66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
der Musikprofessor. Da hat sie am ganzen Tag zu singen und zu deklamieren.“
„Wann sie sich doch zu Tode deklamieren tät!“
„Hör, das sagst nicht wieder, sonst ist's gefehlt mit dir! Ich bin ein alter Kerl, aber eine Hand hab ich auch noch, um dir eine Watschen einzulangen, daß du dir die zweiunddreißig Zähne alle da unten in den Schuchen zusammenklauben mußt.“
„Na, so schlimm war's halt nicht gemeint. Aber daß sie beim Theatervolk bereits wohnt, daß sie nicht nur singt, sondern auch deklamiert, das hätt ich doch nicht dacht, Sepp.“
„Ja, am besten ist's halt, du denkst gar nix. Du hast ja bereits gesagt daß du nimmer an sie denkst.“
„Nun, zuweilen kommt noch so ein kurzer Gedanke, weißt, wann ich es gar nicht merk.“
„So mußt halt besser aufpassen. Es ist nicht gut, wann du Dinge nicht vergessen kannst, die nun doch vergessen sein müssen.“
„Müssen?“
„Ja. Mit euch beiden ist's doch einmal aus.“
„Das ist schon richtig.“
„Also rat dich dir, dich nach einer andern umzuschaun.“
„Gottsakra! Das fällt mir nimmer ein!“
„Warum?“
„Weil ich nicht mag.“
„Willst ledig bleiben?“
„Ja.“
„Das ist nicht gut. Weißt, das seh ich an mir. Wer kein Weib hat, der hat keine Heimat und keine bleibende Stätte, wo er sein Haupt zur Ruhe legen kann. Wann ich eine Frau genommen hätt, so braucht ich jetzt nicht herumzuwandern wie der ewige Jude, der den Herrgott geschumpfen hat. Ich sag's halt noch einmal: Schau dich bald nach einer andern um!“
„Das meinst nicht im Ernst.“
„Es ist mein Ernst. Aber warum sprechen wir von diese Sachen. Aus ist aus! Reden wir von andern Dingen. Bist mal in Wien gewesen?“
„Nein.“
„Nicht bei dem Musikprofessor?“
„Nein.“
„Ich denk, du hast seiner Frauen damals das Leben gerettet!“
„Das ist schon wahr.“
„Hat er dich nicht eingeladen?“
„Nein.“
„Schau, schau! Aber so ist's halt stets. Diese vornehmen Leuteln sind undankbar.“
„Der Professor nicht. Er hat mir viel Geldl angeboten, sehr viel.“
„Und hast's nicht genommen?“
„Nein. Das Geld macht auch nicht glücklich. Was ich brauche, das verdiene ich mir. Und das andere, nun, das muß eben getragen werden. Aber sag, geht sie viel spazieren?“
„Wer?“
„Nun, die Leni.“
„Ach, von der sprichst schon wieder! Nein, sie kommt nicht viel aus. Aber das Theater sieht sie sich an.“
„Und das gefallt ihr sehr?“
„Freilich.“
„Oder kommen Leuteln zu ihr auf Besuch?“
„Ja.“
„Auch Bubn?“
„Hör mal, Anton, Bubn gibt's da gar nicht. Die da kommen, die sind vornehme Herrn.“
„Alle Teufel!“
Er fuhr empor.
„Was hast?“
„Das will ich mir verbitten!“
„Was?“
„Daß solche Schnuderln zu ihr laufen!“
„Was geht's dich an? Du hast ihr ja doch den Abschied geben! Oder etwa nicht?“
„Ja, das ist freilich wahr“, meinte Anton kleinlaut.
„Nun, so geht's dich also auch nix an, wann solche Herren zu ihr gehen.“
„Sind's etwa Kavalleristen?“
„Nein. Soldaten sind's nicht.“
„Das meine ich auch nicht.“
„Kavalleristen sind doch Soldaten!“
„Ach ja! Weißt, ich meine Kavalleriere.“
„Das kenne ich nicht. Du willst wohl sagen Kavaliere?“
„Ja, weißt, solche mit Handschuchern und Zieharmoniehüten und eine Quetschbrillen auf der Nasen. Diese Sorten mein ich.“
„Ja, die kommen zu ihr.“
„Und was wollen die?“
„Das sind ihre Lehrer, oder sie kommen vom König, um nach ihr zu fragen.“
„Kommt der nicht auch selber?“
„Nein.“
„Hm! Hat sie denn bereits was gelernt?“
„Das will ich meinen! Als ich am letzten Mal bei ihr war, da hat sie mit mir eine Probiererei abgehalten. Oh, was für Liederl hat sie da sungen! Eins war dabei, besonders schön; da lauteten die letzten Worte allemal ‚Ihm hat ein goldener Stern gestrahlt‘. Das war eine Pracht und eine Herrlichkeiten! Und nachher hat sie mir noch anderes vorgesungen, weißt, so la la la la la la hinauf und la la la la la la herunter. Auch hoch oben im höchsten Ton ein Trrrrrrrrr und ganz unten wieder ein Brrrrrrr. Es war auch gezeichnet schön. Sie hat trillert wie eine Lerchen. Und weißt, am schönsten ist's gewest, wann sie das Maul hat aufgesperrt, daß der Magen hat beinahe herausgeschaut und nachher hat s' gemacht Lrlrlrlrlrlrlr und nachher wiederum doppelt Llrrllrrllrrllrrllrrllrr. Und dabei hat sie geschnippst und gewippst wie ein Bachstelzerl mit dem Schwanzerl. Ich sag
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