68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
Da hast irgendwelche Absichten. Es gibt Forstspitzbuben und auch Grenz-Schmugglern, die verbotene Sachen hinüber und herüber tragen. Die Grenz von Österreichern ist ja ganz hier in dera Nähe. Gehörst etwa zu ihnen?“
„Nein. So etwas zu treiben, fallt mir gar nicht ein.“
„Nun, so kann ich's erst recht nicht begreifen, wast hier willst. Ich werd mir also dein Gesichtern mal anschaun.“
Er trat auf sie zu. Sie wich zurück und sagte:
„Nein, nein! Ich laß mich nicht anschaun'!“
„Nicht? Das ist noch verdächtigem!“
„Bist denn einer von dera Polizeien oder von denen Grenzern, daßt in dieser Weisen gegen mich auftrittst?“
„Das braucht man nicht zu sein. Es hat jedermann das Recht und auch die Pflicht, darauf zu achten, daß nix Verbotenes passiert. Und daßt nicht sagen willst, wer du bist, das ist verdächtig.“
„So will ich es sagen. Ich gehör zur Gesellschaft des Signor Bandolini.“
„Den kenne ich nicht.“
„Wir sind erst in der Dämmerung hier angekommen. Der Signor ist ein Künstler und Seiltänzer und will hier Vorstellung geben.“
„Ach so! Und da gehst gleich in denen Wald spazieren? Wo seid ihr denn her?“
„Von weit aus dem Süden.“
„Und da redest unsere Sprachen so hübsch? Nein, ich werd dich doch mal anschauen. Ich bin der Heinrich Weise, den sie hier nur den Finken-Heiner nennen.“
Es war, wie gesagt, hier zwischen den hohen Waldbäumen noch dunkler als draußen im Freien. Darum hatte sie sein Gesicht nicht sehen und auch nicht erkennen können, daß er nur einen Arm besaß. Jedenfalls hatte sich im Laufe der Jahre seine Stimme so verändert, daß er an derselben selbst von einer Person, welche ihm früher nahegestanden hatte, nicht erkannt werden konnte. Sie wich wie erschrocken noch weiter vor ihm zurück und sagte:
„Herrgott, dera Finken-Heiner!“
„Kennst etwa meinen Namen?“
Sie zögerte mit der Antwort. Sie schien in Ungewißheit zu sein, ob sie ja oder nein sagen solle.
„Nun, warum antwortest nicht?“
„Weil – weil – ja, ich hab deinen Namen bereits schon mal gehört.“
„Hier? Warst schon hier?“
„Nein, zum letzten Mal hab ich ihn an einem Ort vernommen, welcher sehr weit von hier liegt.“
„Wo?“
„Da unten in dera Walachei.“
„In – dera – Walacheien!“ stieß er langsam hervor. „Bist dort gewest?“
„Ja, lange Zeit.“
„So kannst meinen Namen dort nur von dem Silberbauern hört haben – oder nein, denn der ist ja bereits schon eine lange Zeiten hier. Sag also, wer dort von mir sprachen hat!“
„Das ist – eine Frauen gewest.“
„Ein Frauen? Herrgott! Was werd ich jetzund derfahren müssen. Sag an, ist's vielleicht gar – meine Frauen gewest?“
Sie antwortete nicht gleich.
„Ja“, erklang es erst nach einer Weile und in sehr gepreßtem Ton.
Es wurde still. Sie fügte nichts hinzu, und auch er beobachtete ein momentanes Schweigen. Sie sah trotz der Dunkelheit, daß er sich mit seiner einen Hand über das Gesicht fuhr.
„Von ihr, von ihr!“ erklang es leise. „Mein liebern Gott! So hat sie von mir gesprochen?“
„Ja.“
„Und sie ist noch nicht tot? Sie lebt wohl noch?“
„Ja, sie lebt noch.“
Er setzte sich langsam auf einen Baumstumpf nieder, welcher neben ihm aus dem Boden hervorsah, und in müdem Ton meinte er:
„Wie mich das angreift! Ich hab halt gar nicht denkt, daß ich so schwach sein kann!“
Sie schwieg, und erst nach einer minutenlangen Pause gestand er aufrichtig:
„Ich hab halt gar nicht wiedern an sie denken wollen, aber seit sie fort ist, verging keine Minut, an welcher ich nicht an sie hab denken müssen. Und ich hab auch nicht von ihr reden wollt, und nun, da ich eine treff, die sie kennt, so red' ich dennerst von ihr! Was ist das Herz doch für ein armselig Dingerl!“
Da klang leise und verzagt aus ihrem Mund die Frage:
„So hast sie also nicht vergessen?“
„Vergessen? O Gott, wann ich sie hätt vergessen könnt, so wär's wohl bessern, viel bessern für mich gewest!“
„Und – und – hast sie wohl – lieb gehabt?“
„Lieb, so lieb wie mein Leben!“
„Du Armer!“
Auch sie setzte sich nieder, auf einen andern Baumstumpf, welcher in der Nähe stand.
„Ja“, sagte er, „ich bin arm, aber nicht mehr so wie früher, wie dazumal. Hat sie dir vielleicht erzählt, was zwischen uns geschehen ist?“
„Ja.“
„Aber wohl nicht alles?“
„Alles!“
„So mußt halt eine sehr gute Freundinnen von ihr
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