7 Werwolfstories
Bißwunden Bescheid wissen. Anscheinend bekam jemand ein paar Kratzer ab, hielt sie nicht für erwähnenswert, pinselte Jod darauf und vergaß das Ganze – bis es zu spät war.«
Die Linie der Menschen bewegte sich sacht. Köpfe drehten sich verstohlen, Blicke wanderten nach rechts und nach links.
»Paul, das ist doch nur eine Hypothese«, sagte Ehrenberg. »Es besteht kein Grund für die Annahme, daß es wirklich so gewesen ist, nur weil es plausibel klingt.«
»Es gibt einen Grund. Jarmoskowski kann nicht ins Haus gelangen.«
»Das ist nicht bewiesen«, sagte Ehrenberg.
»Ich werde es beweisen. Sobald sich der Anfall ereignet hatte, war Chris logischerweise das erste Opfer. Der Experte und somit der gefährlichste Feind. Ich wünschte, ich hätte schon vor dem Mittagessen daran gedacht. Dann hätte ich beobachten können, wer von Ihnen keinen Appetit hatte. Wie dem auch sei, wenn ich recht habe, dann verhindern Chris’ Schutzmaßnahmen gegen Jarmoskowskis Eindringen auch Ihr Entkommen. Falls Sie sich einbilden, daß Sie jemals diesen Raum verlassen können, sind Sie im Irrtum!«
Er knirschte mit den Zähnen und beherrschte sich wieder. »So«, sagte er. »Damit wäre ich am Ende angekommen. Strecken Sie Ihre Hände aus!«
Fast in der gleichen Sekunde war ein rasender Wolf im Zimmer.
Nur Foote, der die ganze Linie überblickte, konnte wissen, wer es war. Sein mühsam zusammengekratzter Mut, der auf schierer Angst basierte, verließ ihn, und nur entsetztes Mitleid blieb zurück. Er ließ das Gewehr fallen und brach in krankhaftes Schluchzen aus. Das Untier duckte sich zum Sprung an seine Kehle.
Newcliffes Hand zuckte zurück und ergriff den Leuchter. Er sprang vorwärts und ließ ihn gegen die Flanke des Werwolfs sausen. Mit scharfen Splittern barsten Rippen. Der Wolf wurde herumgeschleudert, seine Schenkel schlugen auf dem Fußboden auf. Wieder schlug Newcliffe zu. Das Tier stürzte nieder, aufheulend wie ein Hund, der von einem Auto überfahren wird, und seine Fänge schnappten ins Leere.
Dreimal hob Newcliffe den Leuchter hoch und ließ ihn auf den Kopf krachen. Dann schrie das Tier mit einer fast vertraut klingenden Stimme auf und verendete.
Langsam tasteten sich die Körperzellen in ihre Ausgangspositionen zurück. Selbst das Fell bewegte sich, schob sich zusammen, wurde regelmäßiger – wie Stoff.
Die schleichende Metamorphose wurde nie abgeschlossen; doch das Ding mit den haarigen Schenkeln und dem zerschmetterten Schädel, das zu Newcliffes Füßen lag, war erkennbar.
Einst war es Caroline Newcliffe gewesen.
Tränen rannten an Footes Handflächen entlang, quollen darunter hervor und fielen auf den Teppich. Nach einer Weile ließ er die Hände sinken. Verschwommen sah er in dem gelben Licht eine unbewegliche Gruppe von Wachsfiguren. Benningtons Gesicht war aschgrau vor Übelkeit, aber so unbewegt wie das einer Statue. James hatte sich gegen die Wand gelehnt; er betrachtete den abnormalen Leichnam, als ob er auf eine Bewegung warte. Ehrenberg hatte sich mit geballten Fäusten abgewendet.
Was Newcliffe betraf, so zeigte er überhaupt keine Gefühlsregung. Er blieb stehen, wo er war, den blutverschmierten Kerzenleuchter in der Hand haltend.
Sein Blick war leer.
Dann ging Doris zu Newcliffe und berührte mitfühlend seine Schulter. Dieser körperliche Kontakt schien wie ein geöffnetes Ventil zu wirken. Er fiel sichtbar in sich zusammen, mit gebeugten Schultern; sein ganzer Körper schien zu einer ausgetrockneten Hülle zusammenzuschrumpfen.
Der Leuchter fiel zu Boden, schwankte wild auf dem Sockel hin und her und schlug dann über den Leichnam. Dabei kullerte Footes Zigarettenende hervor, das
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