66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
nix!“
„Das ist freilich pfiffig!“
„Hast mich etwa für unpfiffig kaufen wolln?“
„Nein.“
„Sonst hättst auch nicht zu mir kommen brauchen!“
Jetzt machte er eine rasche Wendung mit der Schulter, blickte dem Mädchen forschend in die Augen und fragte:
„Du denkst, ich habe zu dir kommen wollen?“
„Ja. Bist ja da bei mir!“
„Das wäre schön, das wäre sehr schön von mir! Da wäre ich ja gar nicht wert, daß du mich nur mit einem Auge anschaust.“
„So begreif ich dich nicht.“
„Hast denn nicht gehört, was ich vorhin gesagt hab? Daß ich dem Bären nachgegangen bin?“
„So hast gar nicht eine Zuflucht in meiner Hütten suchen wollen?“
„Nein.“
„Hältst mich für eine Verräterin?“
„Wie könnt ich das, Leni! Du bist das bravste und beste Dirndl weit und breit; wie könnt ich einen derigen Gedanken auf dich haben! Aber grad deretwegen, weil ich weiß, wie gut du bist, und weil ich so große Stücke auf dich halt, ist es mir gar nicht in den Sinn kommen, deine Hütten aufzusuchen. Ich bin verfolgt, und man hat alle Wege besetzt; wer mir ein Obdach gibt, der wird bestraft. Kann ich eine Freude daran finden, grad dich mit ins Unglück zu ziehen? Nein, ich hatte mich droben in den Felsen versteckt. Da kam der Bär, und ich ging ihm nach. Nun hab ich ihm den Garaus gemacht, und werd wieder gehen.“
„Wohin?“
„Das weiß ich freilich nicht. Ich muß halt schauen, wo sie mir ein Loch offen gelassen haben, durch welches ich schlüpfen kann.“
„Das siehst aber doch nicht bei Nacht!“
„Ich wart bis zum Tag.“
„Aber hier bei mir!“
„Nein. Wie leicht könnt jemand kommen. Dann geht es mit über dich hinein.“
„Denke das nicht. Ich kann dich nicht fortlassen. Du bist matt und mußt schlafen. Du hast Hunger und Durst und mußt essen und trinken.“
„So tu ein Übriges und gib mir ein Käs und Brot und ein Wasser. Dann geh ich fort und schlaf droben auf dem Berg.“
„Etwa beim Jäger-Naz?“
„Ist der da oben?“
„Ja, er ging vor dem Dämmern hier vorüber und sagte mir, daß er dich fangen will.“
„Er ist dein Schatz?“
„Der? Mein Schatz? Eher heiratet der Keller die Feueresse!“
„Aber alle Leuten sagen es!“
„Was! Wie können sie das sagen! Wer hat gesehen, daß ich mit dem Naz freundlich bin?“
„Er selbst sagt es.“
„Er selbst? So lügt er es!“
„Er sagt allüberall, du seist sein Schatz, und er erzählt, daß er des Abends zu dir auf die Alm emporsteigt und des Morgens wieder hinab.“
„Das hat er gesagt? Das hat er erzählt, der Erzhalunk? Was tu ich nur mit ihm? Was tu ich? Weißt, ich hab einen Käs draußen, der wiegt über dreißig Pfund. Den schlag ich ihm so lange um die Ohrlapperln, bis er sich für eine Käsemaden oder für einen Käsemadrig hält, der Lump, der unverschämte!“
„Also ist's wirklich nicht wahr?“
„Hast's etwa gar geglaubt?“
„Nein. Hätt er's zu mir erzählt, so hätt ich ihn zu Boden geschlagen, daß er vergangen wär wie Luft. Der Kerl ist mir Gall und Gift. Er hat's nur grad immer auf mich abgesehen, und wenn wir einmal zusammengeraten, so kann es gar leicht kommen, daß er in Scherben geht, wie ein alter Milchkrug, den man zur Trepp hinunterkollert!“
Beide, er und sie, waren zornig geworden. Sie standen hoch aufgerichtet voreinander. Selbst der Neidischste hätte sagen müssen: ein prächtiges Paar. Sie funkelten sich gegenseitig mit den Augen an, als ob sie untereinander zornig seien. Das fühlte Leni. Sie stieß ein lustiges Lachen aus und sagte:
„Schau, sind wir nicht die richtigen Hansnarren? Ereifern uns, als ob wir gegeneinand ärgerlich seien, und haben uns doch gar nix getan!“
„Hast recht! Dieser Kerl ist nicht wert, daß wir von ihm reden.“
„Aber nimm dich halt nur in acht vor ihm.“
„Hast Sorg um mich?“
„Nein. Bist ja selber Manns genug!“
„Dachte, du wärst ein wenig bange.“
„Warum sollte ich das?“
„Weil – weil – na, weil ich halt ein Bursch bin und du ein Dirndl.“
„Geh! Bange ist man doch nur um den Schatz.“
„Und der bin ich nicht?“
Sie stemmte die vollen, kräftigen Arme in die Hüften und antwortete:
„Nein! Du wärst mir der Richtige!“
„Warum?“
„Weil keine dein Schatz sein kann, keine einzige.“
Er wechselte die Farbe.
„Habe ich etwa nicht recht?“ fragte sie.
„Weiß nicht.“
„Du weißt es; du mußt es wissen. Schau, du bist so ein sauberer Bub und ein guter dazu. Du
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