66095: Thriller (German Edition)
wir …«
»Wohlauf sein«, sagte sie entschieden. »Wir werden wohlauf sein, Dad.«
Er lächelte bitter. Er sah sie nicht an und sagte kein Wort. So hatte sie ihn noch nie erlebt. Das war nicht ihr Vater. Dies war ein geschlagener Mann, Tom Burke jedoch hatte sich nie geschlagen gegeben.
»Wir werden hier rauskommen und Mommy wieder sehen, okay? Dad? Sieh mich an. Wir werden hier rauskommen, okay?«
Endlich hob er den Kopf und sah sie an, aber sein Blick schien sie gar nicht wahrzunehmen.
»Ich weiß nicht, Cricket«, sagte er. »Ich weiß gar nichts mehr.«
»Und was ist mit dem, was Großvater immer gesagt hat?«, beschwor sie ihn. »Gemeinsam stehen wir alles durch.«
»Das weiß ich auch nicht mehr«, erwiderte er düster.
7.30 Uhr
Verbindungsweg zwischen Nyren- und Tower-Karnm
Labyrinthhöhle
Whitney, Two-Elk und Finnerty waren jetzt gut 700 Meter hinter Tom und Cricket. Sie tasteten sich auf einer Felsstufe entlang, die über einer Schlucht verlief, in deren blaugrau gefärbte Wände das Wasser schmale vertikale Rinnen eingegraben hatte. Beim Gehen wirbelten sie beißenden Staub auf, der Whitney in Augen und Nase drang und ihr im Hals brannte. Als sie die Felsstufe hinter sich gelassen hatten, kniete sich Two-Elk nieder und untersuchte die Fußspuren.
»Wie weit sind sie vor uns?«, fragte Finnerty.
»Weiß ich nicht«, erwiderte Two-Elk. »Es ist kaum möglich zu sagen, wie sich unter Tage die Fußspuren im Laufe der Zeit verändern. Wir sollten unser Tempo drosseln, Chef, sonst laufen wir ihnen direkt in die Arme.«
»Ihr hattet sie schon«, warf Whitney bitter ein. »Nach drei Tagen hattet ihr sie und habt nichts unternommen!«
Finnerty wandte sich zu ihr um. Mit äußerster Selbstbeherrschung antwortete er: »Das haben wir doch schon erörtert, Whitney. Wir hatten kein freies Schussfeld. Und ich wollte das Leben Ihres Mannes und Ihrer Tochter nicht aufs Spiel setzen.«
»Sie beteuern ständig, dass es um meine Familie geht«, gab Whitney zurück. »Aber ich habe darüber nachgedacht, Marshall. Ihr Job besteht darin, die Häftlinge wieder einzufangen. Das ist für Sie das Wichtigste. Wenn Tom und Cricket sterben und Sie Ihre Häftlinge wiederhaben, wäre das für Sie ein Erfolg.«
Finnerty schnitt eine Grimasse, als er hervorstieß: »Mrs. Burke, Sie haben keine Ahnung, was ich für eine Auffassung von meinem Job oder von meinem Leben habe. Überhaupt keine Ahnung! Ich würde sogar wagen zu behaupten, dass meine Frau keine Ahnung hat, ob ich lebe oder tot bin. Ich würde es wagen zu behaupten, dass es Two-Elks Vater und Schwester ähnlich geht. So wie es aussieht, können Sie sicher sein, dass Ihr Mann und Ihre Tochter am Leben sind. Sie haben sie mit eigenen Augen gesehen. Vielleicht hassen Sie mich dafür, dass ich dort diese Entscheidung getroffen habe, aber damit kann ich leben, weil ich weiß, dass ich das Richtige getan habe. Wir werden einen weiteren Versuch machen, Ihre Familie zu retten. Und damit basta.«
Sie standen da und sahen einander an.
Schließlich sagte Whitney: »Was ist, wenn die Häftlinge zu diesem verfluchten Stein kommen und meine Familie umbringen, bevor wir sie erreicht haben?«
»Ich beschäftige mich nicht mit Spekulationen«, entgegnete Finnerty. »Aber ich versichere Ihnen, dass wir noch nicht am Ende sind. Noch lange nicht. Während Sie mit mir hier debattieren, wächst die Entfernung zu ihnen. Wie geht’s weiter, Mrs. Burke? Oder wollen Sie hier mit mir sitzen und über meine Absichten spekulieren, bis Ihre Familie tot ist?«
Whitney war den Tränen nahe, doch dann wies sie mit der Hand auf einen Gang, der nach rechts abwärts führte. »Wir kriechen hier durch dieses Loch und steigen zum Fluss Pluto hinunter. Das ist der letzte Teil des Verbindungswegs zum Tower-Kamm.«
Two-Elk warf einen Blick auf den Sensor. »Dort muss der Stein sein, Chef. Das Signal wird hier sehr stark.«
Ohne abzuwarten, bis Whitney die Führung übernahm, zwängte sich Finnerty durch den Felsspalt, der in den schmalen Gang zum tiefsten Teil des Labyrinths führte. Als Two-Elk hinter ihm verschwand, nahm sich Whitney vor, ungeachtet dessen, was der Marshall ihr gesagt hatte, Cricket und Tom zu warnen, wenn sie noch einmal in ihre Nähe kam. Sie würde sich ihnen zu erkennen geben. Sie würde sie retten – oder beim Versuch, sie zu retten, sterben.
Two-Elks Licht verblasste, und Whitney zwängte sich hastig durch den Spalt. Sie hätte schwören können, dass sie im
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