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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hören:
    „Wer ist da?“
    „Assessor von Schubert. Schnell öffnen, schnell!“
    „Gleich, gleich.“
    Der Wachtmeister sputete sich gewiß möglichst, aber es dauerte den beiden doch fast zu lange. Endlich kam er und ließ sie ein.
    „Alles in Ordnung?“ fragte der Assessor, noch im strömenden Regen.
    „Alles, ja alles!“
    „Na, nur erst hinein in Ihre Stube!“
    Als sie dort eintraten, sahen sie, daß der Wachtmeister nur Hose, Rock und Pantoffeln trug, so sehr beeilt hatte er sich, ihnen zu öffnen.
    „Also es ist alles in Ordnung?“ fragte der Assessor.
    „Ja.“
    „Nichts geschehen?“
    „Nein, sonst hätte man es mir gemeldet.“
    „Wer hat die Nachtwache?“
    „Schließer Leistner.“
    „Sind die Pikets richtig abgelöst?“
    „Um zwölf Uhr das zweite. Dann ging ich schlafen. Um vier Uhr wird die dritte Ablösung kommen.“
    „Der Hauptmann soll entflohen sein.“
    „Herrgott!“
    Mehr brachte der brave Mann vor Schreck nicht heraus.
    „Ja, und zwar unter Blutvergießen!“
    „Gott behüte mich!“
    „Führen Sie uns hinauf!“
    Der Wachtmeister brannte eine Laterne an und führte die beiden Herren die Treppe empor, unter welcher Bormann seine Stiefel einstweilen versteckt hatte. Als er oben die Tür aufgeschlossen hatte und nach der Aufsichtszelle blickte, sagte er betroffen:
    „Da hing noch um zwölf Uhr der Rock und die Mütze des Schließers. Sollte er diese Sachen in die Zelle geholt haben!“
    „Wir werden sehen.“
    „Wer hat das Gas zurückgedreht?“
    „Doch wohl nicht der Schließer. Schnell, nachsehen! Der Mann müßte uns hören, selbst wenn er eingeschlafen wäre. Wir sprechen ja laut genug!“
    Der Wachtmeister öffnete die Aufsichtszelle und sagte in hörbar erleichtertem Ton:
    „Dort liegt er! Er schläft. Fast hatte ich ihn im Verdacht, daß er den Gefangenen entkommen gelassen habe, wenn es wirklich wahr ist, daß der Hauptmann fort ist.“
    „Wie, er schläft?“
    „Ja, da.“
    „Und erwacht nicht, wenn wir so laut sprechen? Zeigen Sie!“
    Der Fürst trat in die Zelle. Der Schließer lag auf der Seite. Befour drehte ihn herum.
    „Herrgott!“ rief er aus.
    „Mein Himmel!“ rief der Assessor zugleich mit ihm.
    Sie sahen das fürchterliche Loch in seiner Stirn.
    „Ermordet!“ kreischte der Wachtmeister auf, indem er die Hände zusammenschlug.
    „Schrecklich!“ stieß der Assessor hervor.
    Der Fürst kniete am Lager nieder, zog das Tuch hervor, wickelte den Hammer heraus und hielt denselben an die Wunde.
    „Hier, sehen Sie!“ sagte er. „Mit diesem Hammer ist's geschehen. Er paßt ganz genau.“
    „Also doch?“
    Und der Wachtmeister trat näher und fragte:
    „Wem gehört der Hammer? Von wem haben Sie ihn?“
    „Von einem Gefangenen, den man Ihnen gleich bringen wird. Wo ist der andere Schließer?“
    „In seiner Privatstube, wo er schläft. Soll ich ihn wecken?“
    „Ja. Dauert dieses lang?“
    „Nein. Hier ist die Klingel. Wenn ich ziehe, ist er in zwei Minuten da.“
    „Wecken Sie! Wo lag der Hauptmann?“
    „Nummer acht, Seitenflügel rechts. Ein Piket hält vor seiner Tür.“
    „Vielleicht auch ermordet. Wo heben Sie Ihre Schlüssel zu den Handschellen auf?“
    „Hier“, antwortete der Wachtmeister, nach der Wand deutend, fügte aber erschrocken hinzu: „Himmel, sie sind nicht mehr da! Sie sind fort!“
    „Führen Sie uns nach dem Seitenflügel!“
    Sie schritten den Gang hinab. Bereits als sie die Tür erreichten, vernahmen sie hinter derselben ein lautes Wimmern und Ächzen.
    „Ja, da ist etwas geschehen“, sagte der Assessor. „Schnell, öffnen Sie, Wachtmeister!“
    Dieser letztere zitterte vor Aufregung so, daß er kaum den Schlüssel anzustecken vermochte. Als die Tür geöffnet war, bot sich ihnen ein schauderhafter Anblick. In einer Blutlache lag der Soldat, zu schwach, sich zu erheben, aber doch, wie sich bald zeigte, bei leidlichem Bewußtsein.
    Der Fürst kniete zu ihm nieder und fand die Wunde am Hinterkopf.
    „Hören Sie mich?“ fragte er.
    „Ja“, erklang es matt.
    „Sehen Sie mich?“
    „Nebel.“
    „Wer hat Sie geschlagen?“
    „Schließer.“
    „Sie irren sich!“
    „Nein. Blanke Knöpfe!“
    „Wie war es ihm möglich?“
    „Rief mich hierher. Gefangener fliehen. Gab mir Hieb.“
    Die übrigen Fragen konnte er vor Mattigkeit nicht beantworten. In diesem Augenblick stellte sich der andere Schließer ein, welcher fürchterlich erschrak, als er den Verwundeten erblickte.
    „Ihr Kollege ist ermordet und

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