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7 Werwolfstories

7 Werwolfstories

Titel: 7 Werwolfstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Schelwokat
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zu­rück­zu­zie­hen, wo kein mensch­li­ches Ohr sie mehr hö­ren konn­te. Jar­mos­kow­ski stand schwei­gend im Mond­licht, sei­ne Au­gen lo­der­ten in tie­fem, blu­ti­gem Rot.
    Do­ris sag­te: »Jan – Jan, es tut mir leid, es tut mir so leid! Was kann ich tun?«
    »Schieß!«
    »Ich – kann nicht!«
    »Bit­te, Do­ris.«
    Das Mäd­chen schluchz­te laut. »Jan – nicht! Ich kann nicht. Du weißt, daß ich es nicht kann. Geh, bit­te geh!«
    Jar­mos­kow­ski sag­te: »Dann komm mit mir, Do­ris. Mach das Fens­ter auf und komm mit mir.«
    »Wo­hin?«
    »Ist das so wich­tig? Du hast mir den Tod ver­wei­gert, um den ich bat. Kannst du mir die­se letz­te ver­zwei­fel­te Hoff­nung auf Lie­be ver­wei­gern, kannst du dei­ne ei­ge­ne Lie­be ver­leug­nen, dei­nen in­ner­lichs­ten Wunsch? Das wä­re ab­scheu­lich grau­sam.
    Es ist jetzt zu spät, zu spät für dich, um vor­zu­ge­ben, daß dich vor mir ekelt. Komm mit mir.«
    Er streck­te sei­ne Hän­de aus.
    »Sag Le­be­wohl«, bat er. »Le­be­wohl zu die­sen selbst­ge­rech­ten Men­schen. Ich ge­be dir von mei­nem Blut, und zu­sam­men wol­len wir die Welt durch­strei­fen, wild und un­zähm­bar, die letz­ten un­se­rer Ras­se. Man wird lan­ge an uns den­ken, das ver­spre­che ich dir.«
    »Jan …«
    »Ich bin hier. Komm jetzt.«
    Wie ei­ne Schlaf­wand­le­rin öff­ne­te sie die Fens­ter­flü­gel. Jar­mos­kow­ski reg­te sich nicht, son­dern sah von ihr zum Kru­zi­fix. Sie lös­te den Fa­den und ließ es auf den Bo­den klir­ren.
    »Nach uns soll es kei­ne Dun­kel­heit ge­ben, die mit un­se­rer Dun­kel­heit ver­gli­chen wer­den kann«, sag­te Jar­mos­kow­ski. »Laß sie ru­hen – laß die Welt ru­hen.«
    Er sprang mit so plötz­li­cher raub­tier­haf­ter Kraft ins Zim­mer, daß man die Be­we­gung kaum wahr­neh­men konn­te. Von der Tür her häm­mer­te mit dä­mo­ni­scher Wild­heit ein Schnell­feu­er­ge­wehr. Die Wucht der Sil­ber­ku­geln warf Jar­mos­kow­ski ge­gen das Fens­ter zu­rück. Foo­te senk­te die rau­chen­de Mün­dung und mach­te einen Schritt ins Zim­mer.
    »Zu spät, Jan«, sag­te er stei­nern.
    Do­ris jam­mer­te auf wie ein Kind, das aus ei­nem bö­sen Traum er­wacht. Jar­mos­kow­skis Lip­pen be­weg­ten sich, doch konn­te er nicht mehr spre­chen. Die An­stren­gung ließ blu­ti­gen Schaum vor sei­nen Mund tre­ten. Noch ei­ne Se­kun­de lang stand er auf­recht da und streck­te ei­ne Hand nach dem Mäd­chen aus. Dann ver­krampf­ten sich sei­ne Fin­ger, und er sack­te zu­sam­men.
    Er lä­chel­te und starb.
    »Wes­halb ist er ins Zim­mer ge­kom­men?« flüs­ter­te Foo­te. »Ich hät­te ihn nie ge­trof­fen, wenn er drau­ßen ge­blie­ben wä­re.«
    Er wand­te sich an das schluch­zen­de Mäd­chen. »Do­ris, Sie müs­sen es mir sa­gen, wenn Sie es wis­sen. Mit sei­nen schar­fen Oh­ren hät­te er mei­ne Atem­zü­ge hö­ren müs­sen. Aber er blieb – und er kam her­ein, di­rekt in mei­ne Schuß­li­nie. Warum?«
    Das Mäd­chen ant­wor­te­te nicht. Statt des­sen ging sie mit stei­fen Schrit­ten, als ob sie plötz­lich ei­ne al­te Frau ge­wor­den wä­re, zur Nacht­tisch­lam­pe und knips­te sie an. Un­ter der Lam­pe stand ei­ne gro­tes­ke Fi­gu­ri­ne, in der Foo­te kaum Ca­ro­li­nes Te­le­fon­pup­pe er­ken­nen konn­te. Al­le Rü­schen wa­ren ab­ge­ris­sen, und über die blan­ke Stirn war ein schwe­rer schwar­zer Strich ge­zo­gen, der Jar­mos­kow­skis di­cke Au­gen­brau­en imi­tie­ren soll­te. An ei­nem Hand­ge­lenk wa­ren mit ei­nem Gum­mi­band die Haut­fet­zen be­fes­tigt, die Ne­w­clif­fe aus der Fal­le ge­schabt hat­te. Und um die Pup­pe her­um war auf der Tisch­plat­te mit Lip­pen­stift ein Pen­ta­gramm ge­zeich­net.
    Die wer­den­de He­xe hat­te sich von der wei­ßen der schwar­zen Ma­gie zu­ge­wandt. Do­ris hat­te die un­heil­vol­le Kunst des Pup­pen­zau­bers wie­der­ent­deckt und ih­ren teuf­li­schen Ge­lieb­ten ver­nich­tet.
    Voll Mit­leid wand­te Foo­te sich zu ihr um; und ganz lang­sam, als wür­de sie von den Kräf­ten ei­nes fer­nen Pla­ne­ten be­wegt, schwang die Mün­dung des Ge­wehrs mit. Zu­sam­men war­te­ten der Mann und die Waf­fe auf sie.
    Bei­de wür­den Ge­duld ha­ben müs­sen.

 
Ro­bert Bloch Eine

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