7 Werwolfstories
gewöhnt. Es war für sie nahezu eine physische Unmöglichkeit, sich bei Tag oder Nacht vom Wald fernzuhalten, wenn er praktisch zum Greifen nahe war. Manchmal fragte Roger sich, ob es klug gewesen war, sie so weit von der Stadt und von der Zivilisation wegzubringen; sie würde vielleicht unglücklich, aber weniger wild gewesen sein.
Er murmelte: »Wenn wir ein Kind hätten …«
Er hatte es fast unhörbar gesagt, doch ihr Körper versteifte sich in der Umschlingung seines Arms, und sie drängte von ihm weg. »Roger«, sagte sie leise, »du weißt, ich kann nicht…«
Er sagte behutsam: »Wir haben das Thema selten berührt, weil es dich immer so unglücklich macht. Aber ich glaube, jetzt müssen wir darüber sprechen. Woher weißt du so genau, daß du kein Kind haben kannst? Vielleicht sollten wir Doktor Clemons aufsuchen, wenn wir am Samstag in der Stadt sind. Vielleicht…«
Helma riß sich zornig von ihm los, mit angespannten Muskeln und zurückgeworfenem Kopf. Selbst das kurze, glatte blonde Haar schien elektrisiert und lebendig zu sein, und ihre Augen funkelten grün. Die kleinen breiten Hände spreizten sich zu Klauen. »Ich will nicht!« fauchte sie ihn an. »Ich will nicht von irgendeinem Arzt betastet und angestarrt werden …«
»Helma!« Rogers scharfe Stimme kupierte den hysterischen Anfall; sie beruhigte sich etwas, fuhr aber mit gedämpftem Zorn fort: »Ich habe dir nie viel über mich selbst erzählt, nicht wahr? Ich bin mir dessen bewußt. Ich kann dein Kind nicht haben, und so ein Kind, wie ich es haben könnte, würdest du nicht wollen. Ich …« Sie sank auf einer Ecke des Sofas zusammen und vergrub mutlos ihren Kopf in den Armen. Nach langer Zeit hob sie ihr Gesicht. »Würde es dich so glücklich machen, wenn ich ein Baby bekäme, Roger?« fragte sie mit bebender Stimme.
Der Mann konnte es nicht ertragen. Er stand auf, ging zu ihr hin, setzte sich neben sie aufs Sofa und zog den blonden Kopf an seine Schulter. »Nicht, wenn du es nicht willst, Helma«, sagte er sanft. »Vielleicht hast du recht, vielleicht …«
Ihre großen Augen funkelten im Dämmerlicht. »Du denkst, ich bin wild, du denkst, ich bin eine Verrückte, die durch ein Baby, um das sie sich kümmern muß, normal werden könnte. Du willst, daß ich so bin wie die Frauen deiner Freunde, wie Neil Connor, nachts in meinem Bett schlafe und nie weiter weggehe als bis zum Hühnerstall!« sagte sie anklagend. Sie stieß ihn von sich, stand auf und ging rückwärts zur Tür, und aus ihrer Kehle drang ein drohender Laut.
Vor dem grünen Feuer in ihren Augen senkte er den Blick. »Verdammt, Helma«, stieß er unwillig hervor, »ich wäre dir dankbar, wenn du zumindest versuchen würdest, dich wie ein normaler erwachsener Mensch zu benehmen! Du führst dich manchmal wie ein wildes Tier auf!«
»Das bin ich auch«, sagte sie heiser, wandte sich rasch um und verließ das Zimmer. Durch das Fenster konnte der Mann sehen, wie sie rasch über die Terrasse und den Rasen ging, sah, wie sie sich mit der ihr eigenen Geschmeidigkeit bückte und erst die eine Sandale, dann die andere aufmachte. Sie schlenkerte ihre Füße frei und rannte zum hinteren Gartentor; mit einer einzigen gewandten Bewegung hatte sie sich darüber geschwungen, und Roger sah das Blaßgold ihres Haars und das grün-braune Karo ihres Hauskleids wie ein Schatten sich im Wald verflüchtigen. Sein Hals war wie zugeschnürt, während er sie davongleiten und zwischen den Blättern verschwinden sah.
Sie kam noch vor dem Morgengrauen zurück, schlüpfte leise auf bloßen Füßen ins Zimmer und kroch geräuschlos wie eine Katze ins Bett. Roger, der die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte, spürte ihre Gegenwart und rückte zu ihr hin, aber sie schob ihn weg. Roger zuckte mit den Schultern und seufzte; auch daran war er gewöhnt. Wenn
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