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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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munkelt!“
    „Was denn?“
    „Das Sie Pascher sind!“
    „Na, Sie können mir nicht mehr schaden, und da will ich es ja gestehen. Ein wenig herüber und hinüber machte ich, aber nicht von Bedeutung. Ihnen kommt dies heut zustatten. Wir haben es nämlich weg, uns zu verändern, so daß uns niemand kennt. Das ist aber auch sehr nötig, sonst stäken wir schon längst da, wohin man Sie heut bringen wollte. Aber hier sind wir nun fertig. Jetzt geht es nach Annendorf.“
    „Warum dorthin?“
    „Weil ich da einen Vetter habe, welcher mir Pferd und Wagen borgen wird. Wir fahren nach Hause. Vielleicht kommen wir auf diese Weise dort eher an als die Gendarmerie.“ –
    Es war gegen Mittag desselben Tages, da saß Alma von Helfenstein bei der Frau des Bahnhofsinspektors. Diese Dame hatte sich ihrer angenommen, als sie in Ohnmacht gefallen war, und ihr ein Zimmer angewiesen, in welchem sie sich ausruhen und erholen konnte.
    Sie fühlte sich zum Sterben matt. Die Nachricht von dem gräßlichen Tod ihres Bruders war fast ein Todesschlag für sie gewesen. Jetzt nun hatte sie das Bett verlassen, um zu sehen, ob es ihr möglich sei, ihre Schwäche zu beherrschen.
    Sie dachte nicht an die Zukunft; sie dachte nur an Vergangenes. Sie schloß der bürgerlichen, aber herzensguten und gebildeten Frau ihr Herz auf und erzählte ihr alles, was in letzter Zeit auf sie hereingestürmt sei. So erfuhr die Inspektorin, daß sie sich die Schuld an dem Schicksal Brandts beilegte. Sie versuchte, sie zu trösten und aufzurichten.
    Sie waren so mit diesem Thema beschäftigt, daß sie gar nicht bemerkten, daß der Inspektor unter der Tür stand und die letzten Sätze ihres Gespräches gehört hatte. Er machte eine Bewegung der Überraschung, trat zurück, schloß die Tür und öffnete sie dann mit größerem Geräusch.
    Die beiden Damen wendeten sich zu ihm um. Seine Frau kannte seine Eigentümlichkeiten sehr genau. Kaum hatte sie einen Blick auf ihn geworfen, so sagte sie:
    „Was ist geschehen? Du bist entweder erschrocken oder irgendwie ergriffen. Bringst du eine Nachricht?“
    „Vielleicht!“ antwortete er, Alma fixierend.
    „Sie betrifft mich?“ fragte diese sofort.
    „Ja, gnädiges Fräulein.“
    „So reden Sie, Herr Inspektor!“
    Er wurde ein wenig verlegen und sagte dann:
    „Wollen Sie mir sagen, ob Sie Herrn Brandt noch immer für schuldig halten?“
    „Ich habe an ihm schwer gefehlt und gesündigt; heute kann ich es beschwören, daß er unschuldig ist!“
    „Auch ich habe nicht an ihm gezweifelt. Sie müssen wissen, daß wir Freunde sind. Wir kannten uns, als ich noch in der Residenz angestellt war. Ihn betrifft die Nachricht, welche ich bringe.“
    „Ihn? Gott, ist es etwas Gutes oder Schlimmes?“
    „Zunächst muß ich bemerken, daß ich um die allerstrengste Verschwiegenheit bitte. Was ich Ihnen mitteile ist, strenggenommen, eine Verletzung des Dienstgeheimnisses. Nämlich soeben ist eine Depesche angelangt, welche Brandt betrifft.“
    „Was ist's? Was ist's?“ fragte Alma, aufspringend.
    „Geduld, gnädiges Fräulein! Die Majestät hat ihm die Todesstrafe erlassen und –“
    „Ich weiß das bereits!“ fiel sie ungeduldig ein.
    „Und sie in lebenslängliches Zuchthaus verwandelt“, fuhr der Berichterstatter fort.
    „Er wird sich lieber töten, als ins Zuchthaus gehen.“
    „Das sagte man sich auch. Daher hat man ihn heute früh mit dem ersten Zug in das Coupé gebracht, ohne ihm von der Begnadigung ein Wort zu sagen!“
    „Er wird sich töten!“
    „Nein, mein Fräulein, er wird sich nicht töten!“ lächelte der Inspektor. „Denn als der erste Zug in Felsenberg anlangte und der Schaffner das Coupé öffnete, da –“
    „Gott, mein Gott, was werde ich hören!“ unterbrach sie ihn angstvoll.
    „Nichts Schlimmes!“ beruhigte er sie. „Also, als der Schaffner das Coupé öffnete, da lag in demselben – der Amtswachtmeister, welcher ihn transportiert hatte, mit angelegten Handschellen, gefesselt und geknebelt.“
    „Jesus Christus! Und der Gefangene?“
    „War verschwunden.“
    „Gott sei tausend Dank!“ rief Alma, die Hände jubelnd zusammenschlagend. „Er ist frei! Er ist entkommen! Er ist kein Zuchthäusler! Meine Last wird leichter, denn er wird nun Mittel und Wege finden, seine Unschuld zu beweisen und den wirklichen Täter zu entdecken.“
    „Ich hoffe das auch“, meinte der Inspektor ernst. „Für den Augenblick aber befindet er sich in großer Gefahr. Man sucht ihn bereits im ganzen

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