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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Antwort.
    „Verdammt! Ist er denn nicht mehr da!“ murmelte er.
    Er fühlte mit den Händen nach der Tür, wo der Baron soeben noch gestanden hatte. Es war niemand da.
    „Hauptmann!“ sagte er, ein wenig lauter als vorher.
    Jetzt bekam er Antwort, aber nicht diejenige, welche er erwartet hatte.
    Der Fürst hatte nämlich jenes leichte Räuspern ebenso gehört wie der Baron. Er erkannte, daß dieses alles vor der Zeit verraten könne. Er lauschte, als der Lichtschein so plötzlich wieder erlosch, auf und glaubte ein Geräusch zu vernehmen, als ob im vorderen Zimmer sich der Riegel eines Schlosses leise bewege.
    „Der eine ist fort!“ raunte er Adolf zu, welcher sich neben ihm befand.
    „Nein“, antwortete dieser. „Er steht noch an der Tür.“
    „Ich habe einen Riegel gehört.“
    „Das ist Täuschung. Er wird gleich wieder leuchten.“
    Sie warteten. Sie hörten Bormann flüstern, ohne daß sie ihn verstanden. Dann bewegte er sich nach der Tür zurück, und der Fürst vernahm deutlich das Wort ‚Hauptmann‘. Zu gleicher Zeit aber war der rasche Schritt eines forteilenden Menschen unten hörbar.
    Kurz entschlossen zog der Fürst seine Laterne hervor. Ihr Schein erleuchtete das Zimmer. Bormann drehte sich wieder um. Er glaubte, der Baron befinde sich hinter ihm im Zimmer.
    „Donnerwetter! Der Elendsfürst!“ entfuhr es ihm.
    „Darauf!“ kommandierte der Fürst.
    Jetzt leuchtete auch die Laterne des Assessors auf. Aber Bormann erkannte, woran er war. Er, der riesenstarke Mann, schlug um sich und schüttelte die Angreifer von sich ab, wie ein Löwe die Meute. Er sprach kein Wort, um keinen Lärm hervorzubringen, und eilte durch die Zimmer hinaus in den Korridor. Erst dort gab er wieder ein Wort zu hören:
    „Höllenelement!“
    Er fand die Tür des Barons verschlossen. Der Fürst war hinter ihm hergesprungen und versetzte dem vor Ratlosigkeit einen Augenblick Stutzenden einen Fausthieb an die Schläfe, daß er gegen die Wand taumelte. Da waren auch schon Adolf und Anton bei der Hand, welche Bormann zu Boden rissen. Er hatte die eisernen Schellen an der Hand, ehe er noch einen klaren Gedanken fassen konnte.
    „Einen Knebel!“ befahl der Fürst. „Fesseln an die Füße!“
    Die beiden Diener waren in der Ausführung solcher Befehle gewandt und erfahren. Einige Sekunden – der Gefangene konnte sich nicht mehr bewegen, und im Mund stak der Knebel.
    „Der andere ist doch fort!“ sagte der Fürst, indem er vergeblich an der Tür drückte. „Rasch ein Beil!“
    Anton eilte die Treppe hinab, wo es unten jetzt lebendig wurde, und brachte aus der Küche, in welcher, da sie nach hinten lag, das Licht nicht ausgelöscht worden war, ein Beil herbei. Mit Hilfe desselben wurde die Tür aufgesprengt. Das Zimmer war leer, das Fenster offen, und das Seil hing hinab.
    „Entkommen, entkommen!“ sagte der Fürst. „Wer von Ihnen war es, der sich räusperte?“
    „Ich“, antwortete der Assessor aufrichtig. „Ich konnte es nicht unterdrücken. Es war eigentlich ein Husten, den ich nur mit der allergrößten Anstrengung bezwang.“
    „So hat dieser Mensch seine Rettung Ihnen zu verdanken?“
    „Er ist da hinab?“
    „Ja. Er ist kein gewöhnlicher Pfuscher gewesen, sondern er hat mit einer staunenswerten Geistesgegenwart gehandelt. Ich wiederhole, wenn wir den Hauptmann nicht fest hätten, so würde ich denken, er sei es gewesen.“
    „Können wir ihm denn nicht nach?“
    „Bei diesem Wetter? Bei dem Vorsprung, den er hat? Unmöglich! Er ist uns verloren, wenigstens einstweilen. Hoffentlich aber finden wir noch seine Spur.“
    Das Wutgeschrei Bormanns hatte die Schläfer geweckt. Sie, die nicht das geringste geahnt hatten, kamen erschrocken herbei, um zu erfahren, was geschehen sei. Auch der Wirt fand sich mit seinem Personal ein. Der Fürst trat hinaus in den Korridor und erklärte:
    „Meine Herrschaften, es wurde hier ein Einbruch versucht, aber die Polizei war benachrichtigt worden. Wir haben den Mann ergriffen, und es droht Ihnen keine Gefahr. Ziehen Sie sich in Gottes Namen wieder in ihre Zimmer zurück! Ihre Anwesenheit kann uns nur die Ausübung unserer Pflicht erschweren!“
    Ohne abzuwarten, ob sie seine Weisung befolgen würden, ließ er Bormann in das Zimmer tragen und die Tür verschließen. Der Knebel wurde entfernt, und nun fragte der Fürst:
    „Wer war der andere, der sich bei Ihnen befand?“
    „Niemand!“ grinste der Gefragte.
    „Sie wollen doch nicht sagen, daß Sie allein gewesen

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