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7 Minuten Zu Spät

7 Minuten Zu Spät

Titel: 7 Minuten Zu Spät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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Irgendetwas würde es für sie schon geben, und wenn es wieder zur Miete wäre.
    Alice blickte auf die Uhr. Es war zehn nach zehn: Pam kam zu spät. Sie musterte die Passanten auf der Court Street, um Pam Court zu entdecken, aber die Frau kam natürlich aus der anderen Richtung.
    »Hallo!«, rief sie mit glockenheller Stimme. »Entschuldigen Sie die Verspätung!«
    Pam Short war eine große, üppige Frau – sie war mindestens fünfzig Pfund schwerer als Alice –, und ihr pink und orangefarbener Kaftan erinnerte Alice an die Sachen, die ihre Mutter Ende der Sechziger getragen hatte, als sie ihrer damals sehr kleinen Tochter äußerst cool vorgekommen war. Pams schulterlange braune Haare hatten einen hellroten Schimmer, der kürzlich in Mode gekommen war, und ihr pinkfarbener Lippenstift passte zu der Farbe auf dem Kaftan. Zum Schluss fielen Alice die Schuhe der Frau auf: Ihre Füße quollen aus den gleichen roten, mit Strasssteinen besetzten Leder-Flipflops, die an Sylvies schlanken Füßen so hinreißend ausgesehen hatten.
    Pam holte ein großes Schlüsselbund aus der Tasche und schloss die lange Metallbox an der Mauer auf, in der sich der Kettenzug für das Gitter vor der Ladenfront befand. Nachdem sie ein paarmal kräftig daran gezogen hatte, öffnete sich das Gitter. Drinnen fuhr Pam mit der Hand über eine Reihe von Schaltern, und alle Lampen im Laden gingen gleichzeitig an, sodass der Raum aufgeschlagen wie ein Pop-up-Buch vor ihnen lag. Die Wände waren in einem blassen Pink gestrichen, und die Stuckdecke war cremefarben. Zwei Deckenventilatoren drehten sich langsam. An den Wänden hingen angestrahlte Fotos von Alt-Brooklyn mit seinen Weiden, Farmen und Hütten und von Neu-Brooklyn mit seinen prachtvollen Villen und Gärten. Ein mit Orientteppichen ausgelegter Gang trennte zwei Reihen mit je vier Schreibtischen, alle sehr ordentlich und aufgeräumt, abgesehen von dem einen am hinteren Ende der rechten Seite, auf dem jede Menge Schnickschnack stand. Dahinter hingen drei gerahmte gestickte Sprüche, die Alice aus der Entfernung nicht lesen konnte.
    Pam setzte sich an den ersten Schreibtisch auf der rechten Seite, von dem aus man den besten Blick auf die Straße hatte. Alice nahm auf einem Stuhl neben dem Schreibtisch Platz. Pam faltete ihre molligen Hände auf einem weißen Aktenordner und blickte Alice an.
    »Bevor wir anfangen, möchte ich Ihnen sagen, wie Leid es mir wegen Ihrer Freundin tut. Sylvie hat mir davon erzählt, und ich habe es auch in der Zeitung gelesen. Sie sind wahrscheinlich am Boden zerstört, und das in Ihrem Zustand. Ich fühle wirklich mit Ihnen.«
    »Danke«, erwiderte Alice. »Das ist nett von Ihnen. Meine Mom meinte, ich solle mich aufraffen, deshalb hat sie diesen Termin gemacht, aber…«
    »Wir können gerne einen neuen Termin machen«, unterbrach Pam sie. »Es braucht nicht heute zu sein.«
    »Doch, es muss sofort sein. Meine Mutter hat Recht. Unser neuer Vermieter hat uns schon die Kündigung geschickt. Er will uns auf jeden Fall heraushaben.«
    Pam fuhr ihren Computer hoch und begann, den weißen Aktenordner durchzublättern. »Ihre Mutter sagte, Sie suchen nach einem Haus, mit mindestens zwei Schlafzimmern, aber wir wären blöd, wenn wir nicht von vorneherein nach einem mit drei Schlafzimmern suchen würden. Das doppelte Einkommen wirkt sich auf die Hypothek aus, und sie meinte, Sie könnten sich im Achthunderttausend-Dollar-Bereich umschauen, aber ich denke, Sie sollten höher anfangen. Das müssen Sie in diesem Markt einfach, aber machen Sie sich keine Sorgen, wir rechnen alles aus, und dann sehen Sie schon, was ich meine.«
    Während Pam redete, markierte sie Seiten des Aktenordners mit pinkfarbenen Post-it-Zetteln. Sie trug vier Ringe an jeder Hand, unter anderem auch einen Ehering, der unter einer roten Plastikkugel beinahe verschwand.
    »Sollen wir auch nach Mietobjekten schauen? Dann hätten Sie mehr Zeit, um nach dem perfekten Haus zu suchen.«
    Das perfekte Haus. Gab es so etwas überhaupt? Alice sah sich selbst, umgeben von Stapeln von Umzugskisten, die Lungen voller Staub, mit schmerzenden Muskeln von dem ständigen Hin und Herräumen. Zwei fordernde Kinder und bald zwei schreiende Babys. »Ich bin doch keine Zigeunerin«, hatte Lauren erst vor drei Wochen im Autumn Café zu Alice gesagt und die eine Hälfte von Alices Bagel entgegengenommen. Sie sah förmlich vor sich, wie Lauren hineinbiss, und spürte den kühlen, sahnigen Geschmack des Cream Cheese auf der

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