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616 - Die Hoelle ist ueberall

Titel: 616 - Die Hoelle ist ueberall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Zurdo
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spüren lassen, die man ihm nie hätte vorenthalten dürfen. Doch er wagte es nicht aus Angst, ihn zu verschrecken. Da legte Eugene seinen Kopf an Josephs Brust und umarmte ihn mit einem Arm. Mit der anderen Hand ergriff er die seiner Mutter, die neben ihm lag.
    »Ich verspreche dir, dass ich mich um ihn kümmere«, sagte Joseph und strich Eugene übers Haar.
    Audrey nickte. Sie wollte noch etwas sagen, schaffte es je-doch nicht mehr. Die Kräfte verließen sie. Gleich würde sie die Besinnung verlieren. In der Ferne erblickte sie ein Licht. Sie dachte, ihr erschöpfter Kopf spiele ihr einen Streich, doch dann sah sie es erneut. Es stammte von einem Leuchtturm. In der vorhergehenden Nacht hatte sie ihn nicht bemerkt. Seltsam, wie wir manche Dinge übersehen. Mit den Augen folgte Audrey dem Lichtstrahl, der sich unermüdlich um den Leuchtturm drehte. Jetzt erhellte er die Nacht. Jetzt durften die Schatten zurückkehren. Licht. Dunkelheit. Licht. Dunkelheit.

34
    Boston
    Der Monitor summte leise, dann erschien das Bild. Nach sei-ner letzten Unterhaltung mit dem Wesen hatte Cloister beschlossen, die apokryphen Texte, die ihn derart verstört hat-ten, nochmals zu lesen für den Fall, dass er etwas übersehen hatte. Im Hintergrund lief leise der Nachrichtensender CNN. Eine Reporterin berichtete aus Illinois über den Mord am Inhaber eines Lebensmittelgeschäfts. Die Täter hatten dabei nicht mehr als vierzig Dollar erbeutet – ein geringer Gegen-wert für ein ausgelöschtes Leben. Es folgten die amerikanischen Sportergebnisse und das Neueste vom internationalen Sport. Dann kamen der Wetterbericht und sonstige Nachrichten, je grotesker oder schmerzlicher, desto besser.
    Cloister dachte über die von der Kirche verurteilten Tex-te nach. Allerdings waren seine Gedanken ein wenig wirr. Das Klingeln seines Handys holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Die Nummer des Anrufers kannte er nicht. Er nahm das Gespräch an, doch es hatte sich nur jemand verwählt. Solche Anrufe kamen immer in den unpassendsten Momenten. Andererseits war vielleicht jeder Moment unpassend, wenn jemand einer so ungewöhnlichen Arbeit nachging wie Cloister.
    Da wurde ein Bericht über irgendetwas, was mit Erdnüssen zu tun hatte, abrupt unterbrochen, und der Sender schaltete zum Nachrichtensprecher zurück:
     
    »Soeben erreicht uns eine Nachricht von Fishers Island im Bundesstaat Connecticut. Nach Polizeiquellen hat man dort den Kinderbuchautor Anthony Maxwell, bes-ser bekannt als Bobby Bop, tot aufgefunden. Anscheinend hielt er im Keller seines Hauses mehrere Kinder gefangen. In der Nähe des Hauses hat man außerdem eine schwerverletzte Frau gefunden, die als die Psychiaterin Audrey Barrett identifiziert werden konnte.«
     
    Diese Nachricht schlug wie eine Bombe bei Cloister ein. Als er den Namen Audrey Barrett hörte, sprang er wie von der Tarantel gestochen aus seinem bequemen Sessel auf. Irgendetwas schien sein Herz zu umkrampfen und seinen Herzschlag bis ins Unendliche zu beschleunigen. Er hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.
     
    »In diesem Augenblick macht sich ein Reporterteam nach Fishers Island auf. Sobald wir Näheres wissen, schalten wir dorthin.«
     
    Cloister stellte fest, dass er auf dem Boden kniete, das Gesicht nur wenige Zentimeter vom Fernsehschirm entfernt. Das Handy hatte er noch in der Hand. Er wählte die Nummer des Altenheims.
    »Hier spricht Pater Cloister. Bitte geben Sie mir Schwester Victoria. Es ist dringend.«
    »Mutter Victoria hat sich schon zurückgezogen … Sie ist in ihrem Zimmer.«
    »Bitte sagen Sie ihr trotzdem Bescheid. Es ist sehr wichtig, dass ich mit ihr spreche. Jetzt.«
    Die Nonne, die das Gespräch angenommen hatte, erwiderte nichts. Cloister hörte nur ein leises Klacken, als sie den Hörer auf den Tisch legte. Gewiss hatte sein beunruhigter, dringlicher Tonfall ihr verdeutlicht, dass es sich nicht um ei-nen Scherz handelte.
    »Guten Abend, Pater. Hier ist Mutter Victoria. Was ist geschehen?«
    »Schwester, haben Sie die Nachrichten gesehen?«
    »Nein, ich war in meinem Zimmer und habe gebetet.«
    »Dann schalten Sie sie ein. CNN. Man hat gerade Dr. Barrett gefunden.«
    »Man hat sie gefunden?«
    Nun klang die Stimme der Nonne besorgt. Sie befürchtete das Schlimmste.
    »Offenbar ist sie schwerverletzt, aber am Leben.«
    »Gott im Himmel! Und wie ist das passiert?«
    »Man weiß noch nicht sehr viel. Sie wollen später darüber berichten.«
    »Danke, dass Sie mich angerufen haben,

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