595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)
Redeschwall nicht.
Obwohl es kein typisches Wetter dafür ist, laden sie mich anschließend zum Waffelessen ein. Während seine Mutter mit Backen beschäftigt ist, sitze ich mit Noah im Wohnzimmer, das gleichzeitig als Katharinas Schlafzimmer dient. Er erklärt mir beim Kartenspiel, dass sich in einem der Schränke ein Bett befindet. Der ganze Raum ist zweckmäßig eingerichtet und mit Pflanzen, von denen es bei mir nicht eine einzige gibt, liebevoll dekoriert.
Nach einer Weile trägt Katharina einen Teller voller Waffeln und einen Becher Vanilleeis auf den Balkon. Bei dem Geruch knurrt uns der Magen, wir lassen die Spielkarten fallen und folgen ihr.
Die Waffeln schmecken herrlich. Sie hat so viele zubereitet, dass eine weitere Nahrungsaufnahme für den Rest des Tages überflüssig erscheint. Nachdem ich das letzte Stück vertilgt habe, seufze ich pappsatt.
Schließlich neigt sich dieser Tag nach einigen Brettspielen dem Ende zu. Zunehmend verdunkelt sich der Himmel, in weiter Ferne donnert es bereits. Also begeben wir uns in die Wohnung, wo Katharina einen Salat zubereitet und ein paar belegte Brote macht. Nach dem Essen wird es Zeit, mich zu verabschieden.
»Das war ein Superwochenende«, bedanke ich mich bei ihnen. »Hat mir viel Spaß gemacht.«
»Uns ebenso«, bestätigen sie mir.
»Kommst du morgen nach der Schule zu mir?«, erkundige ich mich bei Noah.
Er sieht seine Mutter an, die lächelnd nickt.
»Na klar«, jubelt er. »Dann können wir wieder Frisbee spielen.«
Fast im gleichen Moment donnert es genau über dem Haus, zeitgleich setzt prasselnder Regen ein.
»Mist!«, flucht Katharina. »Die Balkonmöbelpolster sind noch draußen!«
»Meine auch!«, erinnere ich mich. »Wir sehen uns morgen!«
Leicht enttäuscht wegen dieses abrupten Abschiedes haste ich nach unten, schließe die Tür auf und renne zum Balkon. Sturm peitscht den Platzregen Richtung Stuhl. Obwohl ich nur wenige Sekunden im Freien bin, werde ich nass. Mit einem Sprung rette ich mich ins Innere. Kaum habe ich alle Fenster geschlossen, klingelt es bei mir.
»Hereinspaziert!«, rufe ich fröhlich, als ich meine Wohnungstür schwungvoll im Glauben öffne, Noah würde noch etwas Zeit mit mir verbringen wollen. Stattdessen steht eine völlig durchnässte Arabella vor mir. Trotz ihres weißen T-Shirts, das bestens geeignet wäre für eine Wahl zur
Miss Wet-Shirt
, strahlt sie zum ersten Mal überhaupt keinen Sex-Appeal aus. Sie wirkt einfach nur unendlich traurig.
Spielsucht
»Du bist ja klatschnass. Komm schnell rein!«
Ich führe sie ins Badezimmer und nehme ein großes Badehandtuch vom Halter. Dabei fällt mir auf, dass sie zittert. »Zieh deine Klamotten aus.«
Mit ausgebreitetem Handtuch beobachte ich sie, wie sie sich aus den Kleidern schält. Obgleich ich wieder einmal ihren traumhaften Körper betrachten darf, regt sich nichts bei mir. Sobald sie nackt ist, wickle ich sie in den Frotteestoff ein. Ihre Kleidung werfe ich vorläufig in die Duschkabine. Danach reiche ich ihr den Föhn.
»Hier!«
Seltsam abwesend nimmt sie ihn entgegen.
»Möchtest du einen Kaffee?«
Arabella nickt, macht aber keinerlei Anstalten, das Gerät zu benutzen. Ihr muss etwas Furchtbares widerfahren sein. In meiner Fantasie sehe ich einen gewalttätigen Freier, der sie misshandelt hat. Doch an ihr waren mir weder blaue Flecken noch Wunden aufgefallen. Ich stöpsle den Föhnstecker in die Steckdose und schalte den Haartrockner in ihrer Hand ein. Dann verlasse ich das Bad, um den Kaffee aufzusetzen.
»Du bist so lieb zu mir«, sagt sie ein paar Minuten später. Sie hat sich inzwischen in eine Bettdecke gekuschelt und pustet nachdenklich in ihre Tasse. »Ich möchte dir das Geld zurückzahlen.«
»Quatsch«, murmle ich, da letztlich die Kreditausfallversicherung unser erstes Wochenende bezahlen wird. »Was ist mit dir passiert? Du siehst schrecklich aus.«
Irgendwie schafft sie es, ihre Lippen zu einem gequälten Lächeln zu verziehen. »Das hat bislang kein Mann zu mir gesagt.«
»Du weißt, wie ich es meine.«
Sie trinkt einen Schluck der heißen, anregenden Flüssigkeit. »Gudrun ist mir passiert«, wispert sie schließlich so leise, dass ich Mühe habe, sie zu verstehen.
»Die Puffmutter?«, hake ich nach.
Nun lacht Arabella aus vollem Herzen. »Ja, die Puffmutter! Tatsächlich behandelt sie uns Mädchen wie eine liebevolle Mutter, die wir fast alle nicht hatten.«
»Was hat sie getan?«
»Sie ist spielsüchtig. Nach Poker. Das wissen
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