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7 Werwolfstories

7 Werwolfstories

Titel: 7 Werwolfstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Schelwokat
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zwang sich, die Au­gen zu öff­nen. Hel­les Mond­licht, das die Schnee­flo­cken drau­ßen zum Glit­zern brach­te, fiel durch das Fens­ter, ge­gen das sich ei­ne hoch­ge­wach­se­ne mensch­li­che Ge­stalt ab­hob. Sie konn­te zwar das Ge­sicht nicht er­ken­nen, aber über das röt­li­che Fun­keln der Au­gen gab es kei­nen Zwei­fel. Sie lang­te nach ih­rem Ge­wehr und brach­te es un­ge­schickt in Schuß­po­si­ti­on.
    Jar­mos­kow­ski duck­te nicht weg. Er hielt sei­ne Ar­me et­was von sei­nem Kör­per ab, die Hand­flä­chen nach vorn ge­dreht, fast wie ein Bitt­stel­ler, und war­te­te. Un­ent­schlos­sen ließ sie das Ge­wehr sin­ken. Worum woll­te er sie bit­ten?
    Als die Mün­dung nach un­ten sank, sah sie, daß die Ein­stel­lung auf Dau­er­feu­er stand. Sie schob sie sorg­fäl­tig auf Ein­zel­schuß. Sie fürch­te­te den Rück­stoß, den Ne­w­clif­fe er­wähnt hat­te, und fühl­te sich treff­si­che­rer, wenn sie einen Schuß nach dem an­de­ren ab­ge­ben konn­te.
    Jar­mos­kow­ski klopf­te wie­der, und sein Fin­ger mach­te ei­ne Be­we­gung. Sie sag­te sich, daß er be­stimmt schon her­ein­ge­kom­men wä­re, wenn er es ge­konnt hät­te, und nahm sich Zeit, ih­ren Mor­gen­rock über­zu­zie­hen. Dann, den Fin­ger an den Ab­zug ge­legt, ging sie zum Fens­ter. Es war fest ver­schlos­sen, und in der Mit­te hing ein Kru­zi­fix an ei­nem Sei­den­fa­den. Sie be­rühr­te es, dann öff­ne­te sie ei­ne klei­ne Schei­be di­rekt über Jar­mos­kow­skis Kopf.
    »Hal­lo, Do­ris«, sag­te er lei­se. »Hin­ter dem Fens­ter siehst du wie ein Bank­kas­sier aus. Darf ich et­was ein­zah­len, Fräu­lein?«
    »Hal­lo.« Sie fühl­te mehr Un­si­cher­heit als Angst. War es Wirk­lich­keit oder nur die Wie­der­ho­lung ei­nes Alp­traums?
    »Was willst du? Ich soll­te dich er­schie­ßen. Oder kannst du mir einen Grund nen­nen, wes­halb ich es nicht tun soll­te?«
    »Ja, das kann ich. Sonst wür­de ich nicht die­ses Ri­si­ko ein­ge­hen. Das ist aber ein ge­fähr­lich aus­se­hen­des Ding!«
    »Es ist mit zehn Sil­ber­ku­geln ge­la­den.«
    »Ich weiß. Man hat schon vor­hin da­mit auf mich ge­schos­sen. Und ich bie­te dir ein gu­tes Ziel, so daß ei­ne Flucht aus­ge­schlos­sen ist – mei­ne Na­se ist voll Ros­ma­rin.« Er lä­chel­te trau­rig. »Und Lund­gren und Ca­ro­li­ne sind tot, durch mei­ne Schuld. Ich ver­die­ne den Tod; des­halb bin ich hier.«
    »Dein Wunsch wird dir er­füllt wer­den, Jan«, sag­te sie. »Aber ich weiß, daß du noch einen an­de­ren Grund ha­ben mußt. Wohl­an denn, ich neh­me den Kampf mit dir auf. Aber erst ha­be ich ei­ni­ge Fra­gen an dich.«
    »Fra­ge.«
    »Du trägst dei­nen Abend­an­zug. Paul sag­te, er hät­te sich mit dir ver­wan­delt. Wie ist das mög­lich?«
    »Aber ein Wolf hat Klei­dung«, sag­te Jar­mos­kow­ski. »Er ist nicht nackt wie ein Mensch. Und si­cher hat Chris über den Ein­fluß des Pi­nea­rins auf die Zell­ra­dio­ge­ne ge­spro­chen. Die­se klei­nen Kör­per wir­ken auf je­de or­ga­ni­sche Ma­te­rie ein, Wol­le, Baum­wol­le, Lei­nen, ganz egal, was es ist. Wenn ich mich ver­wand­le, ver­wan­delt sich mei­ne Klei­dung auch. Ich kann es nicht gut er­klä­ren; denn es liegt ei­nem im Blut – wie Mu­si­ka­li­tät, Do­ris. Ent­we­der man kann es, oder man kann es nicht. Wenn man es kann, ver­wan­delt man sich.«
    »Jan – gibt es vie­le Men­schen, die so sind wie du? Chris schi­en an­zu­neh­men…«
    Jar­mos­kow­skis Lä­cheln wur­de leicht spöt­tisch. »Geh’ an ei­nem be­lie­bi­gen Tag in einen Bahn­hof – Wa­ter­loo, ei­ne Un­ter­grund­bahn­sta­ti­on, Grand Cen­tral in New York; stell dich auf einen er­höh­ten Platz und be­trach­te die Men­ge in ei­nem Spie­gel. Wir sind in ei­nem mit Sil­ber un­ter­leg­ten Spie­gel nicht sicht­bar. Oder fra­ge in Ame­ri­ka einen von die­sen Stra­ßen­fo­to­gra­fen, die einen ge­gen den ei­ge­nen Wil­len knip­sen und ei­nem dann die Bil­der ver­kau­fen wol­len, wie vie­le sei­ner Schnapp­schüs­se nur den Hin­ter­grund zei­gen.«
    Sei­ne Stim­me ver­dun­kel­te sich und nahm einen fei­er­li­chen Klang an. »Lund­gren hat mit al­lem, was er sag­te, recht ge­habt. Heut­zu­ta­ge ist die Ly­kan­thro­pie nur noch

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