7 Werwolfstories
Scharfschützen zu ihrem Schutz abziehen? Oder wollen Sie sie allein hierlassen?«
»O nein«, schrie Doris auf, »nicht hier! Ich muß mitkommen! Ich will nicht ganz allein im Haus warten. Vielleicht kommt er zurück, und dann wäre niemand bei mir. Das könnte ich nicht ertragen!«
»Schwer zu sagen, was Jarmoskowski aus einer solchen Situation für Lehren ziehen würde«, sagte Lundgren, »oder, was noch schlimmer ist, was er Doris beibringen könnte, ohne daß sie es merkt. Für uns andere – verzeihen Sie meine brutale Aufrichtigkeit, Doris –, wäre es viel übler, wenn er sie nicht töten würde als umgekehrt. Es ist besser, wenn wir das bißchen Magie, über das wir verfügen, mitnehmen, als daß wir es für Jan hierlassen.«
»Damit wäre die Frage entschieden«, sagte Newcliffe entschlossen. »Gehen wir. Es ist schon nach zwei.«
Er zog seinen dicken Mantel an und stapfte mit dem verschlafenen Stallknecht hinaus, um die Hunde freizulassen. Auch die übrigen zogen sich warm an. Doris und Caroline nahmen Skianzüge. Nacheinander trafen sie wieder im Wohnzimmer ein.
Lundgrens Augen hefteten sich auf eine Vase mit irisähnlichen Blumen, die auf dem Flügel stand. »Nanu, was ist denn das?« fragte er.
»Eisenhut«, wurde er von Caroline informiert. »Wir züchten die Pflanzen im Gewächshaus. Hübsch, nicht? Obwohl der Gärtner sagt, daß sie giftig sind.«
»Chris«, sagte Foote, »es sind doch nicht etwa – Wolfsblumen?«
Der Psychiater schüttelte den Kopf. »Ich bin kein Botaniker und kann die verschiedenen Eisenhutarten nicht voneinander unterscheiden. Aber das ist auch gleichgültig; Lykanthropen sind gegen alle Arten allergisch. Der Blütenstaub, verstehen Sie? Es ist wie beim Heuschnupfen. Der Lykanthrop atmet den Blütenstaub ein, es kommt zu einem anaphylaktischen Schock und …«
»Wie der letzte Dreh des Messers«, murmelte James.
Von draußen hereindringendes Hundegebell kündigte an, daß Newcliffe fertig war. Mit ernsten Mienen ging die Gesellschaft auf die Terrasse hinaus. Aus irgendeinem Grund vermied jeder, auf die Wolfsspuren im Schnee zu treten. Sie machten den Eindruck von zum Tode Verurteilten auf dem Wege zum Richtplatz. Lundgren nahm einen der Blütenzweige mit.
Der Mond war schon im Untergehen, und sein Licht warf den Schatten des Hauses weit ins Gelände. Aber es war immer noch hell genug, und außerdem war das Haus vom Keller bis zur Turmspitze erleuchtet. In der durcheinanderwirbelnden, kläffenden Meute entdeckte Lundgren Brucey und hielt ihm blitzschnell den Blumenzweig vor die Nase. Der Hund schnupperte kurz daran, duckte sich zusammen und knurrte leise.
»Wolfsblumen«, sagte Lundgren. »Die anderen Eisenhutarten machen Hunden nichts aus. Das ist wahrscheinlich die Basis der Legende. Sie sollten Ihren Gärtner entlassen, Caroline. Vielleicht ist er schuld daran, daß dies mitten im Winter geschehen konnte. Normalerweise ist die Lykanthropie eine Herbstkrankheit.«
James sagte:
»Selbst ein Mann, der innig betet,
Ehe er sich legt zur Ruh’,
Kann zum Wolf werden,
wenn die Wolfsblume blüht,
Und der helle Mond schaut zu.«
»Hören Sie auf, Sie flößen mir Grauen ein«, schnappte Foote ärgerlich.
»Also, die Hunde wissen jetzt Bescheid«, sagte Newcliffe. »Gut. Sie hätten es schwer gehabt, die Spur vom hartgefrorenen Schnee aufzunehmen, aber Brucey kann sie anführen. Gehen wir.«
In den Schneeverwehungen waren die Wolfsspuren klar und deutlich zu sehen. Der Schnee hatte eine harte Kruste, von der ein böiger Wind feine pulvrige Schauer winziger Eiskristalle hochwirbelte. Die Spur führte seitlich am Haus vorbei, wie Bennington berichtet hatte, und weiter zum Golfplatz. Die kleine
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