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61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: 61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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sich in die Autos, die mit durchdrehenden Rädern schleudernd anfuhren und in einer Schneewolke verschwanden. Reacher sah ihnen nach. Dann schloss er die Haustür. Sein geliehener Parka war zu Boden gefallen. Er hängte ihn wieder auf. Nun hing er ganz allein an dem Garderobenständer.
    Die Sirene heulte weiter.
    Im Haus herrschte jedoch absolute Stille.
    Es blieb weniger als eine Minute lang still. Dann hörte Reacher über das Sirenengeheul hinweg das Rasseln von Schneeketten und das Brummen eines großen Motors im ersten Gang. Er sah durch die Fenstertür des Salons. Helle Autoscheinwerfer. Ein neutraler Crown Vic. Dunkelblau oder schwarz. Im Mondschein schwer auszumachen. Er hielt am Ende der Einfahrt, und Chief Holland stieg aus. Parka, Mütze, Stiefel. Reacher steckte den Revolver hinten in den Hosenbund und zog seinen Pullover darüber. Er trat in die Eingangshalle hinaus und öffnete die Haustür, als Holland gerade die Verandastufen heraufkam.
    Holland wirkte überrascht.
    Er sagte: »Ich wusste nicht, dass Sie hier sind.«
    Reacher erwiderte: »Das ist vernünftiger. Hier gibt es leere Betten, und Kim Peterson braucht keinen Schutz.«
    »War das Andrews Idee oder Ihre?«
    »Meine.«
    »Alles in Ordnung mit Mrs. Salter?«
    »Ihr geht’s gut.«
    »Ich möchte sie selbst sehen.«
    Reacher machte Platz. Holland trat ein und schloss die Tür hinter sich. Janet Salter kam aus dem Salon. Chief Holland fragte: »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    Sie nickte. Dann sagte sie: »Mir geht’s gut. Und ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie gekommen sind. Das weiß ich zu schätzen. Aber Sie sollten wirklich zum Gefängnis fahren.«
    Holland nickte ebenfalls. »Ich bin unterwegs. Aber ich wollte nicht, dass Sie allein sind.«
    »Vorschriften sind Vorschriften.«
    »Trotzdem.«
    »Keine Angst, mir passiert nichts. Mr. Reacher passt bestimmt gut auf mich auf.«
    Holland schaute zu Reacher hinüber. Auf seinem Gesicht standen widersprüchliche Empfindungen – wie auf dem der Uniformierten aus der Eingangshalle. Reacher fragte ihn: »Was ist im Gefängnis los?«
    Holland antwortete: »Eine Massenschlägerei zwischen Schwarzen und Weißen. Ein regelrechter Häftlingsaufruhr.«
    »Der erste überhaupt?«
    »Korrekt.«
    »Idealer Zeitpunkt.«
    »Was Sie nicht sagen.«
    »Okay, was passiert, wenn Sie nicht hinfahren?«
    »Das Department gilt als unzuverlässig, und ich werde entlassen. Über alles andere kann man nur spekulieren.«
    »Dann fahren Sie lieber hin.«
    »Ich will aber nicht.« Eine einfache Aussage. Hollands Tonfall und seine Haltung, während er das sagte, suggerierten Reacher, er denke nicht nur an seine Pflicht Mrs. Salter gegenüber. Er wollte zu Hause bleiben, es gemütlich warm und sicher haben.
    Holland hatte Angst.
    Reacher fragte ihn: »Haben Sie schon mal in einem Gefängnis Dienst getan?«
    Holland sagte: »Nein.«
    »Da ist nichts dabei. Sie halten den Zaun und die Wachttürme besetzt. Versucht jemand auszubrechen, schießen Sie ihn tot. So simpel ist die Sache. Die Häftlinge wissen das auch. Und sie werden’s ohnehin nicht versuchen. Nicht impulsiv, nicht bei diesem Wetter. Sie bleiben lieber drinnen und prügeln sich. Aber das hört irgendwann von selbst auf. Das tut es immer. Sie und Ihre Leute werden sich langweilen und frieren, aber das ist alles.«
    »Haben Sie schon Dienst in Gefängnissen getan?«
    »Ich habe überall gearbeitet. Auch als Personenschützer. Und ich traue mir zu, mindestens so gut wie Ihre Leute zu sein. Also sollten Sie mir Gelegenheit dazu geben. Dabei gewinnen alle.«
    »Ich weiß nicht recht …«
    »Ich kann hier auf Mrs. Salter aufpassen, und Sie können sich um Ihre Leute im Gefängnis kümmern.«
    »Das kann stunden-, ja tagelang dauern.«
    »Tatsächlich sogar wochenlang. Aber wenn das abzusehen ist, können Sie Ihre Leute umgruppieren.«
    »Glauben Sie?«
    Reacher nickte. »Es ist unmöglich, Tag und Nacht alle arbeiten zu lassen. Das wird niemand von Ihnen erwarten. Sobald die erste Panik sich gelegt hat, können Sie etwas flexibler handeln.«
    Holland gab keine Antwort. Draußen verstummte die Sirene mit einem Mal. Sie brach mitten im Anschwellen ab, und absolute Stille trat ein. Völlige Geräuschlosigkeit.
    Reacher sagte: »Das bedeutet vermutlich, dass Sie jetzt alle dort sein sollten.«
    Holland nickte langsam und unsicher. Er sah zu Janet Salter und sagte: »Fahren Sie wenigstens bei mir mit. Ich muss wissen, dass Sie in Sicherheit sind.«
    Janet Salter entgegnete:

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