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66095: Thriller (German Edition)

66095: Thriller (German Edition)

Titel: 66095: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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die Hocke, atmete aus, stieß sich ab und suchte mit den festen Sohlen ihrer Lederstiefel Kontakt zur Felswand.
    Aus den Felsstufen rundum wucherten Farne. Kleine weiße Blüten mit tiefroten Samen wuchsen aus den Ritzen im Gestein. Hier roch es nach frisch gemahlener Muskatnuss. Sie ließ sich 3 Meter hinunter, machte eine Pause und ging die nächsten 3 Meter an. Als sie sich zum vierten Mal von der Wand abstieß, gelangte sie in die Aufweitung der Höhle, wo die Wände überhingen und sie keinen Kontakt mehr mit dem Fels suchen konnte.
    Eine Weile baumelte Whitney träge im Seil. Die Morgensonne sandte schräge Strahlen in den Schacht und verwandelte den Nebel in rosa schimmernde Wölkchen. Staunend rief sie: »Mein Gott, ist das schön. Wo ist meine Kamerai Wenn ich sie brauche, hab ich sie nie zur Hand.«
    »Hier unten ist sie, und da solltest du jetzt auch langsam ankommen!«, antwortete die Frauenstimme.
    Hoch oben am blauen Himmel Alabamas erschien eine kleine weiße Wolke. Bei ihrem Anblick schwand Whitneys Entzücken. Ein kräftiges Frühlingsgewitter, wie es hier im Süden nicht selten vorkam, konnte im unteren Bereich der Höhle für eine Überschwemmung sorgen. Aber sie hatte noch wenige Augenblicke, bevor sie aus ihrem Pickup gestiegen war, die Wettervorhersage im Web abgefragt Es wurde blauer Himmel mit gelegentlichen Schönwetterwölkchen prognostiziert.
    Whitney löste die Spannung ihres Rack, des U-förmigen Abseilgeräts, durch dessen Bremsstege sie das Seil geführt hatte. Sie begann zu rutschen, in langen Spiralbewegungen, die ihr eine Panoramasicht auf das Höhleninnere gewährten. Schmale klare Wasserfälle stürzten 20 Meter in die Tiefe, prallten dann gegen Felsvorsprünge und setzten ihren Weg nach unten in glitzernden Kaskaden fort. Moos bedeckte den zinngrauen Fels, den die Hand eines Genies gestaltet zu haben schien.
    Zwölf Sekunden später und 30 Meter tiefer drangen nur noch schwache Sonnenstrahlen bis zur Westwand des Schachts vor. Pflanzen wuchsen hier nur noch spärlich. Nach einer weiteren halben Minute, in der sie sich 40 Meter abseilte, war Whitney in die Region vorgedrungen, die Höhlenforscher Zwielicht nennen, und der Nebel lichtete sich. In einer Tiefe von 100 Metern erschauderte Whitney; hier herrschte bei hoher Luftfeuchtigkeit eine konstante Temperatur von 13 Grad Celsius. Sie schwebte nun in 7 Meter Höhe. Im Schein ihrer Stirnlampe sah sie den feuchtbraunen Boden, der mit Felsbrocken, Geröll und vermodernden Stämmen übersät war. Links von ihr befand sich eine mannshohe Öffnung in der Höhlenwand.
    Neben der Öffnung stand eine junge Asiatin, die gerade die Flamme einer Karbidlampe einstellte, wie Bergleute sie tragen. Jeannie Yung war Whitneys Forschungsassistentin. Sie war acht Jahre jünger als Whitney, umwerfend hübsch, hatte eine makellose Haut, glänzende schwarze Haare und stets einen nachdenklichen Gesichtsausdruck.
    »Nett, dich hier zu treffen!«, rief Whitney, als sie die Füße auf den Boden setzte.
    »Hier kann man einfach am besten eingefleischte Höhlenbewohner kennen lernen«, gab Jeannie zurück und setzte ihren Helm auf. »Und du weißt doch, dass ich eine Schwäche für blinde, schleimige Geschöpfe habe.«
    »Glaubst du, sie sind sauer, wenn wir in ihre Party platzen?«
    »Machst du Witze? Die werden begeistert sein, wenn zwei so tolle Frauen wie wir aufkreuzen.«
    Whitney lachte, während Jeannie über den feuchten Boden zu ihr kam, um ihr zu helfen.
    »Super Abfahrt, was?«, fragte Jeannie.
    Whitney blickte nach oben, wo der Nebel eine durchscheinende Decke bildete, die die Welt des Lichts von den unteren Regionen trennte.
    »Unheimlich schön«, sagte sie, während sie ihr Rack vom Seil löste und ihren Sitzgurt loshakte. »Welcher Trottel hat diese Höhle Schreckensloch genannt?«
    Jeannie zuckte die Schultern. »Höhlenforscher haben eine melodramatische Ader. Was meinst du, wie lange bleiben wir drin?«
    »Warum, hast du ein heißes Rendezvous?«
    Jeannie wurde rot. »Jim kommt übers Wochenende aus Purdue herüber. Ich wollte um vier in Nashville am Flughafen sein.«
    Whitney lächelte. Jeannie arbeitete seit fast drei Jahren für sie und schrieb derzeit an ihrer Dissertation in Umweltwissenschaften. Die junge Forscherin hatte sich ihrer Aufgabe mit Leib und Seele verschrieben, aber Whitney fand, dass Jeannie ihr Privatleben vernachlässigte. Ein Wochenende mit Jim war ein Schritt in die richtige Richtung.
    »Kein Problem«, meinte

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