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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kommen und kam ihr einige Schritte mit ausgestreckten Armen entgegen.
    „Milda!“ rief sie aus. „Schon glaubte ich, du seiest verhindert worden.“
    „O nein, liebe Asta. Beinahe fühlte ich Sorge. Ich sah so viele aussteigen, nur dich nicht. Hast du mein Telegramm unterwegs erhalten, ich welchem ich dich benachrichtigte, daß ich dich hier abholen werde? Ich hatte es, ‚Bahnhof Brunn zum Ausrufen unter den Passagieren‘ adressiert.“
    „Freilich habe ich es erhalten. Der Portier rief so laut: ‚Baronesse Asta von Zolba aus Wien!‘ Alle Welt wurde aufmerksam auf mich. Hätte ich es nicht erhalten, so würde ich mich hier nicht so nach dir umgeblickt haben.“
    „So ist es also geglückt, und nun herzlich willkommen, meine liebe, liebe Asta!“
    Sie umarmten und küßten sich. Es war ein reizendes Bild, eine höchst interessante Gruppe, welche diese beiden Mädchen boten. Beide jung, schön, sichtlich wohlhabend und hochstehend. Die eine blond, hoch, voll, eine fast mehr als königliche Gestalt, die andere ein wenig kleiner, fein, aber äußerst elegant, brünett und von jener Schönheit, welche zwar nicht im ersten Augenblick alle Aufmerksamkeit auf sich zieht, dann aber für immer fesselt.
    „Und ist's weit, daß du mir entgegengekommen bist, Milda?“ fragte die Blonde.
    „Eine ziemliche Strecke. Wir haben volle zwei Stunden zu fahren, bevor wir ankommen. Aber ich wollte dich gern so bald wie möglich begrüßen.“
    „Das ist so reizend, so lieb von dir. Aber ich habe gar nicht gewußt, daß dieses Schloß Steinegg so weit entfernt von der übrigen Welt gelegen ist.“
    „Es liegt in den Bergen, hart an der Grenze, aber wirklich reizend. Ich bin ganz glücklich darüber, daß Vater es gekauft hat.“
    „Und wann geht der Zug?“
    „Wir haben eine volle Stunde zu warten.“
    „Dann also hinein in den Wartesalon!“
    Einer der Schaffner hatte indessen ihre Effekten aus dem Coupé genommen.
    „Wartezimmer erster Klasse!“ befahl sie.
    Er trug die Sachen hinein und erhielt ein so reichliches Trinkgeld, daß er ihr ein Honneur machte, als ob er einen sehr hohen Offizier oder eine Prinzessin vor sich habe.
    Die beiden Freundinnen setzten sich an einen der wenigen Tische. Lindenberg war keine große Station. Das Bahnhofsgebäude war klein, und so faßte das Wartezimmer erster Klasse nur wenige Personen. Da viele der eben Ausgestiegenen auf den Zug der Sekundärbahn warteten, und andere, welche mit demselben Zug fahren wollten, sich auch nach und nach auf dem Bahnhof einstellten, so waren die Tische sehr bald so besetzt, daß nur eine kleine Anzahl von Stühlen noch frei stand.
    „Also du findest Schloß Steinegg hübsch?“ fragte Asta. „Das freut mich. Ich hatte Sorge, daß du dich enttäuscht fühlen könntest.“
    „Das gar nicht. Steinegg ist nicht nur hübsch, sondern geradezu reizend. Es liegt hoch oben auf dem Felsen, weißt du, so recht wie eine frühere, alte romantische Ritterburg. Und unten am Fuß des Berges breitet sich zwischen Waldesgrün das Städtchen aus, schmuck und sauber, wie eine Perle zwischen lauter Smaragden.“
    „Du wirst ja förmlich poetisch!“
    „Ich bin geradezu begeistert von unserer neuen Besitzung. Schade, daß Vater erst so spät kommen kann!“
    „Leider! Es ist nicht immer bequem, eine solche Hofcharge zu bekleiden. Übrigens hat er sich doch wegen deiner Abwesenheit zuweilen einsam gefühlt, und ich habe meiner Freundespflicht genügt und deine Stelle zu vertreten gesucht.“
    „Dafür muß ich dir großen Dank wissen, zumal Vater jetzt weniger als früher der Mann ist, mit welchem man die Einsamkeit gern teilen mag.“
    „Ja, weißt du, in aller Aufrichtigkeit, er ist doch ein ziemlicher Brummbär!“
    „Brummbär wohl nicht, aber schwermütig. Es muß irgendein Kummer an seinem Frohsinn nagen. Ich habe mich vergeblich bemüht, zu entdecken, was sein Gemüt beschwert. Ich habe bei ihm in Wien wirklich nicht behaupten können, daß ich die Freuden der Residenz genießen durfte. Ich bin vielmehr eine Einsiedlerin gewesen.“
    „Und jetzt wieder!“
    „O nein. Es gibt im Ort einige Personen, mit denen ich gern verkehre.“
    „Im Ort! Also in dem kleinen Neste Steinegg?“
    „Ja.“
    „Du scherzt. Eine Baronesse von Alberg kann sich doch nicht an irgendeine Bewohnerin einer solchen winzigen Provinzialstadt anschließen!“
    Es war ein hochmütiger, beinahe harter, abstoßender Zug, welcher der Schönheit ihres reizenden Gesichts in diesem Augenblick

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