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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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welcher kam.
    Brandt ahnte, was kommen werde. Er wollte sich kein Wort entgehen lassen. Wer weiß, in welcher Gefahr sich das schöne, liebe Mädchen befand. Darum beschloß er, sich den beiden unbemerkt noch mehr zu nähern. Da ihm aber Stock und Ränzchen dabei hinderlich waren, legte er beides ab. Dann duckte er sich zwischen die Büsche nieder und kroch so weit vorwärts als möglich war, ohne bemerkt zu werden.
    „Du hier?“ fragte Franz, sich überrascht stellend. „Wie kannst du dich so tief in den Wald wagen, Alma! Du darfst den Paschern und Wilderern nicht trauen, nachdem dein Vater ihre Rache herausgefordert hat.“
    „Du wagst ja ganz dasselbe“, entgegnete sie kalt.
    „Das ist etwas ganz anderes. Übrigens ist es gut, daß ich dich treffe. So kann ich dir sagen, daß soeben Hellenbach, dieser Schurke, angekommen ist.“
    „Schurke?“ fragte sie erstaunt. „Hellenbach ist ein Ehrenmann!“
    „Ein Ehrenmann“, lachte er, „der aber dich mir rauben will!“
    Er trat an sie heran, um den Arm um sie zu legen. Sie wich zurück.
    „Wie kommst du mir vor?“ fragte sie, ihn streng anblickend.
    „Das fragst du noch? Ich hörte, daß du mit Hellenbach verlobt bist, und doch bin ich es, der dich tausendmal mehr liebt als er. Ich kann ohne dich nicht leben –“
    „Halt!“ rief sie ihm entgegen, da er sich ihr wieder nähern wollte. „Ich werde nie Hellenbachs Frau werden; deine Liebe aber verbitte ich mir!“
    Er wurde bleich. Seine Augen schienen ihre Gestalt verzehren zu wollen.
    „Warum?“ stieß er erregt hervor.
    „Das sage du dir selbst! Laß mich allein!“
    „Allein?“ rief er. „Nie, niemals! Du sollst vielmehr bei mir sein und mit mir für das ganze Leben. Ich liebe dich, und du bist mein!“
    Er umschlang sie jetzt wirklich und zog sie an sich. Sein Mund suchte ihre Lippen. Sie sträubte sich aus allen Kräften und rief:
    „Laß mich frei, Elender! Ich verachte dich!“
    „Schön! Aber dennoch wirst du mein Weib“, antwortete er. „Ich werde dich zu zwingen wissen!“
    „Womit?“ fragte hinter ihm eine Stimme.
    Alma hatte sich in seiner kräftigen Umarmung kaum mehr zu regen vermocht. Jetzt fuhr er herum. Brandt stand vor ihm.
    „Ah!“ rief Franz von Helfenstein. „Der Polizeispion! Er soll Zeuge sein, daß ich seine Milchschwester küsse! Paß auf, Försterbube!“
    Er wollte seine Worte wahr machen, fühlte sich aber in demselben Augenblick bei der Brust gepackt und von Alma losgerissen.
    „Mensch, wollen Sie fort – oder hier hinunter?“ fragte Brandt.
    Der Baron sah den drohenden Abgrund, auf welchen Gustav deutete, wußte, daß er dem Polizisten an Kraft nicht gewachsen sei.
    „Gut!“ stieß er knirschend hervor. „Bleibt ihr allein! Wir rechnen noch ab!“
    Er tat so, als ob er gehe, kehrte aber hinter den Büschen zurück, um sie zu belauschen. Dort erblickte er Brandts Ränzchen. Einer augenblicklichen Eingebung zufolge öffnete er dasselbe. Es enthielt unter anderem auch ein Rasieretui mit zwei scharf geschliffenen Messern. Sein Gesicht nahm unter einem diabolischen Gedanken einen triumphierenden Ausdruck an. Er steckte das eine der Messer zu sich und verschloß das Ränzchen. Dann hörte er Alma sagen:
    „Welch ein Glück, daß du dazwischen kamst, mein lieber Gustav. Ich muß dich für diese Errettung mit einem Kuß belohnen.“
    Sie hielt ihm ihre rosigen, schwellenden Lippen entgegen, und er küßte sie. In diesem Augenblick erschien von der Seite des Schlosses her – der Hauptmann von Hellenbach. Er war Zeuge des Kusses und rief:
    „Alle Teufel, was geht hier vor! Welcher freche Mensch wagt einen solchen Angriff gegen meine Braut! Zurück, Elender!“
    Er holte aus und traf Brandt mit der Faust, erhielt aber sofort einen Gegenhieb, so daß er zur Erde stürzte. Er wollte sich aufraffen und wieder auf Brandt werfen; dieser aber erfaßte ihn, hielt ihn mit überlegener Kraft gepackt und sagte:
    „Herr Hauptmann, ich bin der Bruder der gnädigen Baronesse. Soll ich einen Offizier mit Ohrfeigen traktieren? Gehen Sie! Ich werde die Dame heimgeleiten und stehe Ihnen dann zur Verfügung!“
    Hellenbach war blutrot im Gesicht, zwang sich aber zur Ruhe und sagte:
    „Gut! Ich eile, den Baron zu benachrichtigen. Sie aber werden mir blutige Satisfaktion geben müssen!“
    Franz von Helfenstein sah ihn forteilen.
    „Ah, nun muß auch ich fort!“ murmelte er. „Jetzt weiß ich, was ich tue. Ich werde mich rächen und glanzvoll siegen. Morgen habe ich

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