7 Werwolfstories
gleichzeitig.
»Sie hätten ihn aussprechen lassen sollen, Genosse Professor.«
»Dann hätte er sich womöglich in einen Wolf verwandelt und wäre über uns hergefallen.«
»Jetzt haben wir alle sieben.«
»Es gibt also doch Werwölfe …«
»Ja, aber nicht mehr auf der Erde. Sie sind Lichtjahre von uns entfernt, und bevor sie uns wieder gefährlich werden können, holen wir zum Vernichtungsschlag gegen sie aus.«
Sergej bäumte sich auf, aber er hatte nicht mehr die Kraft, seine Warnung auszusprechen. Warum nur hatten sie ihn nicht angehört! Er war der einzige, so glaubte er, der von der bevorstehenden Invasion der Lykanthropen wußte. Warum nur hatte ihn Professor Guillard sofort erschießen lassen?
Ein verwaschener heller Fleck erschien vor ihm.
»Können Sie mich hören?« fragte Professor Guillard mit leiser, beschwörender Stimme. »Wenn Sie mich hören können, dann nicken Sie … Es tut mir leid, daß ich Sie erschießen lassen mußte, aber es ging nicht anders. Sie hätten sonst unsere ganze Aktion gefährdet. Beantworten Sie mir eine Frage: Haben Sie viele Menschen gebissen? Wenn ja, dann nicken Sie.«
Sergej nickte.
»Das ist gut«, hörte er wieder Professor Guillards Stimme. »Sie werden alle zu Lykanthropen!«
Sergej verstand überhaupt nichts mehr. Er spürte, daß der Tod ihn gleich ins Jenseits hinüberziehen würde. Hörte er deshalb so wirres Zeug aus dem Mund eines Menschen? Handelte es sich nur um einen letzten Alptraum, bevor der Lebensfunke vollkommen erlosch?
Professor Guillard beugte sich ganz nahe zum Ohr des Sterbenden und flüsterte: »Wenn Sie jetzt sterben, dann können Sie es in der Gewißheit tun, unserem gemeinsamen Volk damit einen Dienst erwiesen zu haben. Wir Lykanthropen werden die Erde zurückerobern.«
Guillards Worte bewahrheiteten sich ein Jahr später.
Marion Zimmer Bradley Das Geschöpf der Wildnis
Diese Geschichte erzählt man sich auf den einsamen Bauernhöfen am Fuße der Catskill-Berge, wo ich aufwuchs. Man irrt sich, wenn man annimmt, das Land dort sei besiedelt und zivilisiert, nur weil die Städte durch breite Autostraßen miteinander verbunden sind und die Fabriken saubere Arbeit anbieten, die besser bezahlt wird als die Mühe, dem kargen Boden einen Ertrag abzuringen. Denn zwischen den einzelnen Bauernhöfen erstreckt sich das Waldland, und dort gibt es Rotwild, Hasen und sogar Wölfe – und die großen Luchse, die in harten Wintern aus dem südlichen Kanada herunterwandern. Und ab und zu bringt eines der Bauernmädchen, das sich bei Nacht in den dichten Wald wagt, ein Kind wie Helma Lassiter auf die Welt…
Roger Lassiter hob abrupt die Hände von den Klaviertasten und blickte zu seiner schluchzenden jungen Frau hinüber.
»Helma, Liebes!« sagte er reuevoll. »Wenn ich gewußt hätte … Ich habe dich nicht hereinkommen gehört. Verzeihst du mir?«
»Natürlich!« Helma wischte sich die Tränen weg, und für einen Augenblick wurde ihr nasses Gesicht von ihrem seltsamen, zögernden Lächeln erhellt. »Wenn ich geahnt hätte, daß du spielen willst, wäre ich nicht so früh zurückgekommen.« Sie ging durchs Zimmer, und Roger streckte seine Arme nach ihr aus, um sie aufzuhalten und an sich zu ziehen. »War es nett bei Neil Connor?«
Sie schlug die Augen nieder. »Ich war nicht bei Neil, Roger. Es war zu schön im Wald. Und – heute nacht ist Vollmond …«
Er legte einen Arm um ihre Taille. »Du bist das wildeste Geschöpf der Natur, das mir je begegnet ist«, murmelte er halb aufgebracht, halb nachsichtig und drehte sich auf dem Klavierschemel herum, so daß er den dichten, tiefen Wald – Eichen, Ahornbäume und Birken – sehen konnte, der ihr Haus umgab; dann wandte er sich um und ließ seinen Blick
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