600 Stunden aus Edwards Leben
gebaut.«
»Ein Dreirad. Mit drei Rädern.«
»Okay, ein Dreirad. Auf jeden Fall ist es so, dass diese Menschen Teil Ihres Wirkungsbereichs geworden sind. Und das erhöht die Chance, dass sie auch Raum in Ihrem Unterbewusstsein einnehmen. Verstehen Sie, was ich sage?«
»Ja.«
»Die Träume, in denen Sie nackt sind, drehen sich vermutlich um Verletzlichkeit – um eine unterschwellige Angst, vor Menschen bloßgestellt zu werden. Ergibt das einen Sinn?«
»Ja.«
»Und der mit dem Mann, der Ihre Nachbarin angegriffen hat …«
»Den verstehe ich. Er sitzt wegen mir im Gefängnis. Es ist ein Rachetraum.«
»Ja, das denke ich auch, wobei ich sagen würde, er sitzt wegen sich selbst im Gefängnis. Sehr gute Analyse. Jetzt würde ich gern über Kyle reden.«
»Okay.«
»Was meinen Sie, Edward: Was verbindet Sie mit einem neunjährigen Jungen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Ich möchte wirklich, dass Sie darüber nachdenken.«
»Okay.« Ich hole tief Luft. »Es gefällt mir, dass es mit ihm keine Komplikationen gibt. Es macht mehr Spaß mit ihm. Selbst als er die Garage noch nicht so gut streichen konnte, hatte er Spaß dabei. Und darum hatte ich auch Spaß. Und auf dem Blauen Blitz … das hätten Sie sehen sollen! Er ist überall herumgekurvt und hat gelacht und gejuchzt. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal jemanden gesehen habe, der so viel Spaß hatte.«
»Das ist eine gute Antwort, Edward. Jetzt überlegen Sie einmal, warum Sie mit Kyles Mom mehr Schwierigkeiten haben.«
»Ich weiß es nicht.«
»Sie müssen bedenken: Sie ist nicht neun Jahre alt. Sie ist eine erwachsene Frau, die ganz allein einen Jungen großzieht, und nach dem, was Sie erzählt haben, hatte sie es bisher nicht leicht. Kann man das so sagen?«
»Ja.«
»Das Staunen eines Kindes mag Ihnen gefallen, Edward, aber für diese Frau sind Sie kein Kind. Sie sind ein erwachsener Mann. Und mit erwachsenen Männern hatte diese Frau viele Probleme.«
»Ja.«
»Verstehen Sie, warum sie Ihnen gegenüber misstrauisch war? Als Sie bei ihr auf der Arbeit hereingeplatzt sind und wegen des Jungen ganz aufgebracht waren, haben Sie vermutlich eine Menge schlechter Erinnerungen und Ängste in ihr ausgelöst. Ich weiß, Sie wollten das nicht, aber können Sie es jetzt verstehen?«
»Ja.«
»Nachdem Sie dann die Polizei gerufen und sie gerettet hatten, fühlte sie sich Ihnen mehr verbunden, aber für jemanden, der von Männern so behandelt wurde wie sie, kann es sehr schwer sein, Vertrauen zu fassen.«
»Ja.«
»Gehen Sie behutsam vor, Edward. Verstehen Sie, was ich sage?«
Ich verstehe. Ich verstehe Dr. Buckley besser, als ich es je für möglich gehalten hätte.
Was Joy und die Internetpartnervermittlung angeht, ist Dr. Buckleys Ton weniger ernst.
»Wie ist es dazu gekommen? Ich bin neugierig.«
»Kennen Sie diese Fernsehwerbung von
eHarmony?
Da sehen alle immer so wahnsinnig glücklich und verliebt aus.«
»Na ja, diese Fernsehwerbung will ein Produkt verkaufen. Da werden sie kaum unglückliche oder einsame Menschen zeigen.«
»Denken Sie, an diesen Onlinepartnerbörsen nehmen nur solche Leute teil?«
»Ich denke, es nehmen die unterschiedlichsten Leute daran teil, Edward. Sie müssen sich auf jeden Menschen so einlassen, wie er nun mal ist. Was halten Sie von Joy?«
»Sie ist sehr hübsch.«
»Und sonst?«
»Ihre Grammatik ist grässlich.«
»Ich glaube, ein hoher grammatikalischer Anspruch wäre im Internet ein hoffnungsloses Unterfangen.«
»Ich denke, Sie haben recht.«
»Also, was werden Sie tun?«
»Ich weiß es nicht. Sie hat geschrieben, dass es vielleicht eine gute Idee wäre, sich zu treffen, und ich habe geantwortet, das wäre gut. Seither habe ich nichts mehr von ihr gehört. Was denken Sie, das ich tun soll?«
»Tja, ich habe Ihnen schon immer gesagt, dass es gut für Sie wäre, hinaus und unter Menschen zu gehen. Das wissen Sie. Ich würde Ihnen nur raten, sich zu schützen.«
»Was meinen Sie damit? Kondome?«
Dr. Buckley entfährt ein Prusten. »Tut mir leid … Das war witzig. Ja, sicher, wenn es so weit kommt … Aber ich hoffe, dass das für Ihr erstes Treffen nicht auf dem Plan steht.«
»Nein.«
»Was ich meine, Edward, ist, dass Sie inzwischen wissen, welche Situationen für Sie gefährlich sind. Sie merken es, wenn andere ungute Reaktionen in Ihnen auslösen. Wenn Sie diese Gefahr spüren, gehen Sie. Es gibt viele Fische im Internet.«
Mein übliches Dienstags-Rechtsabbiegen
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