600 Stunden aus Edwards Leben
hat.«
»Woher wissen Sie das?«
»Weil er es mir gesagt hat.«
»Genau. Das ist das Geschenk.«
Dr. Buckley ist eine sehr logische Frau. Sie weiß, wie man die Dinge auf die richtige Art betrachtet.
»Ich verstehe«, sage ich. »Und jetzt sagen Sie mir, warum
Polizeibericht
gut zu mir passt.«
Dr. Buckley hat recht:
Polizeibericht
passt tatsächlich gut.
Sie fragt, wann ich angefangen habe, die Serie zu sehen. Das war 1994. Ich habe durch die Fernsehkanäle gezappt und es auf dem Sender
TV Land
gefunden. Sergeant Joe Friday hat mir sofort gefallen. Auch wenn er eine erdachte Figur ist, ist er der einzige Mensch, den ich kenne, der genauso viel Wert auf Tatsachen legt wie ich. Sergeant Joe Friday interessiert sich für nichts anderes als Tatsachen. Genau so bin ich auch.
Doch Dr. Buckley erklärt, es sei mehr als das. Während die Beziehung zu meinem Vater schlechter wurde, was dann im »Garth-Brooks-Debakel« gipfelte, wurde die Beziehung zum fiktiven Sergeant Joe Friday intensiver. Ich fing an, ihn als den rechtschaffenen Mann anzusehen, den ich in meinem Vater nicht mehr sehen konnte. So erklärt es Dr. Buckley.
»Sergeant Joe Friday wurde vielleicht so etwas wie eine Vaterfigur für Sie«, sagt Dr. Buckley.
Das kommt mir komisch vor.
»Aber Sergeant Joe Friday hat nie geheiratet«, entgegne ich. »Er hatte keine Kinder.«
»Und es gibt ihn nicht wirklich«, sagt Dr. Buckley. »Deshalb ist er ein Symbol. Er ist nicht das wahre Leben. Das war Ihr Vater.«
»Wollen Sie damit sagen, dass ich
Polizeibericht
zu oft sehe?« Es scheint mir unmöglich, dass irgendjemand das kann, aber wenn Dr. Buckley dieser Meinung wäre, müsste ich vielleicht darüber nachdenken. Dr. Buckley ist eine sehr logische Frau.
»Nein, überhaupt nicht«, antwortet sie. »Glauben Sie mir, es gibt weitaus schlimmere Arten, eine halbe Stunde des Tages zu verbringen. Sehen Sie
Polizeibericht
, so viel Sie wollen. Aber Sie haben einen Vater. Vielleicht könnten Sie Sergeant Joe Friday einfach die bösen Buben fangen lassen. Das ist sein Job.«
Dr. Buckley ist eine sehr logische Frau.
Zum Schluss reden wir über Donna Middleton. Ich erzähle Dr. Buckley von der Vereinbarung, die mein Vater mich hat unterschreiben lassen, davon, wie ich Donna weggeschoben habe, als sie mit mir über den Tod meines Vaters reden wollte, und von der Szene in meinem Vorgarten am Sonntag, als ich Donna und Kyle angeschrien habe.
»Sie haben Ihr nichts von dem Dokument erzählt, das Sie unterschrieben haben?«, fragt Dr. Buckley nach.
»Nein.«
»Verstehen Sie dann, warum sie wegen Ihres Verhaltens möglicherweise irritiert ist?«
»Ja.«
Dann erzähle ich Dr. Buckley, dass meine Mutter mit Jay L. Lamb gesprochen hat und die Vereinbarung nicht länger gültig ist und dass meine Mutter stolz auf mich ist, weil ich Freundschaft geschlossen habe.
»Aber ich weiß nicht, was ich denken soll«, sage ich. »Heute Morgen habe ich Donna Middleton gesehen, wie sie in ihr Autoeinsteigen wollte, und ich bin ziemlich sicher, dass sie mich auch gesehen hat. Ich habe ihr zugewunken, aber sie stand einfach nur ein paar Sekunden lang da, stieg dann in ihr Auto und fuhr weg.«
»Sie senden ihr keine besonders klaren Signale, Edward. Zuerst sind Sie ihr Freund und begleiten sie zum Gericht. Dann sind Sie nicht mehr ihr Freund und schieben sie weg. Dann schreien Sie ihren Jungen an. Dann winken Sie ihr zu. Was erwarten Sie, das sie denkt?«
»Ich weiß es nicht.«
»Ich möchte, dass Sie etwas in Erwägung ziehen: Ihre Freundin fühlt sich möglicherweise verletzt, und in Anbetracht dessen, was sie in ihrem Leben schon durchgemacht hat, fragt sie sich vielleicht, ob sie Ihnen vertrauen kann.«
»Das kann sie.«
»Ja, aber im Moment können Sie sie nicht davon überzeugen – nicht nach dem, was alles passiert ist. Ich denke, Sie müssen ihr etwas Zeit geben. Ich denke, Sie müssen sich mit der Möglichkeit vertraut machen, dass sie nicht mehr Ihre Freundin ist. Denken Sie, Sie können das?«
»Ja.« Ich bin traurig. »Ich will es nicht, aber wenn Donna Middleton nicht mehr meine Freundin sein will, werde ich das akzeptieren.«
»Gut. Wir werden später noch darüber reden.«
»Das war eine ganz schön harte Woche für Sie, Edward«, sagt Dr. Buckley dann. »Was werden Sie jetzt weiter tun?«
»Ich weiß nicht. Das, was ich schon immer getan habe. Ein neues Projekt finden.«
»Sonst noch etwas?«
»Nein, ich denke, nicht.«
»Lassen Sie mich offen mit
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