595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)
sprechen mir die erste Runde zu.
»Auf der Rückfahrt bin ich ins Grübeln gekommen. Wie lange will ich meinen Körper eigentlich verkaufen?« Sie trinkt einen Schluck. »Versteh mich nicht falsch. Ich habe mich nicht in dich verliebt, ich sehe nicht meinen Jackpot in dir.«
K.O. in der zweiten Runde.
»Ich muss entscheiden, ob ich aussteige. Das kann ich nicht in meinen eigenen vier Wänden und noch viel weniger in Gudruns Etablissement. Darf ich vierzehn Tage bei dir wohnen?«
Wie Rocky Balboa erhebe ich mich von einem normalerweise tödlichen Niederschlag, wanke durch den Ring und signalisiere dem Arzt, dass ich bereit bin, weiterzukämpfen.
»Vierzehn Tage?«, vergewissere ich mich.
»Ich weiß, das ist lang. Sobald ich dich nerve, setzt du mich einfach vor die Tür.«
»In den nächsten zwei Wochen erwarte ich eh keinen anderen Besuch«, sage ich schnell. Irgendwie muss ich sie zwar vor meinem Todesrendezvous aus der Wohnung komplimentieren, aber die Aussicht auf menschliche Gesellschaft beflügelt mich. Vielleicht lässt sie sich sogar einspannen, um Noah und Katharina zu helfen.
»Diesmal stecken in meinen Koffern keine Arbeitsutensilien«, warnt sie mich.
»Dann sollten wir dafür sorgen, dass deine Kleidung nicht verknittert.« Ich schlürfe meinen Kaffee aus. Danach laufe ich ins Schlafzimmer, um Platz in meinem Kleiderschrank zu schaffen.
Als ich sie beim Einräumen ihrer Sachen beobachte, erfüllt mich ein Gefühl vollkommener Zufriedenheit.
Ich bin nicht mehr allein. Endlich nicht mehr allein!
***
Arabella steht vor dem Wohnzimmerregal, in dem meine DVD-Sammlung untergebracht ist.
»Sind die Filme nach einem System geordnet?«, erkundigt sie sich.
Ich trete zu ihr und schiebe sie sanft mit meiner Hüfte beiseite. »Nach dem bestmöglichen aller Systeme. Eine Mischung aus Kauf- und letztem Nutzungsdatum.«
»Also willkürlich ins Regal geworfen. Männer! Ich habe meine DVDs nach Genres sortiert.«
Überrascht sehe ich sie an. »Für so spießig hätte ich dich nicht gehalten.«
»Ordentlichkeit hat mit Spießigkeit nichts zu tun.«
Ihr rechter Zeigefinger fährt über die Hüllenrücken, ich hingegen suche per Augenscanning nach einem ganz bestimmten Film. Als ich ihn entdeckt habe, stoppt ihr Finger zeitgleich genau dort und zieht die DVD aus dem Stapel. Plötzlich ist mir das kitschige Cover der Disney-Produktion peinlich. Ich spüre, wie mir die Röte ins Gesicht schießt.
Mit in die Höhe gezogenen Augenbrauen hält sie mir die Hülle entgegen. Wahrscheinlich wundert sie sich, warum ich einen solchen Schmachtfetzen besitze. Natürlich könnte ich mir nun eine passable Ausrede einfallen lassen. Spontan kommen mir folgende Varianten in den Sinn:
- den hat meine Ex bei mir vergessen,
- das ist das Geschenk einer Grundschülerin, die mir aus Dank für meine Bücher ihre Lieblings-DVD geschickt hat,
- die habe ich aufgrund der Teilnahme an einem Preisausschreiben erhalten, bei dem ich eigentlich einen Flachbildfernseher gewinnen wollte.
Dann jedoch komme ich zu der Erkenntnis, dass ich mich zu meinen Vorlieben bekennen und nicht verbiegen sollte. Schon gar nicht kurz vor meinem Ableben.
»Na und?«, sage ich eine Spur zu gereizt. »Der ist total schön. Außerdem stehe ich auf Amy Adams.«
Obwohl das nicht möglich erscheint, wandern ihre Augenbrauen ein weiteres Stück hoch. Es fehlt nicht viel, dann berühren sie den Haaransatz.
Um ihr ein Kontrastprogramm zu bieten, greife ich zu einem Actionfilm. Ehe ich ihn herausziehen kann, schlägt sie mir auf die Finger.
»Einer meiner Lieblingsfilme«, gesteht sie augenzwinkernd, auf die DVD in ihrer Hand deutend.
»Echt?«
Zum Beweis singt sie ein Lied aus dem Streifen und tanzt wie die Hauptdarstellerin.
»Ich hätte mehr Lust auf den hier«, entgegne ich und präsentiere ihr einen Actionblockbuster, dessen rotes FSK-18-Logo wie eine Warnung vor dem rauen Kerl in mir wirkt.
»Glaub ich dir nicht«, antwortet sie schelmisch. »Schamesröte steht dir übrigens gut.«
Je romantischer die Handlung wird, desto näher rückt sie an mich heran. Als die Märchenprinzessin Giselle und der Scheidungsanwalt Robert auf einem Kostümball miteinander tanzen und es zwischen ihnen extrem knistert, lege ich meinen Arm um sie. Sie nutzt dies, um sich an mich zu schmiegen.
»Kannst du tanzen?«, fragt sie.
»Für eine Frau wie dich würde ich es lernen.«
Sie sieht mich kurz an, streckt ihren Nacken und drückt mir einen Kuss auf die Wange,
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