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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Kopf durch das Glas. Meine Frau hat dann mit dem Hammer nachgeholfen, daß ich den Kopf wieder hereinziehen konnte. In dieser Weise wurde der Stern entdeckt. Sie sehen, meine Damen, daß der Beruf eines Kunstastronomen kein ganz ungefährlicher ist.“
    „Dann muß die Stimme freilich eine außerordentliche sein!“
    „Ich habe bisher meinen großen Vorrat von Kunstausdrücken und Termini technici vergebens durchstöbert, um die geeigneten Ausdrücke, Herrn Warschauers Stimme zu beschreiben, zu finden.“
    „Schade, daß die Herren Künstler gewöhnlich so prüde und zurückhaltend sind.“
    „Wieso?“
    „Sie pflegen sich nur selten zu einer kleinen Gabe erbitten zu lassen.“
    „Ja, leider gehört Herr Warschauer auch unter diese Kategorie.“
    „Wirklich?“
    „Ja.“
    „Ist er so unerbittlich?“
    „O nein“, antwortete Anton jetzt selbst. „Nur bin ich nicht immer gestimmt, die gewöhnliche Neugierde jedermanns zu befriedigen. Sie werden mich hier ja täglich singen hören, wohl mehr, als Sie es wünschen mögen!“
    „Und wann werden Sie beginnen?“ fragte Asta, ihm einen heißen Blick zuwerfend und dann eine ziemlich bezeichnende Wendung nach dem Flügel machend.
    „Sofort, nachdem ich die Erlaubnis dazu erhalten habe.“
    „Und wenn Sie dieselbe nun jetzt empfangen?“
    „Ah“, lachte der Professor. „Auch eine jener Diplomatinnen, welche unüberwindlich sind!“
    „Das soll sich jetzt erst zeigen. Milda, du hast doch jedenfalls ein hübsches Lied hier liegen.“
    „Wohl, aber wir wollen Herrn Warschauer doch nicht gleich heute belästigen.“
    „Warum nicht? Ich mache mich anheischig, ihn so lange zu bitten, bis er die Bitte erfüllt.“
    Wieder sandte sie ihm einen Blick zu, welcher berechnet war, ihn verwundend zu treffen. Es war ihm ganz eigentümlich zumute. Er stand auf und trat zu ihr hin.
    „Sie sollen nicht lange bitten müssen, gnädiges Fräulein“, sagte er. „Bitte suchen Sie eines der Lieder aus!“
    „Gern; aber helfen Sie mir!“
    Sie schob ihm einen Teil der Noten zu. Beide suchten; dabei kam es wie von ungefähr, daß ihre Hände sich berührten. Er errötete. Sie bemerkte es.
    „Er ist mein; er ist mir verfallen!“ erklang es in ihrem Innern.
    Endlich entschloß sie sich für eines der Lieder.
    „Hier, bitte, mein Herr! Ich habe diese Komposition nur ein einziges Mal gehört. Sie ist von einer Zartheit und Innigkeit, welche einen außerordentlich tiefen Eindruck in mir zurückgelassen hat. Darf ich bitten?“
    „Gern, wenn der Herr Professor die Güte haben will, mich zu begleiten.“
    Der Professor trat an das Instrument.
    „‚Wenn ich auf dem Lager liege‘, komponiert von Robert Franz? Gut, beginnen wir!“
    Er setzte sich. Anton stand hinter ihm. Asta stellte sich so, daß er ihr und sie ihm offen in das Gesicht sehen konnte. Der Professor präludierte die zwei Takte, und dann begann Anton:
    „Wenn ich auf dem Lager liege,
In Nacht und Dunkel gehüllt,
So schwebt um mich ein liebes,
Anmutig süßes Bild.
    Wenn mir der stille Schlummer
Geschlossen die Augen kaum,
So schleicht das Bild sich leise
Hinein in meinen Traum.
    Doch mit dem Traum des Morgens
Zerrinnt es nimmermehr;
Dann trag ich es im Herzen
Den ganzen Tag umher.“
    So einfach das Gedicht, so einfach auch die Melodie. Wie viele tausend Male mochte dieses Lied schon gesungen worden sein, nur damit ein anderes folgen solle. Und welch einen Eindruck machte es hier!
    Als er langsam in As-Dur begann, vermochte keine der Zuhörerinnen, unbeweglich zu bleiben. Es klang, als ob die hellsten, reinsten Perlen von seinen Lippen rollten. Er sang leise, mit unterdrückter Stimme; aber man hörte, welcher Mächtigkeit dieselbe fähig sei. Das war eine Zartheit, ein Schmelz! War das denn wirklich der Tabulettkramer, der damals seine ungelenken Jodler hinausgeschrien hatte? Keine der Damen war eigentlich eine Musikkennerin; aber alle drei fühlten sich tief, tief, ergriffen, nur eine jede in ihrer Weise:
    „Dann trag ich es im Herzen
Den ganzen Tag umher!“
    sagte Asta, als er geendet hatte. „Wie gut ist es doch, daß der Sänger nicht verurteilt ist, das zu tun, was er singt! Sie würden bald müd werden.“
    „Wohl kaum“, antwortete er. „Ich würde mein Herz nur einem Bild öffnen, welches ich gern in demselben trage, und dann ermüdet man nicht.“
    „Und wie müßte dieses Bild beschaffen sein?“
    Ihre Augen leuchteten förmlich auffordernd zu ihm herüber.
    „Blond“, antwortete er. „Das ist

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