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66095: Thriller (German Edition)

66095: Thriller (German Edition)

Titel: 66095: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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ersetzte.
    Wieder krümmte sich der Gang nach links, und Whitney ließ das Zwielicht ganz hinter sich. Sie verlangsamte ihren Schritt, bis sich ihre Augen an den Lichtstrahl gewöhnt hatten, der allein sie vor der völligen, ewig währenden Finsternis schützte. Der Höhlenwind hörte sich nun anders an, unscharf und gedämpft, fast wie das wogende Brüllen einer Menschenmenge in der Ferne. Es schien ihr, als bewege sie sich zum ersten Mal durch eine Höhle, und sie fühlte sich extrem unwohl dabei.
    »Ich brauche nicht wieder in die …« Whitney verstummte und erkannte, dass ihr das jetzt nichts mehr half. Sie griff auf einen älteren Gedanken zurück, einen, der ihr über Jahre hinweg auf endlosen unterirdischen Wegen geholfen hatte. »Okay, Whit, gib der Höhle keine Chance.«

8.00 Uhr
Verbindungsweg zwischen
Jenkins- und Hawkins-Kamm
Labyrinthhöhle
    »Das ist doch verrückt!«, rief Mann. »Was sollen wir eigentlich noch alles durchstehen?«
    Tom konzentrierte sich zu sehr, um zu antworten. Sie befanden sich in einem bodenlosen Canyon, einem Gang ohne Untergrund. Im Querschnitt hätte er wie übereinander getürmte Achten ausgesehen, deren Bögen sich in der Mitte nicht schlossen. Sie befanden sich im obersten Bogen, stemmten die Füße gegen die eine gekrümmte Höhlenwand, die Schultern gegen die andere, während Oberschenkel und Unterleib freischwebend über einer acht Meter tiefen Schlucht hingen, in der unter zackigen Felsvorsprüngen ein Fluss rauschte. Schlimmer noch, die Wände waren mit honigfarbenem Schlamm bedeckt. Als sie sich seitwärts über den Abgrund vorkämpften, löste sich eine Schlicklawine. Die feuchte Masse prallte gegen die zerklüfteten Felszacken und ergoss sich wie ein Schlammregen ins Wasser. Das Echo hallte durch den Höhlengang. Die Luft war vom Gestank nach Schmutz und Angstschweiß durchdrungen.
    Es handelte sich um einen von mehreren Verbindungswegen zwischen dem Jenkins- und dem Hawkins-Kamm. Im Lauf der Jahre war Tom zu der Ansicht gelangt, dass der Verbindungsweg in einer Höhle Ähnlichkeit mit einem Abwasserkanal hatte – es wurde immer enger und unangenehmer, je tiefer man vordrang. Und er hatte sich den unangenehmsten Weg ausgesucht, den er kannte, um von einem Höhlenabschnitt in den nächsten zu gelangen.
    Das war Teil seiner Strategie. Als er gesehen hatte, wie sehr sich Gregor erregte, als er ihn wegen der Alchemie verspottete, wusste Tom, dass die beste Verteidigung darin bestand, die Häftlinge aus dem seelischen Gleichgewicht zu bringen. Höhlen sind ein erbarmungsloses Gelände; sie bestrafen Menschen, die übermüdet oder in Gedanken woanders sind. Wenn Tom die Kidnapper bewegen konnte, Fehler zu machen, dann stiegen Crickets und seine Fluchtchancen gewaltig.
    Er warf einen Blick über die Schulter und sah, wie sich die Häftlinge auf dem unsicheren Gesims hielten. Sie waren von der Taille abwärts mit einer Schlammschicht bedeckt, und ihre Umgebung nahmen sie offenbar nur noch wie durch einen Schleier wahr. Es war so weit: Sie hatten begriffen, dass die Höhle etwas Lebendiges war, dessen Haut sich jeden Moment verändern konnte. Treib sie in diesem Tempo weiter, dachte Tom, und bald dreht einer von ihnen durch.
    Sie erreichten das Ende der Sackgasse. Tom drehte seine Stirnlampe weiter auf, dann ließ er sich in die Kluft hinab, die sich unter ihm auftat. Mit beiden Händen hielt er sich an den Rändern des engen Canyons fest, die Füße ohne Halt im freien Raum über dem Wasser tief unten. Dann begann er vor und zurück zu schwingen wie ein Turner auf dem Barren, bis er nach dem fünften Aufschwung mit den Zehen auf einem unsichtbaren Felsband Halt fand. Nach hinten gebeugt, zwängte er sich unter dem Felsbogen durch und gelangte in eine ovale Kammer. Höhlenonyx – Kalzitablagerungen, die wie kirschgroße Perlen aussahen – bedeckte die Wände.
    Einer nach dem anderen bewältigten Gregor, Kelly, Cricket, Lyons und schließlich Mann das knifflige Manöver. Einer nach dem anderen sanken sie, nach Atem ringend, zu Boden, an die Höhlenwand gelehnt und fast überwältigt von dem Schreckenserlebnis, in einer Tiefe von fünf Kilometern unter der Erde über eine von glitschigem Lehm überzogene Wand zu kriechen.
    Cricket bettete den Kopf an Toms Schulter. Sie waren nun seit vierundzwanzig Stunden unterwegs und hatten nur zweimal eine Rast von vierzig Minuten eingelegt. Cricket schlief sofort ein. Tom betrachtete sie, wie sie friedlich schlummerte, und

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