59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan
Besen aus dem Schloß fegen, wenn sie sich nicht fügen.“
Er ging.
„Herrgott“, sagte Ella. „Großpapa, was fangen wir an?“
„Kommt schnell nach meiner Bibliothek. Bringt Wasser und Speisen! Schnell, schnell!“
Die Diener sprangen, während der Graf hinauseilte, um die starke Korridortür zu schließen und zu verbarrikadieren. Der wackere Melac hatte dasselbe auch mit der großen Eingangstür getan, sobald Berteu hinaus in den Hof getreten war. Als dann Einlaß begehrt wurde, waren genug Vorräte zusammengetragen worden, um eine kleine Belagerung aushalten zu können.
Melac hatte seine Frau und seine Enkelin mit nach oben genommen, dabei aber – Martin vergessen.
Jetzt hatten die Franctireurs ihre Beratung beendet. Sie klopften unten an. Als nicht geöffnet wurde, begannen sie Gewalt anzuwenden.
Der Graf stand oben an einem dunklen Fenster und sah hinab, ohne daß man ihn von unten bemerken konnte.
„Wahrhaftig, das sind wenigstens dreihundert Mann“, sagte er. „Man wird uns zu tun geben.“
„Großpapa, du willst dich doch nicht wehren“, bat Ella in größter Besorgnis.
„Warum nicht?“
„So wenige gegen so viele!“
„Kind, wir dürfen uns nicht freiwillig ergeben. Ich bin Offizier. Ich sterbe lieber, als daß ich mir von diesem Berteu Befehle erteilen lasse.“
„Ja, wir verteidigen uns“, sagte Marion kaltblütig. „Geben Sie mir ein Gewehr, Exzellenz!“
Jetzt hatten die Franctireurs unten den Eingang demoliert. Sie drangen in das Schloß und die Treppe empor. Hier begannen sie die verschanzte Tür zu bearbeiten. Da ertönte von innen die Stimme des Grafen:
„Weicht zurück! Wir werden uns verteidigen.“
Ein neuer Kolbenstoß war die Antwort. Die Tür erzitterte unter den Stößen. Da aber krachte im Innern ein Schuß. Die Kugel durchschlug die Türe und verwundete einen der Franctireurs am Arme.
„Donnerwetter! Ich bin getroffen“, schrie er laut, indem er schleunigst zurückwich.
Die anderen folgten. Aber die hinteren drängten vor, und ganz hinten befahl Berteu:
„Zerschlagt die Tür! Wir müssen hinein.“
Einige Beherzte gehorchten diesem Ruf. Kaum aber hatten sie ihre Arbeit begonnen, so krachten mehrere Schüsse, und abermals wurde einer verwundet.
Sich niederschießen zu lassen, dazu waren diese Menschen freilich nicht hierher gekommen. Sie zogen sich zurück und begannen Beratung zu halten.
„Der Graf hat mich getroffen“, meinte der zuerst Verwundete. „Blut um Blut.“
Der andere Blessierte stimmte bei. Andere waren dagegen. Da sagte Berteu:
„Unsinn! Warum wollen wir das Leben riskieren? Dieser alte General hat da oben ein ganzes Zimmer voller Waffen. Wir hungern sie aus!“
„Dann sitzen wir in vierzehn Tagen noch da“, sagte ein stämmiger Schmied. „Laßt mich nur machen! Wir müssen ganz ruhig sein, damit sie denken, daß wir den Angriff aufgegeben haben. Dann aber rennen wir mit einem gewaltigen Stoß die Tür in Stücke.“
Er ging mit noch einigen anderen nach dem Ökonomiegebäude. Bereits nach kurzer Zeit brachten sie zwei Pflugschare geschleppt. Die kräftigsten Männer wurden ausgewählt, und dann ging man ans Werk. Während das Gros der Franctireurs vor dem Schloß lärmen mußte, um die Aufmerksamkeit der Belagerten auf sich zu ziehen, schlichen sich diese Leute leise bis zur Tür. Es gab einen fürchterlichen Krach; die Tür, für solche Angriffe nicht gefertigt, prasselte auseinander. Der eine Flügel war aus den Angeln gerissen worden und fiel in den Korridor hinein.
Zwar gaben die Belagerten sofort einige Schüsse ab, welche aber nicht trafen, da die Stürmenden zur Seite gesprungen waren und man überhaupt die Vorsicht gebraucht hatte, kein Licht zu verwenden. Ein Zielen war also dem General unmöglich.
Aber kaum, daß er seine Schüsse abgegeben hatte, drangen die Franctireurs zur Treppe wieder empor und drückten ihre Gewehre aufs Geratewohl ab. Die Kugeln pfiffen in den Korridor, trafen aber nicht, weil derselbe schleunigst geräumt war.
Unter lautem Jubel drangen die Franctireurs ein. Der Graf hatte mit seinem Scharfblick erkannt, daß mit so wenigen Personen eine ganze Zimmerreihe nicht zu halten sei. Darum hatte er, während er im Korridor den Eingang verteidigte, den Befehl gegeben, die Waffen und Nahrungsmittel nach zwei Turmzimmern am Giebel zu bringen. Dies geschah, und dorthin zog auch er sich schnell zurück. Die Tür wurde verschlossen und so gut wie möglich verrammelt. Draußen kamen die Franctireurs
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