66095: Thriller (German Edition)
Bewegungsspielraum.«
Mit einem Mal wurde die Strömung stärker und riss Cricket aus dem Arm ihres Vaters. Ihre Füße blieben in einer Vertiefung des Flussbetts hängen. Ein Schmerz wie ein Messerstich durchzuckte ihr verletztes Knie. Trotz Gregors eisernem Griff um ihren anderen Arm stürzte sie und musste mit dem rechten Arm rudern, um nicht unterzutauchen. Sie schluckte Wasser und würgte. Das Wasser schwappte über ihren Helm und floss ihr ins Genick.
Ihre Waden, ohnehin geschwächt von der ständigen Anstrengung, das verletzte Knie zu schonen, verkrampften sich. Zum Glück bekam Tom sie wieder zu fassen, so dass sie das Gleichgewicht wieder fand. Sie tauchte eine Hand ins Wasser und tastete nach ihrem Knie, um es zu stabilisieren, hatte aber das Gefühl, keinen Schritt mehr weiterzukönnen. Dann bemerkte sie, wie ihr Vater seine Stirnlampe an der Decke kreisen ließ, als suche er nach einer Wegmarkierung. Cricket versuchte sich aufzurichten und den Lichtstrahl seiner Lampe durch ihre Lampe zu verstärken. Der Lichtkegel fiel auf diagonale, in den Stein gemeißelte Bögen, die die Decke wie das Gerippe eines altes Schiffes aussehen ließen. Dann fanden ihre Lampen eine lange, gezackte Ritze, die im 45-Grad-Winkel über die Decke verlief.
Ihr Vater lächelte ihr zuversichtlich zu. »Wir werden es schaffen!«
Er führte die Gruppe gegen die Strömung, immer der Ritze folgend, die sich nach 15 Metern zu einer Felsspalte von fast 90 Zentimeter Breite erweiterte. Von dieser Spalte aus führten mehrere Felsleisten auf eine höhere Ebene. Cricket spürte, dass sie neue Kraft schöpfte. Es ging jetzt nur noch ums Überleben – um ihr Überleben und das ihres Vaters.
»Wartet hier«, sagte Tom. »Vor uns liegt ein tiefes Loch. Ich schwimme hinüber und stemme mich durch die Spalte hoch, dann folgt ihr einer nach dem anderen.«
Damit stieß er sich ab und durchschwamm die Strömung, bis er an der breitesten Stelle der Deckenöffnung angelangt war. Er tauchte auf und suchte mit ausgestreckten Armen Halt. Aber die Wand fiel an dieser Stelle fast senkrecht ab. Bei jedem neuen Versuch rutschte er mit dem Handschuh ab. Dann sah Cricket, wie er tief Luft holte und untertauchte. Eine Sekunde später schnellte sein Oberkörper aus dem Wasser, er breitete beide Arme aus und konnte sich kurz so halten, dann fand sein Fuß auf einem winzigen Felsvorsprung Halt. Er zog sich noch zweimal hoch, dann hatte er die Spalte in der Höhlendecke erreicht. Er spreizte die Beine, um sicherer zu stehen, und streckte einen Arm nach unten.
»Cricket zuerst«, rief er.
»Keine Chance«, sagte Kelly. Er ließ Gregors Arm los und schwamm auf Tom zu. Am Ziel angelangt, streckte er eine Hand aus. Tom zog Kelly hoch. Gregor schob Cricket beiseite und fing an zu schwimmen. Ohne ihn musste Cricket ihre ganze Kraft aufbringen, um nicht von der Strömung fortgerissen zu werden.
»Okay, und jetzt Cricket«, rief Tom, als Gregor in Sicherheit war. »Du bist dran!«
Cricket holte tief Luft, stieß sich mit dem gesunden Bein vom Boden ab und begann, die 15 Meter durch die reißende schmutzige Brühe auf Toms ausgestreckten Arm zuzuschwimmen. Die Strömung war sehr viel stärker, als sie erwartet hatte – fast wie die Flut, die sie einmal vor Kap Hatteras erlebt hatte. Eine Sekunde lang blitzte der Gedanke auf, sie könnte es nicht schaffen. Doch sie schüttelte ihn ab, biss die Zähne zusammen und warf die Arme hoch zu Tom. Allein darauf kam es jetzt an. Die behandschuhte Hand war nur noch Zentimeter von ihr entfernt. Sie versuchte zu stehen, doch es ging nicht. Das Wasser war zu tief. Sie ruderte mit den Beinen, warf die Arme hoch und verfehlte die Hand ihres Vaters.
»Nochmal!«, schrie Tom.
Cricket spürte, wie die Kraft sie verließ. Aber sie holte noch einmal Luft und streckte ihren rechten Arm seiner ausgestreckten Hand entgegen. Er erwischte sie mit den Fingerspitzen. Cricket warf den anderen Arm hoch, bekam den Handschuh zu fassen und biss die Zähne zusammen, als sie spürte, wie sie aus dem Wasser gehoben wurde.
Ihre Schultern, ihr Oberkörper und ihre Oberschenkel hoben sich aus der reißenden Flut. Cricket spürte, wie groß die Kraftanstrengung für ihren Vater war, und streckte das gesunde Bein aus, um den Felsspalt zu ertasten, genau wie ihr Vater es vorhin getan hatte. Aber durch die ruckartige Bewegung riss sie Tom den Handschuh herunter, löste sich aus seinem Griff und fiel.
»Daddy!«
7.45 Uhr
Verbindungsweg von
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