66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
ihn der Fex, indem er ein schlaues Lächeln zeigte.
„So weißt du es also?“
„Ja.“
„Hast du mich vielleicht schon einmal gesehen?“
„Nein.“
„Woher willst du es denn wissen, wer ich bin?“
„Der Wurzelsepp hat mir's gesagt.“
„So ist dieser hier?“
„Ja.“
„Die Plaudertasche!“
„Nein, er ist keine Plaudertaschen. Er hat's mir nur deshalb gesagt, daß ich bei der Überfahrt recht gut acht auf dich geben soll. Und er hätt's mir nicht gesagt, wann er nicht wüßt, daß ich es keinem verraten tu.“
„Das wünsche ich auch. Es soll Geheimnis bleiben. Und vor allen Dingen soll kein Mensch erfahren, daß ich mich heut in so einer Gefahr befunden habe.“
„Na, da kannst dich gut verlassen. Ich bin so still wie ein Karpfen oder eine Schleihen im Teich. Nun aber muß ich fort, sonst machen die andern dennoch ihre Dummheiten.“
„Wie kommst du hinaus?“
„So wie ich hereinkommen bin. Ich tauch unters Wasser und schwimm hinaus.“
„Einen andern Weg gibt's nicht?“
„Nein.“
„So muß auch ich diesen Weg nehmen?“
„Ja. Fürchtst dich etwa? Ich bin bei dir. Brauchst halt keine Sorgen zu haben.“
„Ich schwimme nicht schlecht. Warum aber soll ich nicht lieber jetzt gleich mit?“
„Weil jetzt noch die Stämme draußen vor meiner Kapellen vorüberschwimmen. Da könnt dich einer treffen, und dann wärst mausetot.“
„Aber dich kann doch ebensogut einer treffen!“
„Mich? Da kennst mich nur schlecht. Ich bin im Wasser wie auf dem Kanapee. Mir tut kein gar nix etwas. Wir müssen wegen deiner noch warten, bis das Holz vorüber ist. Nachhero kannst fort, eher nicht. Und wann ich jetzt geh, so komm ich doch gleich schon in einer Minuten wieder. Und damit du etwas zu tun hast, bis ich zurückkehr, will ich dir hier eine gute Arbeiten geben, damit du dir die Zeit vertreibst.“
Er zog einen Stein aus der Mauer und nahm ein kleines, in Wachsleinen eingeschlagenes Paketchen heraus.
„Hier hast!“ meinte er. „Kannst dir eine Zigarre anstecken. Das ist keine, woran zehn Ochsen ziehen müssen, um Luft zu bekommen, sondern es ist eine feine Hoflakaienzigarren, die auch schon der König einmal rauchen kann. Vielleicht sind sie gar aus derer Kisten, aus welcher du selber geraucht hast.“
„So! Woher hast du sie?“
„Das werd ich dir wohl gleich sagen, he? Meinst etwa? Da bist mir zu scharf gebraten! Nein, den Lieferanten kann ich dir nicht sagen, sonst erhalt ich keine mehr. Verstehst mich wohl?“
„Sollte man es denken? Zigarren von mir!“ lächelte der König, indem er das Päckchen öffnete.
„Ja, vielleicht. Gewiß weiß ich's auch noch nicht. Aber kannst mir's halt schon gönnen. Unsereiner will auch einmal einen guten Geruch vor der Nasen haben. Und nun geh ich. Hab keine Angstigkeiten um meiner; ich komm bald wieder. Und wann dich bei dero Nässen frieren sollt, so strample hier so hin und schlag die Armerln zusammen. Das macht warm.“
Er stieg in das Wasser hinab, tauchte unter und verschwand.
Dem König war es ganz eigentümlich zumute. Er fühlte weder Nässe noch Kälte. Seine ganze Aufmerksamkeit war gefangengenommen von dem Abenteuer, dessen Held er gegenwärtig war. Dasselbe wäre wunderbar gewesen für einen gewöhnlichen Mann, wieviel mehr also für einen Monarchen!
Es verstand sich ganz von selbst, daß hier ein Geheimnis obwalte. Warum nannte der Fex diesen unterirdischen Raum seine Kapelle? War derselbe bestimmt zu irgendeiner Art von Andacht?
Der König ergriff das kleine Schächtelchen, welches auf dem Tische lag. Es enthielt Kolophonium. Wozu das? Die Fläche dieses Geigenharzes war nicht glatt; es zeigte deutliche Spuren, daß mit einem Violinbogen darüber hingestrichen worden sei. War der Fex musikalisch? Spielte er hier unten Violine?
Ludwig trat zur Tür. Hinter derselben war es dunkel. Er nahm die Lampe und leuchtete hin. Aber die Zwischenräume der Latten waren so eng, daß kein genügendes Licht durch dieselben dringen konnte.
Jetzt untersuchte er das Schloß. Es war ein altes Hängeschloß; der Fex hatte den Schlüssel abgezogen; es war zu. Aber die eiserne Krampe, in welcher der Bügel des Schlosses hing, schien nicht sehr fest in der halb verfaulten Latte zu stecken. Ludwig rüttelte ein wenig daran, und siehe, die Krampe gab nach; sie war leicht herauszuziehen.
Jetzt konnte der König die Tür öffnen. Aber sollte er? Durfte er? Hatte er ein Recht, in die Geheimnisse seines Retters einzudringen?
Er legte sich diese
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