Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
600 Stunden aus Edwards Leben

600 Stunden aus Edwards Leben

Titel: 600 Stunden aus Edwards Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
Vom Netzwerk:
Aktentasche und reiche Dr. Buckley die Ausdrucke.
    Dr. Buckley liest schnell, aber aufmerksam. An verschiedenen Stellen sehe ich, wie sie die Augenbrauen zusammenzieht. Dabei frage ich mich, was sie gerade liest, und hoffe, dass es nicht
meine
Briefe sind.
    »Edward, ich denke, Sie haben etwas über Partnersuche im Allgemeinen gelernt, aber ganz besonders über Partnersuche im Internet«, sagt sie schließlich.
    »Was?«
    »Es kann schwierig sein, den richtigen Menschen zu finden, egal, wie die Umstände sind. Ich will damit nicht darüber urteilen,ob die Partnersuche über das Internet schlechter oder besser ist als auf altmodischem Weg. Aber wie auch immer es sich verhält, Onlinedating unterscheidet sich in einer Hinsicht ganz beträchtlich von herkömmlichen Möglichkeiten, jemanden kennenzulernen.«
    »Und wie?«
    »Es fehlt ein Aspekt des Menschen, den man erfasst, wenn man sich von Angesicht zu Angesicht begegnet. Ich spreche von Schwingungen. Wissen Sie, was ich meine?«
    »Ich glaube, ja. Schwingungen sind schwer zu messen.«
    »Ja, das stimmt. Aber dieses innere Gefühl, das Sie in Gegenwart eines anderen bekommen, ist wichtig. Beim Kennenlernen über das Internet wird das verzögert. Ich sage nicht, dass das grundsätzlich schlecht ist. Aber es passiert. Können Sie mir folgen?«
    »Ja. Ich habe keine guten Schwingungen von Joy-Annette bekommen. Hatten Sie welche, als Sie ihre Mails gelesen haben?«
    »Nein, aber es ist auch nicht so, dass ich sie nicht mag. Ich habe Mitgefühl mit ihr.«
    »Warum?«
    »Sie hat offensichtlich einige Probleme, die über das Thema Verabredungen und auch Sie hinausgehen, Edward. Sie ist nicht glücklich.«
    Das hatte ich nicht bedacht, und jetzt fühle ich mich schlecht, weil ich Joy-Annette gegenüber so feindselige Gedanken hatte. Das war nicht fair.
    »Was haben Sie aus dieser Internetverabredungsgeschichte gelernt, Edward?«
    Ich denke ein paar Sekunden nach, bevor ich antworte. »Ich denke, dass ich es nicht noch einmal machen will. Da ist zu viel Apathie, wenn es schiefläuft.«
    »Aber was, wenn es gut läuft?«
    »Ich weiß es nicht. Das habe ich nicht erlebt. Wollen Sie damit sagen, ich soll es doch noch einmal versuchen?«
    Dr. Buckley schüttelt den Kopf. »Das wollte ich nicht sagen. Das ist Ihre Entscheidung, Edward. Aber Sie haben prinzipiell die Entscheidung getroffen, Menschen in Ihr Leben zu lassen …«
    »Ich kann mich nicht erinnern, eine solche Entscheidung getroffen zu haben.«
    »Na ja, da gab es wohl keinen spezifischen Zeitpunkt. Aber es ist trotzdem passiert. Sehen Sie doch nur, worüber wir sprechen.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Also, wie ich sagte, haben Sie die Entscheidung getroffen, Menschen in Ihr Leben zu lassen. Das bedeutet zum Teil, dass man manchmal enttäuscht wird. Zum anderen bedeutet es aber auch, dass man Spaß haben kann. Es liegt an Ihnen zu entscheiden, ob der Spaß das Risiko wert ist.«
    »Ich schätze, er ist es nicht.«
    »Haben Sie je den Ausdruck gehört: ›Man muss eine Menge Frösche küssen, um den Prinzen zu finden‹?«
    »Ja.«
    »Wissen Sie, was das bedeutet?«
    »Ja, aber Donna Middleton hat gesagt, man müsse am Strand einen Haufen Steine umdrehen, bis man eine Perle findet.«
    »Donna Middleton ist eine sehr logische Frau«, sagt Dr. Buckley.

    Als Nächstes sprechen wir über Donna Middleton und das Chaos gestern im Gerichtssaal. Auf der zweiten Lokalseite des
Billings Herald-Gleaner
gab es dazu heute eine Zeitungsnotiz, und Dr. Buckley sagt, sie habe sie gelesen.
    »Gewalttätige Übergriffe durch Partner oder Familienangehörige sind ein schlimmes Verbrechen«, sagt sie.
    »Ich finde es sehr tapfer von ihr, dass sie sich diesem Mann auf diese Weise stellt«, sagt sie.
    »Das ist es.«
    »Edward, haben Sie mit Ihrem Vater darüber gesprochen?«
    »Ich denke, er wäre nicht glücklich, dass ich jetzt mit Donna befreundet bin.«
    »Das kann sein. Aber ich glaube, er könnte Ihnen gute Ratschläge erteilen.«
    »Er wird mich nur anschreien.«
    »Vielleicht sollten Sie ihm mehr zutrauen. Wir haben schon oft über Ihren Vater gesprochen und wie Sie am besten mit ihm kommunizieren. Was, denken Sie, wäre in diesem Fall die beste Möglichkeit?«
    »Anerkennung.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ich sollte an seine analytischen Fähigkeiten und seinen Beschützerinstinkt appellieren. Wenn ich seine Vernunft und Erfahrung anerkenne, wird er mich am ehesten daran teilhaben lassen.« Ich habe wortwörtlich wiedergegeben, was

Weitere Kostenlose Bücher