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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dieser Mann verwundet worden“, sagte der Fürst. „Eilen Sie zum Gerichtsarzt und zum Staatsanwalt. Beide sollen sofort kommen. Der Hauptmann ist entflohen.“
    Der Mann stürzte fort. Die beiden aber gingen mit dem Wachtmeister nach Zelle Nummer acht, welche sie nun freilich leer fanden. Die Ketten hingen an der Wand; die Handschellen waren geöffnet.
    „Also ganz so, wie ich dachte“, sagte der Fürst. „Eilen Sie hinab zu Ihrer Frau, Herr Wachtmeister Lassen Sie sich Essig, Wasser und Leinen geben. Wir werden den Verwundeten verbinden.“
    Er gehorchte. Sie befanden sich noch beim Verband, als es draußen läutete. Der Wachtmeister ging, um zu öffnen. Man brachte Bormann. Obgleich an Händen und Füßen gefesselt, hatte er sich doch so gewehrt, daß es die größte Anstrengung gekostet hatte, ihn in die Droschke zu bringen. Er wurde einstweilen unten festgehalten, bis der Arzt und der Staatsanwalt erschienen waren. Der erstere untersuchte den Verwundeten, verbesserte die Bandage und erklärte, daß es vielleicht möglich sei, ihn herzustellen. Zu dem Schließer geführt, sagte er nach kurzer Untersuchung, daß er nur den Tod desselben konstatieren könne. Dieser sei jedenfalls unmittelbar gleich nach dem Hieb eingetreten. Übrigens sei der Hammer ohne allen Zweifel diejenige Waffe, mit welcher beide Streiche ausgeführt worden seien.
    Jetzt wurde Bormann gebracht und an das Lager des Toten geführt.
    „Sind Sie das gewesen?“ fragte der Staatsanwalt, welchem mittlerweile alles mitgeteilt worden war.
    „Nein.“
    „Sie haben sich aber in diesem Haus befunden?“
    „Nein.“
    „Leugnen Sie nicht!“
    „Glauben Sie, daß ich verrückt bin? Ich bin Flüchtling und soll mich in ein Gefängnis schleichen!“
    „Von wem haben Sie den Hauptschlüssel?“
    „Gefunden.“
    „Den Hammer?“
    „Gefunden.“
    „Die kleinen Schlüssel?“
    „Auch gefunden.“
    „Wo?“
    „Auf der Gasse.“
    „Auf welcher?“
    „Ich weiß nicht, wie sie heißt.“
    „Aber Sie können sie finden?“
    „Nein. Ich bin hier nicht so bekannt.“
    „Seit wann befinden Sie sich in der Residenz?“
    „Seit heute abend.“
    „Wer war der, welcher Sie am Seil emporsteigen ließ?“
    „Ich bin an keinem Seil emporgestiegen. Ich habe mich eingeschlichen, um in einem leeren Zimmer zu übernachten.“
    „Schaffen Sie ihn fort, in die festeste Zelle, und fesseln Sie ihn an Armen und Beinen an!“
    Der Gefangene wurde mehr geschoben und gezerrt als geführt. Die Herren blickten einander fragend an.
    „Daß er entkommen mußte!“ seufzte der Assessor. „Wohin wird er sein?“
    „Vielleicht finden wir eine Spur“, meinte der Fürst. „Herr Staatsanwalt, versäumen Sie keine Minute. Lassen Sie alle Telegraphendrähte spielen. Lassen Sie alle Kavalleriepatrouillen aussenden, gleich mit Anbruch des Tages, und lassen Sie sogar die Feuerwehr die Umgegend nach Spuren durchstreifen. Es muß alles geschehen, ihn zu ergreifen.“
    „Sollte er nicht in der Stadt geblieben sein?“
    „Sicherlich nicht. Ich bin am meisten bedroht. Ich kann mich nur dadurch wahren, daß ich mich anstrenge, seiner habhaft zu werden. Lassen Sie mir deshalb sofort jede Neuigkeit zukommen. Ich werde mich jetzt entfernen, um einiges Licht in das jetzige Dunkel zu bringen.“
    Er verabschiedete sich. Mit ihm gingen Anton, Adolf und Doktor Holm, welche den Gefangenen gebracht hatten. Es war, als ob der Sturm durch die fürchterliche Tat Bormanns zum Schweigen gebracht sei. Seine Wut war vorüber. Er hatte sich in einen steifen Wind verwandelt, und auch der Regen fiel nicht mehr so in Strömen.
    Indem die vier nebeneinander dahinschritten, sagte der Fürst zu Holm:
    „Also, wo sahen Sie die beiden Verbrecher zuerst?“
    „Sie standen unter dem Portal der Kirche.“
    „In der Nähe des Helfensteinschen Palastes?“
    „Ja.“
    „Das gibt mir zu denken. Der Baron hat einen Handkoffer nebst Inhalt gehabt. Wofür?“
    „Hm, wer das wüßte!“
    „Er hat sich an- und verkleiden können, und woher hat er beides bekommen?“
    „Von fremden Leuten nicht.“
    „Nein, keinesfalls.“
    „Seine Bande aber ist gefangen.“
    „Von ihnen hat ihm keiner aushelfen können. Also bleibt nur übrig anzunehmen, daß er daheim gewesen ist.“
    „Kann er das wagen?“
    „Es ist allerdings ein Polizist in seinem Palais stationiert; aber wenn er einen Vertrauten hat, so – hm, ich werde doch einmal nach dem Palast gehen.“
    „Dürfen wir Sie begleiten?“
    „Lieber

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