, und Fritz bedeckte ihn mit den Trümmern, so daß nur der Kopf und ein Teil des Oberkörpers zu sehen war.
„So! Warten Sie“, sagte er dann. „Jetzt hole ich vorerst noch einen Zeugen.“
Der Oberschaffner war unbeschädigt geblieben. Er leitete jetzt die Rettungsarbeit, während man die Hilfe erwartete, nach welcher gesendet worden war. Fritz näherte sich ihm und gab ihm einen Wink, abseits hinter einen umgestürzten Waggon zu kommen, wo sie von den beiden zukünftigen Franctireurs nicht beobachtet werden konnten.
„Was wünschen Sie?“ fragte der Beamte.
„Wollen Sie die Verbrecher haben, welche diesen Unfall hervorbrachten?“
„Herr, wenn Sie die mir verschaffen könnten!“
„Sie sind hier.“
„Hier? Unmöglich!“
„Und doch! Es ist keine Zeit zu langen Auseinandersetzungen; hören Sie nur kurz folgendes: Ich belauschte gestern im Wald zwei Männer, welche davon sprachen, daß mit diesem Zug ein Amerikaner komme, welcher ein Vermögen in seiner Brieftasche trage, Sie wollten ihn ermorden – nach seiner Ankunft in Thionville, wie ich vermutete. Ich fuhr ihm entgegen, um ihn zu warnen. Ich traf ihn. Aber diese Schurken hatten einen anderen Plan, als ich erraten konnte. Sie ließen den Zug entgleisen und sind jetzt gekommen, scheinbar, um Hilfe zu leisten, in Wirklichkeit aber, um den Amerikaner zu suchen und ihm noch rechtzeitig die Brieftasche abzunehmen.“
„Ah, wir werden sie bedienen. Wo ist der Herr?“
„Er hat sich dort in das Coupé erster Klasse gesteckt, um den Toten zu spielen.“
„Ich muß ihn sehen.“
Der Beamte trat zu dem Amerikaner und bat, das Taschentuch sehen zu dürfen. Deep-hill zog es hervor und reichte es ihm hin.
„Gut“, meinte der Oberschaffner. „Jetzt kenne ich es. Wollen sehen, ob sie die Probe bestehen.“
„Aber warten Sie noch einen Augenblick“, bat Fritz. „Ich muß auf den Wagen, um zu verhindern, daß sie ihn töten.“
„Das
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