7 Werwolfstories
verdient.«
»Jetzt bist du vollkommen übergeschnappt«, keuchte der Wolf. »Warum tötest du dein Kind? Damit könntest du nicht einmal Robert weh tun, und mir erst recht nicht.«
»Es ist unser Sohn, Robert«, sagte Tanja tonlos, »unser beider Kind. Jetzt weißt du vielleicht, warum ich dich so hasse. Ich habe all die Jahre geschwiegen, weil ich hoffte, daß Arno nicht dieselbe Veranlagung hätte wie sein Vater. Aber es war umsonst. Arno ist ein Ungeheuer wie du!«
Der Wolf war ehrlich erstaunt. »Was sagst du da? Arno ist Roberts Sohn?«
Tanja nickte. Sie hatte Robert damals, als er zu ihr zurückkam, nichts davon erzählt, daß Arno von ihm war, weil sie ihn nicht zu einer Heirat verpflichten wollte. Und nachdem Robert ihr gestanden hatte, daß er ein Lykanthrop war, wollte sie ihm erst recht nicht die Wahrheit sagen. Aber etwas brach in ihr, und sie schwor, die ihr angetane Schmach zu rächen. Im stillen hatte sie immer darauf gehofft, daß Arno nicht das schwarze Blut seines Vaters erben würde. Jede Vollmondnacht hatte sie an seinem Kinderbett gesessen und gewartet, ob sich die Verwandlung einstellte; der Revolver mit den Silberkugeln lag immer bereit, denn sie hätte ihr eigenes Kind lieber getötet, als es in der Gewißheit großzuziehen, daß es ein Ungeheuer war. Bis heute hatte sie gehofft, doch eben war ihr die letzte Illusion geraubt worden. Sie war in Arnos Zimmer gewesen und hatte in stummem Schmerz mit ansehen müssen, wie er sich in Krämpfen wand, und wie sich borstige Haarbüschel auf seinem glatten Kindergesicht bildeten.
Sie schluchzte auf, und automatisch löste sich ein Schuß aus dem Revolver. Der Wolf reagierte zu spät, er spürte, wie die Silberkugel in sein Bein drang. Der Aufschlag selbst bereitete ihm kaum Unbehagen, aber schon im nächsten Moment spürte er, wie die magische Kraft des Silbers das Vernichtungswerk im Bein begann.
Er heulte auf.
Da traf ihn die nächste Kugel, sie durchschlug den linken Vorderlauf und prallte gegen die Wand.
»Glück gehabt, Scheusal«, sagte Tanja kaltblütig und hielt diesmal mit beiden Händen den Revolver. Sie zielte lange, bevor sie abdrückte. Die Kugel schlug in die Schulter des Wolfes und blieb darin stecken. In panischer Angst stieß er die Krallen in die Einschußwunde, doch die Kugel saß zu tief, und er konnte sie nicht erreichen. Er wußte plötzlich mit Gewißheit, daß er sterben würde. Selbst wenn sie ihr Wort hielt und ihn nicht tödlich treffen würde, gegen die zersetzende Kraft des Silbers war sein Körper machtlos, er konnte keine Abwehrstoffe bilden.
Aber der Wolf dachte an das Fortbestehen seiner Art. Wenn er Tanja lange genug hinhalten könnte, dann würde sich im Kinderzimmer die Metamorphose vollziehen, noch bevor Tanja eingreifen konnte. Er mußte an sein Junges denken, es schützen, ihm Zeit geben, damit es sich entfalten konnte. Das schwarze Blut mußte erhalten bleiben! Und er wußte, wie er Tanja reizen konnte. Durch etliche Vollmondnächte hindurch hatte er mittels raffinierter Fragen herausbekommen, wie sehr sie Männer und den Umgang mit ihnen haßte.
Er schleuderte ihr das Wort entgegen, das für sie die abscheulichste Beleidigung war.
Wie vom Blitz gestreift zuckte sie zurück.
»Das ist nicht wahr«, schrie sie. »Außer dir hat mich kein Mann besessen.«
Es bereitete ihm diabolische Freude, daß sie ihn mit Robert identifizierte. Augenblicklich spürte er keine Schmerzen, denn er spielte seinen größten Trumpf aus. »Du bist noch viel schlimmer, du hast Sodomie getrieben. Mit einem Wolf!«
Er sah den Revolver aufblitzen und spürte einen heftigen Schlag gegen die Hüfte. Fast bereute er, daß er sie so gereizt hatte. Doch es war ihm ein Trost, daß sein Sohn wieder einige Sekunden
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