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66095: Thriller (German Edition)

66095: Thriller (German Edition)

Titel: 66095: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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Vereinigten Staaten erschien und zeigte zwei Kaltfronten im Westen: die eine bewegte sich von Idaho aus in südsüdöstlicher Richtung, die andere baute sich über Südkansas und dem nördlichen Texas auf. Die Elf-Uhr-Vorhersage gab keinen Aufschluss über den voraussichtlichen Weg der beiden Wetterfronten.
    Wie wild überlegte Whitney, was alles schief gehen konnte: Wenn einer dieser Stürme aufzog, während Cricket und Tom in der Höhle waren … Sie begann zu zittern und musste sich wieder gut zureden, um nicht in Panik zu verfallen. Es passiert ihnen nichts, sagte sie sich. Alles wird gut.
    Sie riss sich vom Bildschirm los, ging in die Küche, um den Hintereingang abzuschließen und dann endlich zu duschen. Sie schob den Riegel vor und wanderte weiter durch die Küche zum Wohnzimmer und zur Treppe.
    Da hörte sie ein Geräusch: Plop!
    Whitney erstarrte. Ihre Hände wurden feucht. Plop! Voller Angst wandte sie sich um. Am Wasserhahn in der Küche bildete sich ein Tropfen und fiel. Plop! Und noch einer. Plop! Und einer dritter und vierter. Plop! Plop!
    Mit aller Macht versuchte Whitney, die Fassung zu bewahren, aber schon verschwamm die Welt vor ihren Augen, sie sah ein Farbenkaleidoskop, und dann verlor sie sich im Irrgarten der Erinnerungen. Sie sah eine Steilwand, die sich 500 Meter über einem zerklüfteten Kalksteintal erhob, in dem Kudzu-Pflanzen wucherten, und der Albtraum des Unfalls packte sie wieder.

    Der Washoo, ein schlammiger Fluss, kam von Osten und verschwand unter dem Ayers-Kamm, nach mehreren Kilometern trat er wieder zutage und setzte seinen Weg zum Golf von Mexiko fort. Der Ayers-Kamm, eine sechs Kilometer lange, an der Basis 800 Meter breite Steilwand, erhob sich im geographischen Zentrum einer Region, die als Tennessee-Alabama-Georgia-Karstlandschaft bekannt ist und die einige der schönsten Schachthöhlen Nordamerikas beherbergt.
    Hoch oben an der Flanke des Ayers-Kamm lag eine Terrasse, die Wind und Regen in Tausenden von Jahren geschaffen hatten. Dort zeigte sich im Morgenlicht, das durch die Zweige der Bäume fiel, ein klaffendes Loch mit einem Durchmesser von knapp acht Metern – ein düsterer Abgrund, der Eingang in eine andere Welt.
    Aus dem Loch stieg Nebel auf. Nebel schwärzte die Eichen, die in den Stufen oberhalb des Eingangs wurzelten. Nebel machte die rote Erde auf dem Schachtrand gefährlich wie regennasses Eis.
    Whitney bewegte sich über den Schachtrand mit der Geschmeidigkeit einer Katze, die aus dem Fenster eines Hochhauses auf das schmale Sims des dreißigsten Stockwerks geklettert ist. Sie trug den gelben Schutzanzug der Höhlenforscher, den so genannten Schlaz, einen roten Helm mit Stirnlampe und einen Sitzgurt. Ein Schleifsack war mit einem Querriemen wie ein Patronengurt über ihrer linken Schulter und mit einem Gurt um die Hüften befestigt.
    Sie setzte ihre Schritte so gegen den Hang, dass sich das Profil ihrer Stiefel in die Erde bohrte, und stieg über frei liegende Baumwurzeln. Sie war konzentriert und zuversichtlich, aber gleichzeitig war ihr nur allzu bewusst, wie nah sie am Rand der Abgrunds operierte. Bis zum Boden der Höhle waren es gut 100 Meter. Ein falscher Schritt, und Whitney würde in den sicheren Tod stürzen, ein freier Fall von viereinhalb Sekunden.
    Sie erreichte ein Seil, das an eine der Eichen gebunden war und das in den Schacht hinabbaumelte. Sie nahm es zwischen die Beine und begann sich anzuseilen, was nicht ganz unkompliziert war. Dann rief sie über die Schulter: »Bin am Seil!«
    »Am Seil!«, antwortete eine Frauenstimme aus der Tiefe.
    Whitney warf einen Blick in den Abgrund und grinste im Vorgefühl des Adrenalinstoßes, der sich immer einstellte, wenn sie über den Rand einstieg. Sie wiederholte noch einmal die Maxime, die Tom ihr vor Jahren beigebracht hatte: Gib der Höhle niemals eine Chance. »Ich bremse jetzt!«, brüllte Whitney.
    »Bremsen!«, erwiderte die Stimme.
    Whitney hatte sich schon unzählige Male in solche Schächte abgeseilt. Dennoch pochte ihr Herz jetzt schneller. Aber das war ein gutes Zeichen: es hieß, dass sie die Folgen ihrer Taten abschätzen konnte. Die Experten, die sie kannte und die bei der Erforschung von Höhlen ums Leben gekommen waren, hatten sich an die Gefahr gewöhnt, in der Aufmerksamkeit nachgelassen und der Höhle eine Chance gegeben.
    Whitney ließ das Seil locker, damit sie sich nach hinten beugen konnte, bis sie nahezu horizontal über dem 100 Meter tiefen Abgrund hing. Dann ging sie in

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